Hamburg. Zweimal holte er den Titel als „bester Sommelier Deutschlands“ – und dieses Mal ist Maximilian Wilm beim Podcast Vier Flaschen zu Gast.

Das ehemalige Sternerestaurant Trüffelschwein in Winterhude hat Inhaber Kirill Kinfelt vor Kurzem geschlossen, nicht nur, aber auch als Folge der Corona-Pandemie. Sein Kinfelts Kitchen & Wine in der HafenCity, unweit der Elbphilharmonie, bleibt – und hat allein deshalb eine große Zukunft vor sich, weil man dort nicht nur gut essen, sondern sich den Wein von einem der besten Sommeliers der Welt empfehlen lassen kann.

Maximilian Wilm war zwei Jahre lang bester Sommelier Deutschlands, wurde bei der Europa- und Afrikameisterschaft Sechster und will 2023 unbedingt zur Sommelier-WM. Bevor das Training dafür losgeht, war er zu Gast in unserer Reihe „Vier Flaschen“, um mit Weinkenner Michael Kutej, Riesling-Liebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard einen Cremant, einen Spitzen-Riesling und zwei Rotweine zu testen.

Und um von seinem Leben im Kinfelts zu erzählen, das 400 Weine auf der Karte hat, die Wilm alle persönlich ausschenkt und – auch das – jedes Mal probiert: „Ich will dem Gast eine Enttäuschung ersparen“, sagt der Mann, bei dem die günstigste Flasche für 24 Euro und die teuerste für 3000 zu haben ist.

„Vier Flaschen“: Cremant gärt neun Monate lang

Enttäuschung vermeiden – das ist auch das Ziel von Michael Kutej, der für jeden unserer Tests die vier Flaschen aussucht. Los geht es diesmal mit einem Cremant, und wir lernen von Wilm, dass der aus einem früh geernteten Wein hergestellt wird, der in seiner Ursprungsform wahrscheinlich ziemlich furchtbar schmecken würde. Nach neun Monaten sogenannter zweiter Gärung in der Flasche – die ist vorgeschrieben – sieht das dann ganz anders aus.

Der Bouvet ‚Assemblage Spécial‘ Cremant de Loire riecht und schmeckt nach Apfel, Apfelblüte und Birne und hat in der Flasche, so Wilm, die „typischen Sektaromen entwickelt: Brioche, Haselnuss, Toastbrotkruste“. Die Flasche kostet 13,90 Euro, wobei man wissen muss, dass rund 1,05 Euro allein als Sektsteuer – eine Abgabe, die noch aus Kaisers Zeiten stammt – an den Staat gehen.

„Österreich hat sie zu Beginn der Pandemie abgeschafft, Deutschland leider nicht“, sagt Michael Kutej, und Wilm weist darauf hin, dass die Steuer auf alle Schaumweine anfällt, bei denen der Korken von einem Drahtgeflecht umhüllt ist. Noch ein wichtiger Tipp: Wer einen trockenen Sekt will, sollte auf keinen Fall einen mit der Bezeichnung „dry“ auf dem Etikett kaufen: „Wenn das draufsteht, wird es wirklich süß.“

Vielschichtiger Riesling aus dem Hause Spiess

Auf Flasche Nummer zwei fällt keine Extrasteuer an, trotzdem ist sie mit fast 33 Euro die teuerste in diesem Test. „Das ist aber fast schon der einzige Nachteil“, sagt Kutej über den Oppenheimer Herrenberg Riesling vom Weingut Spiess aus dem Jahr 2019. Diesen Wein aus Rheinhessen gibt es erst seit ein paar Jahren, „das ist mein Lieblingsriesling aus dem Hause Spiess“, so Wilm.

Er habe alles, was einen guten Riesling ausmache, meint Riesling-Liebhaber Haider, und sei dabei sehr vielschichtig: Aprikosen sind dabei, Pfirsich, Eisenkraut, Salz, „aber nichts sticht heraus oder spielt sich in den Vordergrund“. Wegen seiner geringen Säure sei dieser Riesling auch etwas für die nicht wenigen Menschen, die mit der Rebsorte normalerweise nichts anfangen können.

Den Riesling niemals aus einem zu engen Glas trinken

Und wieder gibt es einen wichtigen Tipp vom Sommelier: „Das Schlimmste, was man einem Riesling antun kann, ist, ihn aus einem zu kleinen, engen Glas zu trinken“, sagt Wilm. Er würde dazu raten, gute Weiß- wie Rotweine zu behandeln, er dekantiere sie in der Regel sogar. Während Haider den Wein aus einem speziellen, extrem großen Rieslingglas trinkt, hält Wilm von verschiedenen Gläsern für verschiedene Rebsorten allerdings nicht besonders viel.

Er benutzt entweder ein Allroundglas (von Hersteller Gabriel) oder ein Bordeaux-Glas (von Spiegelau), „das muss reichen“. Auch sonst macht der Sommelier (bewusst) vieles anders als andere: So gibt es in seinem Restaurant keine (!) Weine von Markus Schneider, dem derzeit wahrscheinlich bekanntesten, deutschen Winzer. Begründung: „Schneider kann man in Hamburg wahrscheinlich in 800 Restaurants bekommen. Bei mir sollen die Gäste Winzer entdecken, von denen sie noch nie etwas gehört haben.“

Deutscher Rotwein: Kräuter und Marzipan

So wie das Weingut Spiess, von dem auch der Rotwein in Flasche Nummer drei stammt, ein Cabernet Sauvignon S aus dem Jahr 2018, den Wilm als „sehr guten Einstieg in die Welt der deutschen Rotweine“ bezeichnet. Während der Sommelier, der vor allem mit der Nase und dann erst mit dem Gaumen arbeitet, vor allem Schokolade und grüne Kräuter riecht, entdeckt Kutej „viel, viel Marzipan und etwas grüne Paprika“.

Einig sind sich die beiden Weinkenner übrigens über ihre beste Flasche des Jahres 2021: Das war ein Spätburgunder ‚Hundsrück‘ aus dem Jahrgang 2016 von Paul Fürst, einem Winzer, der auch schon einmal bei den „Vier Flaschen“ zu Gast war.

Die letzte Flasche enthält einen ­Caballero del Rey Reserva aus dem Jahr 2016, also einen spanischen Rotwein, den man derzeit schon für weniger als zehn Euro bekommen kann: „Das ist viel Wein für das Geld“, sagt Kutej über den Rioja Reserva, der mindestens 24 Monate im Holz und zwölf Monate in der Flasche gewesen sein muss, bevor er verkauft werden darf.

Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch auf dem YouTube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der schon länger bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.