Hamburg. Gerd Rindchen entdeckt die afghanische Küchentradition. Der Genussexperte ist im Maihan zu Gast, was übersetzt Heimat bedeutet.
Wenn in den letzten 20 Jahren von Afghanistan die Rede war, ging es zumeist um politische Verwerfungen und die tragische Situation sehr vieler Menschen im Land. Was dabei leicht aus dem Fokus gerät: Hier siedeln uralte Kulturvölker, die unter anderem auch eine sehr beachtliche kulinarische Tradition aufzuweisen haben. Seit Kurzem gibt es in Hamburg-Eppendorf eine höchsterfreuliche Stätte der Einkehr, in der diese afghanische Küchentradition kunstvoll und köstlich zelebriert wird.
Zwei junge Herren, die einst gemeinsam Wirtschaft studierten, der Afghane Mohammed-Ali Rahmani und der Palästinenser Joél Jabarine, haben dieses Jahr im April das Maihan in seiner jetzigen Form an den Start gebracht. Maihan heißt übersetzt „Heimat“ – und tatsächlich fühlt man sich, wenn man in den gleichermaßen raffiniert wie elegant gewürzten Köstlichkeiten schwelgt, sogleich in orientalische Gefilde versetzt. Dazu trägt auch gastliche Atmosphäre und die sehr warme und gemütliche, aber dennoch moderne Einrichtung des Lokals bei. Für den schönen Gastgarten Ecke Eppendorfer Weg/Falkenried ist es ja leider langsam zu kalt.
Maihan: Stilsichere Gerichte ohne Fleisch
Einen Großteil der Karte nehmen stilsicher und elegant gewürzte vegetarische und vegane Gerichte ein, für die die kundigen Köche Fardin und Abdullah ein gutes Händchen haben. So ist unter den Vorspeisen das Borani Sardak, gebratene Möhren in subtil abgeschmeckter Tomaten-Zwiebel-Sauce mit frischem Fladenbrot und Joghurt-Minz-Dip, ein perfekter Einstieg in den Abend. Da ich davon ausgehe, dass die wenigsten Hamburger mit dem Finessenreichtum der afghanischen Küche vertraut sind, würde ich ohnehin empfehlen, mit mehreren dort einzukehren, ganz viele verschiedene Sachen zu bestellen und alles gemeinsam zu probieren. Ein absolutes Muss sind hier die Teiggerichte: So mein Favorit, die Bolani Katshula, zwei knusprig-dünne Teigfladen mit einer ungemein aromatische Kartoffel-Lauch-Füllung und einem raffinierten, beerig-nussigen Beilagensalat (9,90 Euro). Schon allein dafür lohnt die Einkehr. Ashak, die traditionellen Ravioli mit Lauchfüllung, bekommt der Veganer mit würziger Tomatensauce (13,50 Euro), Nicht-Veganer können sie mit sehr leckerer Hackfleischsoße genießen (13,90 Euro). Letztere ziert auch die Mantu, dampfgegarte Teigtaschen mit Zwiebeln und Hackfleisch gefüllt (14,90 Euro).
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Große Bedeutung in der afghanische Küche haben Reisgerichte, in Sonderheit das Nationalgericht Quabeli: Das ist ein hochwertiger Basmatireis, der in einem Lammfond gekocht wurde und im Maihan die obligatorische Beilage aller Hauptgerichte ist (Vegetarier und Veganer können auf normalen Basmatireis zurückgreifen). Offenkundig handelt es sich dabei um einen eher leichten Fond, denn der Quabelireis ist zwar lecker, schmeckt aber null nach Lamm. Großartig dazu schmecken die gebratenen Auberginen mit aromensatter Tomaten-Zwiebelsauce und Joghurt-Minz-Dip (14,90 Euro) – selbst davon gibt’s auf Wunsch eine vegane Variante. Großartig auch der geschmorte Spinat, perfekt flankiert von Quabeli und gemischtem Gemüse aus geschmorten Auberginen, Tomaten, Paprika und Zucchini (13,90 Euro).
Grillspieße sind besondere Freude im Maihan
Ein echter Quell der Freude im Maihan sind die Grillspieße, wobei besonders das Kebab-Teka hervorzuheben ist: erstklassige Stücke vom neuseeländischem Lammlachs, wunderbar zart und sehr fein mariniert, anschließend auf den Punkt saftig rosa gegrillt, serviert (na logo) mit Quabeli, dem exzellenten beerig-nussigen Salat und tollem hausgemachtem Chutney. Das kann man kaum besser machen – und es ist mit 18,90 Euro auch schon das kostspieligste Gericht auf der Karte. Überhaupt ignorieren die Betreiber beherzt, dass sie sich im eigentlich ja recht hochpreisigen Eppendorf angesiedelt haben, und offerieren den staunenden Anrainern ein ziemlich brillantes Preis-Genuss-Verhältnis.
Das gilt auch für die Getränke: Die große Flasche Sanpellegrino oder Aqua Panna gibt es für 4,90 Euro, ein sehr respektabler Riesling von Bürklin-Wolf aus der Pfalz, einer der besten Rieslingerzeuger der Welt, geht für 7,50 Euro für 0,2 l (Fl. 27 Euro) über den Tresen; wer zum Lamm gerne eine respektable Rioja Crianza genießen möchte (passt hervorragend), ist mit 6,90 Euro für 0,2 Liter dabei (Fl. 24 Euro). Die Eppendorfer Prosecco-Community hat auch schon spitzgekriegt, dass sie die Pulle von ihrem Lieblingsstöffchen hier für schlanke 20 Euro (Glas 4 Euro) schlürfen kann. Mittags gibt es die grandios gewürzten und auf dem Lavasteingrill kundig bereiteten Rinderhackspieße Kebab Kubidah mit Salat und Qabeli schon für 11,90 Euro. Kurzum: Das Maihan bietet erschwingliche afghanische Genusskultur vom Feinsten.