Hamburg. Genussexperte Gerd Rindchen, weiß, dass man für Insel-Feeling in Hamburg weder Zug noch Fähre braucht – und weniger Geld als gedacht.

Die Große Elbstraße hat sich zum kulinarischen Hotspot entwickelt. Eine Perle der Gastronomie reiht sich hier an die nächste. Insbesondere der Freundeskreis Seafood findet auf hohem Niveau ein reiches Betätigungsfeld: Ob hanseatisch-klassisch im Fischereihafen Restaurant, nobel neudeutsch-asiatisch im Am Kai, szenig mit gutem Sushi im Henssler & Henssler, hochrangig-urban mit unvergleichlicher Terrasse im Rive, französisch inspiriert im Marseille, High-End-chinesisch im Yin Seafood: Das dürfte eine in Deutschland einmalige Vielfalt sein, und selbst unverbesserliche Steak-Aficionados werden hier (im MASH) glücklich.

Nach unserem Wochenendeinkauf im Frischeparadies beschlossen wir, ausnahmsweise mal „Klein-Sylt“ zu spielen, im benachbarten Bistro von Hummer Pedersen (Große Elbstraße 152, Tel. 52 29 93 90) einzukehren und uns dort an Hummer und Champagner gütlich zu tun. Hummer Pedersen, im 19. Jahrhundert gegründet, zählt heute noch zu den führenden Seafood-Lieferanten der Spitzengastronomie, ist Nachhaltigkeitspartner der Stadt Hamburg und bietet seine ausgewählten Spezereien auch dem Endverbraucher an.

Hummer Pedersen – ein Bistro direkt über der Seafood-Quelle

Vor 13 Jahren kamen die Inhaber Daniela und Joachim Niehusen auf die charmante Idee, direkt an der Quelle, oberhalb der sprudelnden, klimatisierten Hummerbecken, ihr Seafood-Bistro zu eröffnen. „Recht getan!“, kann man ihnen da nur zurufen – denn hier einzukehren bringt Spaß. Alle Gerichte werden in der offenen Küche frisch zubereitet, empfangen wird man vom echt freundlichen Serviceteam mit kerniger Herzlichkeit à la Schellfischposten – da fühlt man sich als Nordlicht gleich wie zu Hause. Platziert werden Pärchen gern mit fremden Menschen an großen Holztischen, was bisweilen zu interessanten Begegnungen und Gesprächen führt. Die Karte profitiert von exzellenten Grundzutaten und ist im Vergleich zu High-End-Läden recht preiswert.

Ein schicker Einstieg, der für den kleinen Hunger vielleicht schon reicht, ist die imposante Vorspeisen-Etagère für zwei (34,90 Euro): Hier locken feine gegrillte Jakobsmuscheln, die selbst importierten naturbelassenen Garnelen, hausgemachter exzellenter Graved Lachs, Rauchlachs, zarter gebratener Pulpo, Algensalat und ein herzhaftes Lachstatar.

Ganzer Hummer, frisch aus dem Becken – dazu Champagner

Bei einem älteren Ehepaar vom Lande, das bei uns am Tische saß, echauffierte sich die Dame darüber, dass beim ordentlich portionierten gemischten Fischteller mit Bratkartoffeln und Salat (14,90 Euro), bestückt mit saftigem Kabeljau, Lachsfilet und einem amtlichen Stück Thunfischsteak, Letzteres nicht durchgebraten, sondern, wie es sich für wirklich guten Thunfisch gehört, medium rare war – ein Tausch mit dem Gatten, saftiger Thunfisch gegen durchgebratenen Lachs, glättete rasch die Wogen der Erregung.

Genussexperte Gerd Rindchen testet diese Woche Hummer Pedersen an der Großen Elbstraße.
Genussexperte Gerd Rindchen testet diese Woche Hummer Pedersen an der Großen Elbstraße. © Bertold Fabricius

Hochpreisigstes Gericht auf der gut sortierten Karte ist die ganze Nordsee-Seezunge „Müllerin“, die hier nicht die üblichen 59 bis 62, sondern 39 Euro kostet. Wir griffen nicht zum halben kanadischen Hummer mit zerlassener Butter und Baguette (24,50 Euro), sondern ließen uns à la minute einen ganzen Hummer frisch aus dem Becken kochen (100 g 9 Euro, mit Beilagen) – perfekt. Dazu gab’s Champagner, den vorzüglichen Taittinger Brut Réserve, nordisch-großherzig eingeschenkt für unschlagbare 9 Euro pro Glas.

Ein Prosit auf die Zufallstreffen

Auch die Flaschenweinpreise sind fair: Unrettbare Namenstrinker bekommen ihren geliebten Cloudy Bay Sauvignon für 42 Euro die Flasche, Aufgeschlossene wählen Rheingauer Riesling vom Top-Weingut Spreitzer für 29,50 Euro oder ein veritables großes Gewächs vom gleichen Erzeuger für 56 Euro.

„Sie sind zufällig Herr Rindchen?“, fragten die neuen Tischnachbarn – und verblüfften mit der Aussage: „Sie habe ich das letzte Mal mit drei Jahren gesehen!“ Des Rätsels Lösung: Die Frau ging 1962 in die Klasse 2a der Gaußschule in Bremerhaven – und ihre Klassenlehrerin, Frau Rindchen, hatte alle Schüler zu sich ins Reihenhaus eingeladen.

Parbleu, darauf noch ein Glase vom schäumenden Taittinger!