Arnsberg. Die Hängepartie um den Höchstwert bei der Einleitung des chemischen Abfallstoffs Pentadiformal, kurz Tosu, durch die Arnsberger Firma Perstorp hat ein Ende. Dienstag hat sich Perstorp mit der Bezirksregierung vor dem Arnsberger Verwaltungsgericht auf einen Kompromiss geeinigt.
Perstorp darf jetzt bis zu 3,0 Milligramm pro Liter Abwasser in die Ruhr einleiten. „Wir unterschreiten den Wert von 3,0 zwar, aber wir befinden uns in einem Produktionsprozess, wo es auch einmal zu Überschreitungen kommen kann”, zeigte sich Dr. Helmut Anzt, Werksleiter bei Perstorp in Arnsberg, etwas enttäuscht - immerhin war Perstorp mit dem Zielwert 4,0 mg/Liter in die Verhandlung gezogen.
Chemiefreies Wasser
Anders die Bezirksregierung: „Für Regierungspräsident Helmut Diegel ist der Vergleich ein Riesenschritt auf dem Weg, chemische Schadstoffe aus dem Trinkwasser zu verbannen”, so Regierungssprecher Jörg A. Linden. Allerdings beinhaltet der Vergleich auch Zugeständnisse durch die Bezirksregierung.
Nachdem im Zuge des Skandals um die Industriechemikalie PFT hohe Werte des Schadstoffs Tosu in der Ruhr festgestellt worden waren, hatte Regierungspräsident Helmut Diegel die Firma Perstorp im April vergangenen Jahres verpflichtet, nicht mehr als 1,2 mg/Liter Abwasser in die Ruhr einzuleiten. Zuvor hatte der Hochsauerlandkreis als damals zuständige Behörde einen Wert von 42 mg/Liter genehmigt. Wegen der hohen Auflage drohte Perstorp der Produktionsstopp. Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerverbände kritisierten das scharfe Vorgehen der Bezirksregierung. Perstorp wandte sich in einem Eilverfahren an das Verwaltungsgericht. Ergebnis: Der Regierungserlass wurde bis zum Hauptverfahren aufgehoben.
Weitere Senkung der Tosu-Werte erreicht
Seither blieb Perstorp aber nicht untätig, obwohl die Einleitung bis zu 42 mg/Liter rechtens gewesen sei, so Gerichtssprecher Guntmar Neumann. Perstorp installierte eine sogenannte Umkehr-Osmose-Anlage und reduzierte den Tosu-Gehalt damit um 95 Prozent. Dabei unterschreiten im Reinigungsprozess derzeit 80 Prozent des Abwasserstroms (Hauptstrom) sogar den Höchstwert von 1,2 mg/Liter. Allerdings bleiben beim Osmosevorgang bei 20 Prozent des Abwassers (Nebenstrom) höhere Rückstände übrig - dazu schädliche Chloride.
Der Hauptstrom muss unter dem Höchstwert von 1,2 mg/Liter bleiben. Dem Nebenstrom ist faktisch kein Limit gesetzt. Für das Gesamtsystem gilt aber der Höchstwert von 3,0 mg/Liter. Perstorp muss in einer Experimentierphase die Schadstoffe im Nebenstrom reduzieren und die Werte monatlich der Bezirksregierung übermitteln. Die Werte werden im Februar 2010 für einen neuen Erlass zu Rate gezogen.
Dass die Sache äußerste Brisanz mit sich brachte, zeigte die Festsetzung des Streitwerts: Die Kammer verdoppelte diesen von 500 000 auf eine Million Euro. Übrigens: Dass der Ausgang des Verfahrens nicht nur für Perstorp Relevanz hatte, zeigte die durchaus ungewöhnliche Anwesenheit des Regierungspräsidenten Helmut Diegel im Gerichtssaal.