Brüssel. Millionen Menschen in der EU leben ohne Krankenversicherung oder haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung – dazu gehören Roma, Prostituierte, Obdachlose und illegale Einwanderer.
Vor allem ihre Situation hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschärft. Das geht aus einem Bericht der Organisation „Ärzte der Welt“ hervor, der jüngst in Brüssel vorgestellt wurde. Den Angaben zufolge leben zwischen 4 und 8 Millionen Menschen illegal in der EU.
In Deutschland sind es laut Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut zwischen 200.000 und 460.000. Ihr Gesundheitszustand ist oft katastrophal: Rund 45 Prozent der Illegalen würden medizinisch überhaupt nicht behandelt, lautet das Ergebnis einer Umfrage unter mehr als 1000 Menschen ohne Aufenthaltstitel in elf europäischen Ländern. Selbst minderjährige Kinder erhielten keinen Schutz, rund die Hälfte der schwangeren Frauen blieb ohne Betreuung. Für ein Viertel der Befragten kam jede Behandlung zu spät – Krankheiten wie Krebs oder Aids waren bereits stark fortgeschritten.
Arztbesuch muss bezahlt werden
Vor allem Deutschland bekommt im EU-Vergleich schlechte Noten. Während die Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Aufenthaltstitel in Frankreich oder Belgien im Notfall kostenlos ist, müssen diese in Deutschland Arztbesuche bezahlen. Wenn sie das nicht können, muss zwar das Sozialamt einspringen. Doch dann droht den Flüchtlingen die Ausweisung.
„Das eigentliche Problem ist die Meldepflicht der Behörden“, sagt Marion Chenevas von „Ärzte der Welt" in Deutschland. „Die Menschen gehen oft erst zum Arzt, wenn es schon zu spät ist.“ Immerhin: Der Bundesrat hat jüngst die Meldepflicht für Illegale eingeschränkt. Im Notfall können sie sich künftig im Krankenhaus behandeln lassen, ohne dass ihre Namen an die Ausländerbehörden weitergegeben werden. Beim Arztbesuch droht aber weiterhin die Abschiebung.
„Ärzte der Welt“ fordert deshalb ein ausdrückliches Verbot jeglicher Übermittlung personenbezogener Daten. „Gesundheit ist ein Grundrecht, kein Luxusartikel“, sagt die spanische Präsidentin der Organisation, Teresa Gonzalez. „Also müssen wir auch den Verletzlichsten helfen und jedem das Recht auf eine Grundversorgung eingestehen.“