„Brand New Toy“ ist größter Hit der Band um Sänger Dirk Darmstaedter und Schlagzeuger Stefan Rager. Die Sonntagszeitung hat mit beiden gesprochen.
Es begann mit einem Konzert in Hamburg 2019. Da wollten The Jeremy Days (größter Hit „Brand New Toy“) schauen, wie es ist, nach 23 Jahren wieder gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Es fühlte sich damals im Hamburger DOCKS so gut an, dass noch im selben Jahr eine kleine Tour folgte und sogar ein Album mit dem Titel „Beauty In Broken“. Vom 28. September bis 10. Oktober gehen die J‘Days wieder auf Tour – zum ersten Mal seit 1996 mit einer aktuellen Platte im Gepäck. Unsere Sonntagszeitung hat mit Sänger Dirk Darmstaedter und Schlagzeuger Stefan Rager gesprochen.
Was ist das für ein Gefühl endlich mit einem aktuellen Album wie eine richtige Band auf Tour zu gehen?
Stefan Rager: (lacht) Wie eine richtige Band! Es ist für mich alles so abstrakt. Seitdem wir das Album aufgenommen haben, ist viel Wasser die Isar und die Elbe runtergeflossen. Es ist, wie es immer war, wenn wir etwas mit den Jeremy Days gemacht haben. Es ist eine Familien-Angelegenheit. Ich freue mich einfach tierisch auf die Jungs und darauf, zusammen mit ihnen Musik zu machen. Dass wir mit einem neuem Album unterwegs sein werden, habe ich erst während der Proben realisiert. Dirk, wie ging es Dir?
Dirk Darmstaedter: Das mit der richtigen Band stimmt schon. Wir haben so viel Spaß zusammen, aber wir wussten, dass wir eine neue Platte machen müssen, wenn wir wieder auf Tour gehen werden. Richtige Bands machen das. (lacht) Wir spielen natürlich unsere alten Songs, aber es fühlt sich mit einem aktuellen Werk einfach super an. Wir sind eine lebende, atmende Band.
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Vor vier Jahren wäre die Antwort ganz anders ausgefallen, oder?
Darmstaedter: Ganz genau. All meine Gedanken sind so verfärbt worden durch Corona. Die neue Platte liegt schon wieder so lange zurück, wir wurden einfach total ausgebremst. Es ist für uns ein kompletter Neustart.
2022 musste die Tour wegen schlechter Ticketverkäufe abgesagt werden. Warum klappt es jetzt?
Darmstaedter: Das hat natürlich geschmerzt. Viele Leute haben sich für die Top-Acts entschieden und wollten sich nicht Karten für kleine Konzerte im Vorverkauf holen. Wir sind offen und ehrlich mit der damaligen Situation umgegangen und wollten nicht um den heißen Brei reden. Mit Musik kannst du sowieso keinen goldenen Geldregen erwarten. Jetzt ist die Situation anders, aber vorbei ist die Nummer mit Corona für die Kulturbranche noch nicht. Wir hoffen das Beste für die Tour. Schließlich haben die ersten Konzerte mit aktuellem Album immer eine besondere Magie. Erst wenn man die Lieder live mit seinem Publikum zelebriert, ist der kreative Kreis rund. Wir freuen uns über alle, die diese Momente mit uns erleben wollen.
Fährt der Jeremy-Days-Tross also mit einem anderen Bauchgefühl los als 2019?
Rager: Absolut. Es ist eine andere Welt.
Darmstaedter: Es fängt schon damit an, dass die halbe Crew nicht mehr dabei sein wird. Die Meisten arbeiten jetzt in einem „anständigen“ Job. Früher gab es auch Leute, die dir geholfen haben, das ganze Zeug aus dem Bus raus zu tragen. Auch die sind nicht mehr da. Aber natürlich überwiegt die Freude, dass wir eine Tour spielen werden. Es wird schon irgendwie klappen. Aber ich kann nicht so tun, als ob alles super wäre.
Rager: Für mich fühlt es sich ein bisschen so an wie damals, als ich angefangen habe Musik zu machen. Mein Vater wollte, dass ich nach dem Abi einen anständigen Beruf erlerne. Er hat mir sogar verboten, Musik zu machen. Aber ich wollte es einfach. Doch das war absurd, so etwas in meiner Familie zu sagen. Und was wir mit den JDays machen, ist auch etwas absurd. Wir wissen nicht, ob wir nach der Tour mit Geld nach Hause kommen oder drauf zahlen müssen. Aber das ist geil. Es macht damals wie heute einfach Bock, zusammen loszuziehen. Wir haben einst bis zur Trennung andere Prioritäten gesetzt und die leisten wir uns jetzt wieder.
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Angefangen hat alles im Januar 2019 mit dem Konzert im Docks in Hamburg. Dann gab es eine kleine Tour und 2022 zwei umjubelte Konzerte, eines sogar für den legendären WDR-Rockpalast. Wie blicken Sie zurück?
Rager: Wir haben irgendwann gespürt, dass die JDays wieder dauerhaft am Start sein müssen. Wir machen es für uns und die Menschen, die Bock drauf haben. Das Ding muss nicht total durch die Decke gehen, aber wir wollen es wieder regelmäßig genießen. Das Feedback auf der Tour war so grandios, daraus entstand ja auch die Platte ,und das war während Covid die Rettung für die Band. Das alles wollen wir jetzt wieder in unserem Leben haben. Das ist einfach super. Wir wollen es eben nicht mehr missen.
„Beauty In Broken“ stieg bis auf Platz 21 in den Albumcharts. Fühlen Sie sich jetzt anders motiviert als vor Corona?
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Darmstaedter: Ich war damals motiviert und bin es jetzt auch. Plötzlich gibt es neue Spielregeln. Für mich wird Covid erst vorbei sein, wenn wir am ersten Abend der Tour auf der Bühne stehen. Diese ganze Höllenzeit hat mich mental echt mitgenommen. Ich bin ein Kämpfer, aber ich kann nicht umhin, diesen Schmerz zuzulassen. Das Leben stand fast drei Jahre still. Und ich bin noch nicht ganz darüber weg. Ich freue mich sehr auf die Tour, aber ich habe auch etwas Schiss davor. Die Jeremy Days sind für mich eine hoch emotionale Angelegenheit.
Wurde vor der Tour anders geprobt als damals?
Darmstaedter: Wir streiten uns weniger.
Rager: Wir gehen auf jeden Fall entspannter an die Sache ran. Die vergangenen Jahre haben uns verändert. Und der Titel unseres aktuellen Albums hat nichts an Aktualität eingebüßt. Es ist noch lange nicht zu Ende. Ich habe mich so auf die erste Probe vor dem Warmup-Gig in Norderstedt gefreut, und wir wollen das neue Ding einfach genießen. Es ist ein Geschenk.
Sie sprudeln nur so vor Freude, Herr Rager. Herr Darmstaedter, Sie sind noch etwas vorsichtig. Täuscht der Eindruck?
Rager: (lacht) In einer Band sind verschiedene Aufgaben zu bewältigen. Dirk steht vorne, ich sitze hinten und bin der Motor, den man jetzt schon spürt.
Darmstaedter: Ich bin eigentlich ein fröhlicher Typ, aber ich habe auch meine melancholischen, dunklen Seiten. Sonst wären die Songs auch anders. Ich sehe immer auch die schwierige Seite. Aber wenn wir dann im Bus sitzen und von Gig zu Gig fahren – das ist die pure Befreiung. Aber ich kann nicht sagen, dass das da draußen in der Welt gerade spurlos an mir vorbeigeht. Und das soll es auch nicht. Daraus entstehen auch wieder neue Songs. Die Jungs haben mir auf jeden Fall in den vergangenen Jahren viel geholfen.
Bei der Tour 2019 ging es im Sprinter-Bus los, wird es jetzt ein größerer Tourbus?
Darmstaedter: Wir werden mit Fahrrädern unterwegs sein, mussten das Ganze etwas runterschrauben. Spaß beiseite: Der Bus wird ziemlich ähnlich sein. Und ein Freund der Band wird uns den Tourbus inklusive Tanken finanzieren. Ist das geil?
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Letzte Frage: Wird es auch eine nächste JDays-Platte geben?
Rager: Wir machen das jetzt mal Schritt für Schritt. Alles Weitere wird sich ergeben. Aber jeder von uns hat total Bock, die nächste Platte zu machen.
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