Dortmund. Dortmunds Bürgermeister Thomas Westphal hat ein weiteres Gutachten vorgestellt, das der ehemaligen Stadtwerkechefin Fehler vorwirft.

Im Skandal um die Stadtwerke Dortmund belastet ein weiterer Gutachter die ehemalige Vorstandsvorsitzende Heike Heim. Heim habe den Aufsichtsrat nicht umfangreich genug über ihre Vorgehensweise in der Energiekrise informiert, berichtete Dortmunds Bürgermeister Thomas Westphal am Donnerstagabend im Dortmunder Stadtrat über die Ergebnisse des Gutachters Lutz Aderhold. Dieses Fehlverhalten sei letztlich der Grund für ihre Entlassung gewesen.

Die auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Kanzlei Aderhold sei mit der Prüfung der Vorgänge bei der Energietochter DEW21 beauftragt, sagte Westphal. Heike Heim habe „ohne Mitwisser und Mitwirkung der beiden anderen Geschäftsführer“ beschlossen, „sämtliche Risikoleitplanken“ nicht weiter anzuwenden, zitierte Westphal den Gutachter. „Solange der Aufsichtsrat mangels anderer Informationen davon ausgehen konnte, dass die internen Risikoleitplanken eingehalten werden, musste der Aufsichtsrat keinen Verdacht schöpfen.“ Heim habe „im großen Stil (…) Spekulationsgeschäfte im Energiehandel“ vorgenommen. Sie habe die Beschaffungsstrategie verlassen. „Eine Berichterstattung darüber an den Aufsichtsrat hat es nach unseren Recherchen nicht gegeben.“

Bürgermeister Westphal bezeichnet Infos als „Binsenweisheiten“

Westphal reagierte damit auf eine Berichterstattung dieser Zeitung. Wir hatten berichtet, dass die Aufsichtsräte der DEW21 2022 intensiver über die schwierige Situation des Unternehmens in der Energiekrise informiert wurden als bekannt. Zitiert wurden diverse Folien aus den Aufsichtsratsunterlagen. Westphal räumte ein, dass es die Folien gebe. Darauf stünden allerdings nur „Binsenweisheiten“. Eine in den Unterlagen enthaltene Folie mit weitergehenden Informationen zur Beschaffungsstrategie sei zwar vom Management vorbereitet, aber dem Aufsichtsrat nicht zur Kenntnis gegeben worden. Die Folien seien dem Aufsichtsrat auch nicht bereits vor der Sitzung zur Verfügung gestellt worden.

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Diese Zeitung hatte Westphal sowie die Vertreter im DEW21-Aufsichtsrat von Westenergie, der SPD, der CDU, der Grünen und der Linken bereits am Montag angefragt, ob ihnen die besagten Folien zur Verfügung gestellt worden seien, ob sie die Unterlagen gesichtet hätten und was Frau Heim im Aufsichtsrat dazu gesagt habe. Nach Ablauf der gesetzten Frist von 48 Stunden meldete sich das Büro von Thomas Westphal bei dieser Zeitung, der Aufsichtsrat werde über unsere Fragen zum Thema beraten. Am Mittwochabend schickte die DEW21 schließlich ein gemeinsames Statement des Aufsichtsrats: „Die Aufsichtsratssitzungen sind vertraulich. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir Inhalte nicht kommentieren.“ Die neuen Informationen zur Anfrage unserer Zeitung trug Westphal dann aber 24 Stunden später im Rat vor.

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Heike Heim bestreitet die Vorwürfe. Ihre Anwältin teilt mit, Heim habe ihre Tätigkeit jederzeit in Einklang mit Recht und Gesetz ausgeübt und sich rechtlich einwandfrei verhalten. Gegen ihre Entlassung hat Heim inzwischen geklagt. Ob die ehemalige Stadtwerkechefin den Aufsichtsrat ausreichend informiert hat und ob die Nicht-Information ausreichend für eine fristlose Kündigung war, werden am Ende daher Gerichte entscheiden.