Berlin. Foodwatch hat die Inhaltsstoffe von 136 Limonaden, Schorlen und Eistees für Kinder überprüft. Das Ergebnis dürfte Eltern schockieren.
Ob Limos, Fruchtsäfte, Energydrinks, Eistees oder Schorlen: Die meisten Getränke für Kinder und Jugendliche aus Supermärkten enthalten zu viel Zucker. Dies hat eine Untersuchung von 136 Getränken ergeben, die die Verbraucherorganisation Foodwatch in den fünf größten Supermärkten (Edeka, Rewe, Aldi, Lidl und Kaufland) eingekauft und untersucht hat. 86 Prozent (117) dieser Getränke enthielten mehr als fünf Gramm Zucker je 100 Milliliter. In mehr als jedem zweiten Kindergetränk (57 Prozent) stecken sogar mehr als acht Gramm je 100 Milliliter – sie sind damit stark überzuckert.
Im Durchschnitt beinhalten die Getränke 7,8 Gramm Zucker auf 100 Milliliter. Pro Glas (250 Millimeter) konsumieren somit Verbraucherinnen und Verbraucher im Durchschnitt rund 6,5 Stück Würfelzucker oder 19,5 Gramm, so die Studie. Lediglich drei der getesteten Getränke enthielten weder Zucker noch Süßstoffe – allesamt Mineralwasser. Zur Orientierung: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt je nach Alter eine Tagesdosis von 25 bis maximal 50 Gramm Haushaltszucker pro Tag und Kopf – also rund 8 bis 16 Würfelzucker.
Kinder und Zucker: Foodwatch fordert mehr Schutz
„Unsere Marktstudie zeigt: Ausgerechnet Getränke für Kinder und Jugendliche sind maßlos überzuckert. Es ist perfide und verantwortungslos, wie die Getränkeindustrie Kinder mit Zuckerbomben ködert und damit deren Gesundheit aus Spiel setzt”, kritisiert Luise Molling von Foodwatch. „Bei der Prävention ernährungsbedingter Krankheiten versagt die deutsche Ernährungs- und Gesundheitspolitik auf ganzer Linie. Das Motto ist offenbar: Konzernprofit vor Kinderschutz.”
Hintergrund: Dr. Riedl: Warum man Zucker-Austauschstoffe meiden soll
Statt mit umfassenden Werbeschranken oder einer gesetzlichen Altersgrenze für den Verkauf von Energydrinks eine gesunde Kinderernährung zu fördern, setze man vor allem auf freiwillige Maßnahmen der Industrie, sagt Molling. Foodwatch fordert die Ampel-Regierung auf, endlich eine Limo-Steuer nach britischem Vorbild einzuführen. In Großbritannien hätten die Hersteller als Folge den Zuckergehalt in ihren Getränken stark reduziert. Damit sei auch der Zuckerkonsum von Kindern gesunken.
Süßgetränke bilden eine Hauptquelle für den Zuckerkonsum von Minderjährigen, warnt Foodwatch. Mit nur einem 250-Milliliter-Glas eines durchschnittlich gesüßten Getränks nimmt ein Kind bereits knapp 20 Gramm Zucker und somit vier Fünftel der vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte maximal empfohlenen Tagesmenge an Zucker zu sich.
- Milchalternativen: Hafermilch oder Kuhmilch: Was ist wirklich gesünder?
- Ernährung: Gefahr Proteinpudding? Dr. Riedl warnt vor beliebten Sorten
- Vegan und Vegetarisch: Rügenwalder Mühle: So (un-)gesund sind Fleischersatzprodukte
- Gesund essen: Proteinfasten: Dr. Riel nimmt More Nutrition auseinander
Zucker in Getränken: Das empfiehlen Experten
„Der Konsum zuckerhaltiger Getränke im Kindes- und Jugendalter ist ein wesentlicher Risikofaktor für Übergewicht, Diabetes und Herzerkrankungen“, warnt Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung Stoffwechsel und Ernährung an der Kinderklinik der Universität München. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehlen, nicht mehr als 10 Prozent der Energie über freie Zucker aufzunehmen. „Wirksame Maßnahmen zur Reduktion des Süßgetränkekonsums sind deshalb dringend notwendig”, empfiehlt der Experte.
Ausgewogene Ernährung: Tipps von Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl
- Essen Sie fünf Hände voll Obst (2x) und Gemüse (3x) am Tag,
- Nutzen Sie Vollkorn-Produkte,
- Essen sie prä- und probiotische Lebensmittel: Joghurt (auch vegan), Kefir, Buttermilch, Kimchi, Sauerkraut etc.,
- Essen Sie Hülsenfrüchte und Nüsse,
- „Eat the rainbow“: Seien Sie flexibel und abwechslungsreich in ihrer gesunden Lebensmittelauswahl.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat zwar bereits einen Gesetzreform zur Reduzierung von Werbung von Produkten für Kinder mit zu hohem Zucker-, Salz- und Fettgehalt auf den Weg gebracht. Die Reform steckt jedoch seit einem Jahr in den Ministerien der Ampelkoalition fest, wo die Meinungen zu dem Thema stark auseinander gehen.
Interessant auch: „Ohne Kinderarbeit“: So glaubwürdig ist dieser Werbespruch
Die Verpackungen der Getränke für Jüngere sind meistens bunt bedruckt, zeigen Comicfiguren oder coole Tiere mit Sonnenbrillen. Benjamin Blümchen, Sponge Bob oder Barbie – fast keine beliebte Kinderfigur fehlt auf den Flaschen. Getränke für ältere Kids werden wiederum mit Sonnenbrillen, bunten Skeletten oder Totenköpfen verziert. Viele kennen die Figuren aus Büchern, Spielen oder Filmen.
Den höchsten entdeckten Zuckergehalt enthielt laut Foodwatch der Energy Drink „Guava Flavour“ der Lidl-Eigenmarke „Kong Strong“ – er enthält 15,6 Gramm Zucker auf 100 Milliliter. Mit nur einer Dose nimmt ein Teenager 78 Gramm Zucker zu sich, das entspricht 26 Zuckerwürfeln und ist mehr als dreimal soviel, wie Kinder und Jugendliche maximal am Tag zu sich nehmen sollte, rechnet die Verbraucherorganisation vor.
Aber auch Fruchtsäfte zählen nicht zu den gesündesten Getränken, so die Untersuchung: Robby Bubble, Hohes C oder Pausendrinks enthalten mehr als 8 Gramm je 100 Milliliter Zucker. Die bei Kindern beliebten Trinkpäckchen sind besonders stark gesüßt und enthalten im Durchschnitt 8,6 Prozent Zucker. Die klassische Coca-Cola enthält 10,6 Gramm je 100 Milliliter, die Variante Coca-Cola Zero Sugar enthält dagegen Null Zucker, dafür aber etwas Süßmittel.
- Diät: „Mit diesen drei Tricks habe ich 45 Kilo abgenommen“
- Abnehmen: „Ich verzichte seit 4,5 Jahren auf Süßigkeiten“
- Fasten: Intervallfasten: Experte rät Frauen zu Zwei-Wege-Plan
- Ernährungsversuche: Vegan vs. Fleisch: Zwillinge experimentieren mit Ernährung
- Eiweiß: Abnehmen mit Proteinfasten: Dr. Riedl nimmt More Nutrition auseinander