Berlin. Es gibt mehr Firmenpleiten. Auch Großunternehmen geben auf. Besonders trostlos: Die Creditreform sieht bis Jahresende keine Trendwende.
Immer mehr deutsche Firmen gehen pleite. Das geht aus einer Studie der Creditreform hervor, die am Montag veröffentlicht wurde. Der Inkassodienstleister schockt mit drei Alarmzeichen:
- Es ist ein Zehnjahreshoch.
- Auch größere Unternehmen sind betroffen.
- Bis Jahresende ist keine Trendwende in Sicht.
Im ersten Halbjahr zählte die Creditreform 11.000 Unternehmensinsolvenzen – ein Anstieg um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (8.470 Fälle). Die Gründe sind die Rezession und die anhaltend hohen Belastungen. „Die Unternehmensstabilität in Deutschland ist derzeit so wacklig wie seit vielen Jahren nicht mehr“, warnt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Pleiten deutscher Unternehmen: Zehn-Jahres-Hoch
Die Unternehmen kämpften im ersten Halbjahr 2024 gegen die Auswirkungen der Rezession in 2023, anhaltende Krisen und die kraftlose konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr. Zusammengenommen breche das vielen Betrieben das Genick: „Die Insolvenzen in Deutschland haben den höchsten Stand seit fast zehn Jahren erreicht.“
Auch bei den Verbrauchern stiegen die Insolvenzzahlen. Mit 35.400 Verbraucherinsolvenzen wurden 6,7 Prozent mehr Fälle registriert als im Vorjahreszeitraum (33.180 Fälle). Für den aktuellen Anstieg dürfte neben Inflation und Zinswende auch weiterhin die Novelle des Verbraucherinsolvenzrechts Ende 2020 verantwortlich sein. Das ermöglicht Privatpersonen eine schnellere Restschuldbefreiung. Das macht das Verfahren für Schuldner interessanter.
Über 130.000 Beschäftigte betroffen
Die Creditreform stellt für das 1. Halbjahr 2024 einen Anstieg der Forderungsausfälle und der betroffenen Arbeitnehmer fest. Verantwortlich hierfür sei die deutlich gestiegene Zahl an Insolvenzen von mittleren und großen Unternehmen. So haben sich die Fallzahlen bei Großunternehmen (mehr als 250 Mitarbeiter) gegenüber dem Vorjahreswert verdoppelt.
Beispiel Galeria Karstadt Kaufhof, Beispiel FTI-Touristik. „Wir sehen, dass nicht die reine Anzahl an Insolvenzfällen entscheidend ist. Die Auswirkungen einer Unternehmenspleite sind deutlich größer als beispielsweise zu Zeiten der Weltfinanzkrise 2009“, so der Creditreform Sprecher.
Lesen Sie auch: Chaos nach FTI-Pleite: Das müssen Reisende jetzt wissen
Im ersten Halbjahr 2024 waren schätzungsweise 133.000 Beschäftigte von der Insolvenz betroffen (Vorjahreszeitraum: 125.000). „Der Fokus des Insolvenzrechts auf Sanierungen und den Erhalt von Unternehmen sowie Arbeitsplätzen zielt vor allem auf größere Firmen ab, was den Anstieg der Fallzahlen in diesem Segment in den letzten Jahren erklären könnte“, erläutert Hantzsch.
Insolvenzen erstmals über Vor-Corona-Niveau?
Die wirtschaftliche Entwicklung dürfte „aller Voraussicht nach schwach ausfallen“. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang Juni die angekündigte Zinswende vollzogen habe, dürften die Unternehmensinsolvenzen noch bis Jahresende zunehmen und wieder das Vor-Corona-Niveau übersteigen. (fmg)
Das könnte Sie auch interessieren: Galeria: Ist Ikea die Rettung? So einfach wird es wohl nicht