Paderborn. Holon, Tochterfirma des Autozulieferers Benteler aus Paderborn, wird „Mover“ für bis zu 15 Personen in Serie bauen. Fahrer überflüssig.

Der Holon-Mover sieht beinahe niedlich aus. Noch ist der in Paderborn entwickelte Kleinbus erst dabei, erwachsen zu werden, aber schon im kommenden Jahr soll er testweise über die Straßen in Hamburg rollen, um schließlich die Mobilität von morgen zu revolutionieren, und zwar in Metropolen ebenso wie in ländlicheren Räumen - völlig autonom, also ohne Fahrerin oder Fahrer. Als Gast einzusteigen, erfordert vielleicht ein bisschen Mut. Ein solches Projekt als Autozulieferer zu starten, ohne mächtige Fahrzeughersteller zu verprellen, ist in jedem Fall mutig. Benteler aus Paderborn hat diesen Mut mit der Gründung der Marke Holon aufgebracht, die den autonom fahrenden Kleinbus bald in Serie produzieren will.

Bequem bis luxuriös zum Ziel

Vor zwei Jahren wurde Holon als Tochterunternehmen von Benteler, einem beinahe 150 Jahre alten Familienunternehmen, gegründet. Das Bus-Modell Mover soll bald zum Massenverkehrsmittel werden. Es ist ein futuristisch anmutender, kleiner, aber luxuriöser Bus, designt von italienischen Büro Pininfarina, das sich vorzugsweise um das Antlitz von Edel-Sportwagen kümmert. Die Fahrgäste sollen es bequem haben, gerne mit dem Holon-Mover unterwegs sein, lautet die Philosophie dahinter.

Die Fahrgäste sollen gerne mit dem Holon-Mover unterwegs sein. Entsprechend ist das Interieur hochwertig. Im vergangenen Jahr präsentierte sich Holon in Hamburg. Im Bild (v.l.n.r.): Hamburgs Hochbahnchef Henrik Falk, Verkehrssenator Anjes Tjarks , Benteler-CEO Ralf Göttel , CEO Bentler und Marco Kollmeier, der den Start von Holon als Chef begleitet hat, mittlerweile aber ausgeschieden ist.
Die Fahrgäste sollen gerne mit dem Holon-Mover unterwegs sein. Entsprechend ist das Interieur hochwertig. Im vergangenen Jahr präsentierte sich Holon in Hamburg. Im Bild (v.l.n.r.): Hamburgs Hochbahnchef Henrik Falk, Verkehrssenator Anjes Tjarks , Benteler-CEO Ralf Göttel , CEO Bentler und Marco Kollmeier, der den Start von Holon als Chef begleitet hat, mittlerweile aber ausgeschieden ist. © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Der Holon-Mover soll bis zu 60 Kilometer pro Stunde schnell sein, ausreichend für Stadtbetrieb. Er wird batterieelektrisch betrieben, die Leistung soll für 290 Kilometer Strecke reichen. Ausreichend für die sogenannte erste oder letzte Meile, also den Weg von der eigenen Haustür bis zum nächsten Knotenpunkt für bereits bestehende öffentliche Verkehrsmittel. Nutzer werden ihn per App rufen können, immer wenn sie ihn brauchen. Auch für einen Linienverkehr sei er geeignet, dort wo sich der Einsatz großer Busse wegen der geringeren Nachfrage nicht lohnen würden, auf dem Land etwa.

Bis zu 15 Fahrgäste sollen es luxuriös haben

„Als autonom fahrendes, emissionsfreies und inklusives Fahrzeug ist der Holon-Mover ein Paradebeispiel dafür, wie wir Mobilität sicherer und nachhaltiger machen“, erklärte Benteler-Chef Ralf Göttel im Sommer vergangenen Jahres. Der nur rund fünf Meter lange Bus soll Platz für 15 Menschen bieten, zehn Sitz- und fünf Stehplätze. Er ist barrierefrei und benötigt keinen Fahrer. Die Plattform des Holon ist speziell für autonomes Fahren konzipiert und wird mit Technik des israelischen Unternehmens Mobileye ausgestattet. Mobileye, der Marktführer für selbstfahrende autonome öffentliche Verkehrsmittel, gehört mittlerweile zum Intel-Konzern. Der Mover wäre nicht der erste autonom fahrende Kleinbus. Und Holon nicht das erste Unternehmen, das vielversprechend beim autonomen Fahren startet - und dessen Ambitionen in der Realität einen Dämpfer erfahren.

Konkurrenz vom großen Volkswagenkonzern

Der Holon-Mover hat mächtige Konkurrenz. Dies lässt sich an einem Prestige-Pilotprojekt in der Metropole Hamburg ablesen. Neben dem Mover aus Paderborn soll auch ein Serienfahrzeug aus dem Volkswagen-Konzern getestet werden: der Mikrobus ID.Buzz AD, von Mobileye mit ähnlicher Technik für autonomes Fahren ausgestattet. Bis zu 10.000 selbstfahrende Kleinbusse könnten in der Hanse-Metropole im Jahr 2030 rollen und einen großen Beitrag zur Verkehrswende leisten, als attraktive Alternative zum Pkw. Das Bundesverkehrsministerium fördert das Hamburger Vorhaben mit 26 Millionen Euro und ist überzeugt vom Mover: „Autonom fahrende Shuttles, wie der Holon-Mover, werden ein essenzieller Bestandteil des Nahverkehrs der Zukunft sein“, erklärte Bundesverkehrsminister Volker Wissing bei der Vorstellung in Hamburg im Sommer vergangenen Jahres. Ein ähnliches Projekt ist mit dem Kooperationspartner Beep in Jacksonville in Florida geplant, wo der Holon-Mover als Verkehrsmittel durch die City rollen soll.

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Gegen ein Scheitern sprechen aus Sicht der Hersteller zwei Faktoren: Das Traditionsunternehmen Benteler mit beinahe 150 Jahren Produktionserfahrung sei im Gegensatz zu Start-ups, die von der Softwareseite kommen, in der Lage, in industriellem Maßstab Fahrzeugbau zu betreiben. Zudem gebe es bereits eine rege Nachfrage nach einer Serienproduktion des Movers – noch bevor der Bus überhaupt einen Meter selbstständig gerollt ist. Dieses Anrollen soll nun bald passieren. Noch in diesem Jahr. „Ende 2024 sollen die ersten Holon-Mover fahren“, erklärt ein Unternehmenssprecher jetzt auf Anfrage der Westfalenpost. 2025 könnten sie demnach auf Hamburgs Straßen im Pilotprojekt erprobt werden. Das Ziel sei es, dass 2026 die erste Serienproduktion des Kleinbusses vom Band läuft - möglichst in Westfalen.

Finanzstarke Beteiligung aus Saudi-Arabien

Um dabei Fahrt aufzunehmen, will ein Finanzpartner aus dem Mittleren Osten an Bord kommen. Tasaru Mobility Investments, ein auf Automotive-Initiativen spezialisiertes Investment-Unternehmen aus Saudi-Arabien, beabsichtigt, sich für einen dreistelligen Millionenbetrag mit 38 Prozent an Holon zu beteiligen. Geld, das zum Aufbau der Werke in den USA, Saudi-Arabien und Europa dienen soll. „Schon aus Nachhaltigkeitsgründen wollen wir die Fahrzeuge nah am Absatzmarkt produzieren. Da wir mit einem Pilotprojekt in der Stadt Hamburg starten, ist Deutschland als einer der ersten Produktionsstandorte in Europa eine naheliegende Option“, erklärt der Unternehmenssprecher weiter. Übersetzt könnte dies heißen: Im Raum Paderborn, wo auch der Stammsitz des Familienunternehmens Benteler liegt, könnte der Holon-Mover also bald produziert werden.