Berlin. Über Heizungen kursieren viele falsche Gerüchte. Julian Schwark spricht Klartext – und sagt, welcher Mythos der gefährlichste ist.
Sind bestimmte Heizungen jetzt eigentlich verboten, und wie ist das mit der Wärmepumpe im Altbau? Als Schornsteinfeger und Energieberater kennt Julian Schwark viele weitverbreitete falsche Vorstellungen über Heizungen. Was wirklich stimmt, und was er für besonders gefährlich hält.
Herr Schwark, Sie erfahren bei der Arbeit täglich, was die Leute über Heizungen wissen und was nicht. Was sind die häufigsten Irrtümer, die Sie hören?
Julian Schwark: Ganz unterschiedliche Sachen. Im Moment hört man sehr oft, Wärmepumpen würden im Altbau nicht funktionieren. Das stimmt nicht. Wärmepumpen können auch Altbauten beheizen, im Zweifel nur weniger ökonomisch sinnvoll. Je höher die Temperatur ist, die das benötigt, umso schlechter der Wirkungsgrad. Technisch funktioniert das. In der Industrie gibt es Wärmepumpen, die über 100 Grad Vorlauftemperatur erreichen, die Frage ist nur, ob sich das rechnet. Das ist aber nicht das Einzige, es ist viel Falsches im Umlauf – auch dass Gasheizung und Ölheizung verboten würden zum Beispiel.
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Schauen wir uns ein paar gängige Vorstellungen mal einzeln an. Darf ich Gasheizungen noch einbauen?
Ja. Um das Gebäudeenergiegesetz wurde ja hart gerungen, das Endergebnis ist jetzt möglichst technologieoffen gestaltet, auch in Richtung Gas und Öl. Ich darf solche Anlagen einbauen und sie auch bis 2045 betreiben. Was sich bei Gasheizungen ändert, ist die Verpflichtung, grüne Brennstoffe dazuzukaufen. Ab 2029 muss man 15 Prozent biogenes Gas über den Gasvertrag einkaufen, und der Anteil steigt sukzessive bis 2045, dann müssen es 100 Prozent sein. Vor dem Einbau muss ich mich beraten lassen von einem Heizungsbauer, Schornsteinfeger oder Energieberater. Der klärt darüber auf, dass ich mit dem Einbau einer Gasheizung diese Verpflichtung für Biogas eingehe, und auch darüber, dass die Preisentwicklung dieses biogenen Gases unklar ist. Bei fossilem Gas muss man die steigenden CO2-Preise einkalkulieren.
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Auch eine häufige Sorge: Sind Wärmepumpen zu laut?
Das hören wir auch oft: Leute haben Angst vor Schall, wenn in der Nachbarschaft jemand eine Wärmepumpe einbaut. Relevant ist die Frage nur bei Luft-Wasser-Wärmepumpen, nur die haben eine Außeneinheit mit Ventilator, der Schall verursachen kann. Ob das störend ist, hängt zu großen Teilen von der Planung im Vorfeld ab. Mit dem richtigen Standort kann ich viele Probleme schon vorher aus dem Weg räumen, etwa indem ich nicht direkt unter einem Schlafzimmerfenster den Kasten aufstelle. Es gibt auch gesetzliche Regelungen, wie laut so eine Außeneinheit sein darf. Die Hersteller konkurrieren inzwischen darum, wer die leisere Wärmepumpe produzieren kann.
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Kann ich mein Haus mit Photovoltaik (PV) und Solarthermie autark machen?
„Ich hab jetzt eine PV-Anlage auf dem Dach, ich bin sicher, wenn ein Blackout kommt“, hören wir auch immer wieder. Es gibt inselfähige PV-Anlagen, die das können. Die meisten aber nicht, und man muss es beim Kauf und in der Planung der Anlage von Anfang an mitdenken, wenn man das will. Die wenigsten Gebäude erreichen einen Autarkie-Grad von 100 Prozent. Aber man kann im Jahresmittel auf sehr hohe Werte kommen. Der Autarkie-Gedanke hat übrigens in der Energiekrise auch dazu geführt, dass viele Leute sich eine dezentrale Holzfeuerstätte, also einen Kamin oder Ähnliches, geholt haben.
Das passt zur nächsten These: „Holz ist ein dreckiger Brennstoff.“ Wie sauber ist Holz in der Heizung?
Holz unterliegt starken gesetzlichen Reglementierungen, wie dreckig es in der Verbrennung sein darf. Holz im Ofen emittiert CO2, nämlich das, was der Baum vorher aufgenommen hat. Und es emittiert Feinstaub. Da gibt es Grenzen, wie viel Feinstaub eine Feuerstätte verursachen darf. Die sind in den letzten Jahren strenger geworden, und bei neu eingebauten Anlagen geht man davon aus, dass sie diese Grenzen auch einhalten. Das lässt sich zum Beispiel mit Filtern machen. Aus der Erfahrung in der Praxis: Wo sich jemand belästigt fühlt durch den Rauch von Holzöfen, liegt es meistens nicht an der Feuerstätte, sondern daran, dass der Betreiber einen Fehler macht. Da wird dann nasses Holz oder Müll darin verbrannt.
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Welcher Heizungsmythos richtet den größten Schaden an?
Einer, der sich seit dem Heizungsgesetz verbreitet hat: „Alle um mich herum wollen mir das Heizen verbieten.“ Der größte Mythos, den wir haben, und es stimmt einfach nicht. Niemand will das Heizen verbieten oder die Leute in den Ruin treiben. Worum die Gesellschaft ringt, ist die Frage, wie man in Zukunft klimaneutral heizt. Das ist das Ziel, das muss erreicht werden. Vor der Gaskrise und nach Corona hatten viele Leute den Wunsch, sich mit erneuerbaren Energien und effizientem Heizen zu beschäftigen. Die Wärmepumpe hatte ein viel besseres Image, jeder wollte eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Der Kampf um das Heizungsgesetz hat da leider eine negative Dynamik ausgelöst. Daraus versucht man jetzt mit viel Fördergeld wieder rauszukommen.