Essen. Der Essener Stromkonzern RWE sprengt mit seinem Nettogewinn von 4,5 Milliarden Euro alle Prognosen. Warum die Aktie trotzdem einbrach.
Der allgemeinen Krisenlagen und der Konjunkturflaute zum Trotz meldet der Essener Energiekonzern RWE einen Allzeit-Rekordgewinn: 2023 hat Deutschlands größter Stromerzeuger nach vorläufigen Zahlen mehr als 4,5 Milliarden Euro Gewinn erzielt - netto. Damit übertraf der Dax-Konzern selbst seine im Laufe des vergangenen Jahres mehrfach angehobene Prognose.
Dennoch brach die Aktie nach Veröffentlichung der Börsenpflichtmitteilung zunächst um rund sechs Prozent ein. Wie das zusammengeht? Die für die Anleger entscheidenden Aussichten haben sich erstmals seit Jahren für RWE eingetrübt: Die aktuell sehr niedrigen Strompreise an den Handelsmärkten führen im laufenden Jahr zu deutlich schlechteren Zahlen.
Beim Gewinn ist RWE bereits grün geworden
RWE zählt aber nach wie vor zu den wenigen Gewinnern in dieser von Konjunkturkrisen und Kriegen geprägten Zeit. Das lag allerdings bereits 2023 nicht mehr am kurzfristigen Comeback der Kohlekraftwerke, die länger laufen dürfen und deren Strom besonders 2022 nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine teuer verkauft werden konnte.
Stattdessen ist RWE zumindest beim Geldverdienen 2023 bereits vorwiegend grün geworden. So resultiert der allergrößte Teil des Gewinns aus den Erneuerbaren Energien, während die besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke im rheinischen Revier und zwangsläufig das im Frühjahr 2023 abgeschaltete, letzte Atomkraftwerk weniger Geld zum Konzerngewinn beisteuerten. Für den Gewinnanstieg um 1,3 Milliarden Euro sorgten allein Ökostrom und Großhandel.
2024 erwartet RWE Gewinneinbruch
Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (Ebitda) stieg um ein Drittel auf knapp 8,4 Milliarden Euro. Das war noch einmal rund eine Milliarde Euro mehr als zuletzt prognostiziert. Ohne das konventionelle Geschäft, das wegen des Kohleausstiegs 2030 als nicht fortzuführendes Geschäft bilanziert wird, lag der operative Gewinn, die wichtigste Kennzahl für die Banken und Kreditgeber, bei 7,7 Milliarden Euro. Dieser wird in diesem Jahr deutlich sinken, RWE geht nun von 5,2 Milliarden aus, bisher hatte man mit 5,2 bis 5,8 Milliarden gerechnet.
„Das sehr gute vorläufige Ergebnis unterstreicht einmal mehr, dass sich unsere Strategie ‚Growing Green‘ auszahlt“, sagte RWE-Finanzchef Michael Müller. Wesentlich dafür seien höhere Erträge aus der internationalen Stromerzeugung und das starke Handelsgeschäft von RWE. „Ein weiterer wesentlicher Treiber für das Ergebniswachstum ist zudem der Kapazitätszuwachs im Bereich Erneuerbare Energien“, so Müller.
RWE will 75 Milliarden Euro in Ökostrom investieren
RWE hatte im November seine Wachstumsstragegie für die Erzeugung von Grünstrom noch einmal deutlich nach oben korrigiert: Bis 2030 wollen die Essener nun insgesamt 75 Milliarden Euro in Wind- und Solarkraftanlagen sowie Speichertechnologien und den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft investieren. Damit hob RWE sein Investitionsvolumen um 50 Prozent an.