Berlin. Europa hat mit extremer Hitze zu kämpfen. Arbeiten wird zu Qual. Welche Regeln gelten bei unseren Nachbarn? Wo gibt es Hitzefrei?
Europa ächzt unter der Hitze. In Italien, Spanien und Frankreich dürfen Arbeiten im Freien bei extremen Temperaturen eingeschränkt werden. In weiter nördlich gelegenen Ländern wie Deutschland ist dies hingegen nicht der Fall. Auch in anderen Bereichen gibt es große Unterschiede: Wie lange arbeiten die Menschen in Europa, was verdienen sie, wann gehen sie in Rente? Ein Überblick.
Italien: Extreme Hitze – ausgefallene Arbeitsstunden zahlt der Staat
Laut Gesetz beträgt die normale Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche. Tarifverträge können allerdings eine kürzere Dauer vorsehen. Die durchschnittliche Arbeitszeit darf in keinem Fall 48 Wochenstunden (einschließlich Überstunden) überschreiten. Das durchschnittliche Gehalt betrug im vergangenen Jahr 2375 Euro brutto pro Monat. Diskutiert wird über die Einführung einer Vier-Tage-Woche, die bereits in einigen Großunternehmen getestet wird.
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Das zu Corona-Zeiten weit verbreitete Homeoffice wird von vielen Firmen beibehalten. Während in der Vorkrisenzeit lediglich drei Prozent der italienischen Firmen das Homeoffice erlaubten, stieg die Rate in der Pandemie-Zeit auf 27 Prozent. Mittlerweile sind es zehn Prozent.
Italien wird seit Wochen von einer Hitzewelle erdrückt. Die staatliche Sozialversicherungsanstalt INPS teilte mit, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter nach Hause schicken können, wenn die Temperatur am Arbeitsplatz auf über 35 Grad steigt. Die ausgefallenen Stunden werden vom Staat bezahlt. Das reguläre Renteneintrittsalter für Männer und Frauen wurde auf 67 Jahre angehoben. Wer 41 Jahre Rentenbeiträge eingezahlt hat, kann unabhängig vom Alter in Ruhestand gehen.
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Spanien: Rückbesinnung auf die Siesta-Pause
In Spanien liegt die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit bei 36 bis 40 Stunden, im öffentlichen Dienst sind es 35 Stunden. Der mittlere monatliche Bruttolohn beläuft sich laut nationalem Statistikamt auf 2158 Euro.
Im Zuge von Pilot-Projekten sammeln bereits mehrere Unternehmen Erfahrungen mit der Vier-Tage-Woche. Die Regierung unterstützt kleine und mittelständische Firmen mit Subventionen, wenn sie die Wochenarbeitszeit auf vier Tage verkürzen. Das Interesse der Wirtschaft scheint aber gering zu sein.
Größeren Anklang findet das Homeoffice. Die Mehrheit der Arbeitgeber sammelte damit während der Pandemie gute Erfahrungen. Laut Umfragen ermöglichen Zwei Drittel aller Betriebe auch heute ihren Mitarbeitern, wenigstens teilweise von Zuhause aus zu arbeiten. Es handelt sich um eine freiwillige Vereinbarung, ein Recht auf Homeoffice gibt es nicht.
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Angesichts der zunehmenden Hitzewellen im Sommer erließ die Regierung gerade eine neue Arbeitsschutzregelung: Danach müssen Firmen die Mitarbeiter, die unter freiem Himmel arbeiten, bei extremer Hitze (ab 37 Grad im Schatten) vor Gesundheitsschäden schützen. Zum Beispiel, indem die Arbeit in die Morgenstunden verlegt oder die Dienstzeit verringert wird. Viele Geschäfte haben in den Sommermonaten zwischen 13 und 16 Uhr geschlossen. Im modernen Arbeitsleben wurde die Siesta-Pause jedoch bereits vor Jahren abgeschafft.
Das gesetzliche Renteneintrittsalter wird in Spanien bereits seit einigen Jahren stufenweise von 65 auf 67 erhöht – für Männer und Frauen. Im Jahr 2023 beträgt das reguläre Eintrittsalter 66 Jahre und vier Monate.
Frankreich: Erhöhung des Renteneintrittsalters
Das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt 3382 Euro brutto. Sofern tarifvertraglich oder durch Kollektivabkommen nicht anders geregelt, gilt in Frankreich für die Arbeitnehmer eine gesetzliche Wochenarbeitszeit von 35 Stunden. Pro Woche dürfen nicht mehr als 48 Stunden gearbeitet werden. Laut Eurostat belief sich 2022 die tatsächliche Wochenarbeitszeit auf 37,4 Stunden.
Die Vier-Tage-Woche wird derzeit in der Verwaltung erprobt. Darüber hinaus testen derzeit rund 10.000 Beschäftigte in Unternehmen die Vier-Tage-Woche.
Homeoffice ist in Frankreich auf Firmenebene geregelt. Nach der Pandemie arbeiten Vollbeschäftigte im Schnitt an 1,4 Tagen pro Woche von Zuhause aus. Die Steuerung von Arbeitszeiten bei extremen Temperaturen obliegt den Firmen. Allerdings gibt es seit 2004 einen nationalen Hitzeplan, der vier Stufen vorsieht. So können die Präfekten das Arbeiten im Freien einschränken, bei Temperaturen ab 40 Grad sogar verbieten.
Gegen den heftigen Widerstand der Bevölkerung hat Präsident Emmanuel Macron die Erhöhung des Renteneintrittsalters durchgesetzt – von 62 auf 64 Jahre. Künftig soll nur derjenige die volle Rente bekommen, der 43 Jahre lang Beiträge gezahlt hat – bislang waren es 42 Jahre. Wer diese Zeitspanne nicht vorweisen kann, erhält erst mit 67 Jahren die vollen Altersbezüge, unabhängig von der Beitragszeit.
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Niederlande: hohe Teilzeitquote, insbesondere bei Frauen
Nach Berechnungen von Eurostat arbeiteten 2022 Männer und Frauen im Durchschnitt 31,1 Stunden pro Woche. Ein Grund für den in Europa vergleichsweise niedrigen Wert könnte die hohe Teilzeitquote – vor allem bei Frauen – sein. Nach Angaben des niederländischen Statistikamts CBS sind rund die Hälfte der niederländischen Arbeitnehmenden in Teilzeit beschäftigt.
Der Median-Bruttoverdienst betrug im vergangenen Jahr 3208 Euro pro Monat. Die Vier-Tage-Woche wird in den Niederlanden ebenfalls diskutiert, doch es gibt aktuell keinen politischen Vorstoß dazu. Durch die hohe Teilzeit-Quote arbeiten viele Menschen im Nachbarland bereits weniger als fünf Tage die Woche.
Mit Blick auf das Homeoffice liegen die Niederlande in Europa an der Spitze: Die Quote beträgt laut Statistikamt 53,2 Prozent. Einen gesetzlichen Anspruch gibt es zwar nicht – dafür aber den Anspruch, ab einer Unternehmensgröße von zehn Mitarbeitenden einen Homeoffice-Antrag zu stellen.
Zum Thema Arbeitszeit bei extremer Hitze gibt es keine Regelungen. Ihre gesetzliche Rente erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aktuell mit 66 Jahren und zehn Monaten, ab 2024 mit 67 Jahren.
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Schweden: Flexible Regelungen bei der Arbeitszeit
Der monatliche Durchschnittslohn in Schweden lag 2022 bei 2993 Euro brutto. Gearbeitet wird in der Regel 40 Stunden pro Woche. Insgesamt haben die meisten Branchen sehr flexible Regeln bei der Arbeitszeit. Das gilt sowohl für die Möglichkeit, von Zuhause zu arbeiten als auch mit Blick auf Gleitzeit im Büro. Auf Elternzeit wird ebenso Rücksicht genommen wie auf Fehlzeiten, wenn ein Kind krank ist.
Das Thema Vier-Tage-Woche schlägt keine großen Wellen. Allerdings haben einige Unternehmen die Vier-Tage-Woche freiwillig eingeführt – zum Beispiel der Taschenhersteller Sandqvist.
Die Regelungen zum Homeoffice sind von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich. In der Finanzbranche etwa dürfen laut Umfrage der Zeitung „Finansliv“ 78 Prozent der Mitarbeitenden „mehrere Tage“ pro Woche von Zuhause aus arbeiten. Arbeitszeitregelungen bei extremer Hitze gibt es in Schweden nicht.
Prinzipiell können die Menschen zwischen 61 und 67 Jahren in Rente gehen. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt bei 65,9 Jahren. Viele Schweden entscheiden sich dennoch dazu, auch im Ruhestand weiterhin zu arbeiten.
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Großbritannien: Pilot-Projekt zur Vier-Tage-Woche überwältigend positiv
Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) arbeiten in Vollzeit Beschäftigte in Großbritannien im Durchschnitt 36,6 Stunden pro Woche. Laut dem Nationalen Statistikbüro beträgt das monatliche Durchschnittseinkommen rund 3200 Euro brutto.
Im vergangenen Jahr gab es ein Pilot-Projekt zur Vier-Tage-Woche: 61 Betriebe führten ein halbes Jahr lang die Vier-Tage-Woche ein. Im Schnitt wurde die Arbeitszeit von 38 Stunden 34 pro Woche reduziert. Das Gehalt blieb in allen Fällen bei 100 Prozent. Die Erfahrung war überwältigend positiv: 56 Firmen haben die verkürzte Arbeitszeit vorläufig weitergeführt, 18 haben permanent darauf umgestellt.
Wer wie lange im Homeoffice arbeiten darf, ist den einzelnen Unternehmen überlassen. Laut neuesten Statistiken arbeiten 16 Prozent aller Angestellten im Homeoffice. 28 Prozent arbeiten „hybrid“ – also teilweise zu Hause, teilweise im Büro. Nur 56 Prozent sind reine Büroarbeiter.
Überlegungen, die Arbeitszeiten wegen extremer Hitze zu reduzieren oder zu verlegen, gibt es nicht. Das reguläre Renteneintrittsalter beträgt derzeit 66 Jahre. Bis 2028 soll es auf 67 Jahre heraufgesetzt werden.
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