Berlin. Früher in Rente gehen und trotzdem weiter arbeiten – eine Berechnung zeigt: Das kann sich durchaus lohnen. Wir erklären, für wen genau.

Die Menschen sollen länger arbeiten – so will es die Politik, weil der Arbeitskräftemangel so gravierend ist. Einen Anreiz für Rentner beispielsweise hat die Bundesregierung zu Jahresbeginn geschaffen. Bis dahin durften Rentner nur begrenzt etwas dazuverdienen. Alle darüber hinaus­gehenden Arbeitseinkünfte haben die Rente geschmälert. Diese Grenze wurde nun abgeschafft.

Damit wird die Frührente für viele Arbeitnehmer zum lukrativen Modell, wenn sie gleichzeitig ganz normal weiter arbeiten gehen. „Das lohnt sich wirklich“, urteilt die Stiftung Warentest. Deren Zeitschrift „Finanztest“ hat das nachgerechnet. Es gibt zwei Varianten der Frührente. Die erste: Langjährig Versicherte dürfen vorzeitig in den Ruhestand gehen. Voraussetzung dafür ist ein Alter von wenigstens 63 Jahren und eine Versicherungszeit von 35 Jahren.

Allerdings hat diese Regelung einen Haken: Die Rentenversicherung zieht für jeden Monat 0,3 Prozent von der Rente ab. Wer also 40 Monate früher aufhört, muss mit einer zwölfprozentigen Kürzung rechnen. Aus 1000 Euro Rentenanspruch werden dann nur noch 880 Euro. Das erscheint auf den ersten Blick wie ein Verlustgeschäft, ist es aber nicht, wenn ohnehin geplant ist, bis zur üblichen Altersgrenze weiterzuarbeiten.

Neben Gehalt auch Rente kassieren – so geht das

Eine genaue Berechnung für alle ist nicht möglich. Denn einige Faktoren sind individuell verschieden, etwa das Arbeitseinkommen und die damit verbundene Steuer- und Abgabenlast. Doch die grundsätzliche Wirkung lässt sich anhand eines Modellfalls beschreiben. Ein Versicherter des Jahrgangs 1960 würde 1517 Euro Rente beziehen, wenn er bis zur Altersgrenze von 66 Jahren und vier Monaten arbeitet.

Oft fühlen sich Rentner noch so fit, dass sie gern weiter arbeiten gehen würden.
Oft fühlen sich Rentner noch so fit, dass sie gern weiter arbeiten gehen würden. © Getty Images | FG Trade

Beantragt er die Rente nach 35 Versicherungsjahren 40 Monate früher, bekommt er nur 1291 Euro. Das liegt an den Abschlägen, die sich auf zwölf Prozent summieren. Da er aber normal weiterarbeitet, erhält er neben seinem Gehalt noch diese Rente als zweites Einkommen. In den 40 Monaten der Frührente kommen auf diese Weise insgesamt 51.640 Euro brutto zusätzlich in die Haushaltskasse. Allerdings muss das Einkommen mit versteuert werden.

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Zugleich erwirbt der Versicherte aber noch weitere Rentenansprüche, denn er arbeitet ja voll weiter und bezahlt von seinem Arbeitseinkommen Beiträge. Die Abschläge kann er dadurch zwar nicht aufholen. Doch es gibt einen lukrativen Weg zu einer besseren Alterssicherung. Die Abschläge lassen sich durch freiwillige Beitragszahlungen ausgleichen.

Frührente und Arbeit: Ab wann lohnt sich das?

Ab einem Alter von 50 Jahren dürfen Versicherte sie leisten, nach und nach oder auch als Einmalzahlung. Das kostet zwar zunächst einmal viel Geld. Wer drei Jahre früher aufhören will und einen Rentenspruch von 1500 Euro hat, muss zum Beispiel 40.459 Euro aufbringen. Wie viel es im Einzelfall ist, hängt von den Rentenansprüchen, wie früh die Rente gezahlt werden soll und auch vom Wert des für die Ansprüche maßgeblichen Entgeltpunktes ab.

Doch das Geld ist nicht verloren. Im Gegenteil. Erstens können die Beitragszahlungen je nach Stückelung von der Steuer abgesetzt werden. Das erspart, je nach Einkommen, bei einer geschickten Stückelung schon einige Tausend Euro. In diesem Jahr erkennen die Finanzämter bis zu 26.528 Euro an Vorsorgeaufwendungen an. Dazu kommen drei Jahre lang vorgezogene Rentenzahlungen als zweites Einkommen zum normalen Job. „Das kann ein gutes Geschäft sein“, urteilt auch ein Experte der Deutschen Rentenversicherung.

Rente beziehen und trotzdem arbeiten gehen? Das kann sich lohnen, sagen Experten.
Rente beziehen und trotzdem arbeiten gehen? Das kann sich lohnen, sagen Experten. © dpa-tmn | Christin Klose

Als Gewinn bleibt ein Leben lang ein deutlich höherer Rentenanspruch. Bei einer Ausgleichszahlung von rund 26.000 Euro für 24 Monate Frührente erhöhte sich der Rentenanspruch in einem Beispiel um 116 Euro. Der Versicherte erhält neben seinem Gehalt zwei Jahre lang 1392 Euro Rente, insgesamt also über 33.000 Euro. Und spart Steuern. So lohnt sich die Kombination von Job und Frührente.

Für diese Gruppe lohnt sich Frührente und weiterarbeiten besonders

Die zweite Variante ist noch lukrativer. Besonders langjährig Versicherte, die schon 45 Beitragsjahre vorweisen können, bekommen dann die bis dahin erarbeitete Rente ohne Abschläge. Ein 1960 geborener Durchschnittsverdiener darf mit 64 Jahren und vier Monaten Ruheständler werden, zwei Jahre bevor er die Regelaltersgrenze erreicht. Dann hat er im Beispielfall einen Rentenanspruch von 1472 Euro.

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Würde er bis zur Regelaltersgrenze arbeiten, kämen noch einmal 45 Euro dazu, weil er ja weiterarbeitet und Beiträge bezahlt. In den zwei Jahren erhält er 35.328 Euro ausgezahlt, zwischenzeitliche Rentenerhöhungen nicht einmal eingerechnet. Allerdings fallen auch Steuern und Sozialabgaben an. Das schmälert den Vorteil etwas, doch praktisch ist die Rente ein Zusatzeinkommen ohne großen Aufwand, sofern man sowieso länger arbeiten will. „Wenn Sie auf 45 Beitragsjahre kommen und das Mindestalter erreicht haben, sollten Sie den Rentenantrag nicht hinausschieben“, rät Finanztest.

In allen Fällen gilt es genau nachzurechnen, welche Variante individuell am besten ist. Die Ergebnisse ihrer Berechnungen hat „Finanztest“ in der Juli-Ausgabe des Magazins veröffentlicht. Ratsam ist auch ein Termin bei den Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung. Denn Modellrechnungen geben stets nur einen Fingerzeig, von dem der Einzelfall erheblich abweichen kann.

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