Wittgenstein. Nicht ausgebildete Kräfte einstellen, um Personalmangel zu beheben? So schätzen Pädagogen in Wittgenstein diesen Vorschlag ein.
Personalmangel gibt es in allen Branchen, so auch im Bereich Erziehung. Der Lösungsansatz von NRW Familienministerin Josefine Paul, man sollte statt ausgebildeter Erzieher eher geringer qualifizierte Kräfte einsetzen, die auch geringer bezahlt werden müssten, stößt bei Kitas in Wittgenstein auf heftige Kritik.
Familienzentrum Raumland: Negative Konsequenzen für Familien
Das Familienzentrum Blauland in Raumland hat zurzeit keinen Personalmangel. Die Politik tue aber alles dafür, dass der Fachkräftemangel zustande kommt, indem die Einrichtungen nicht mehr auskömmlich finanziert werden, bedauert Birte Freudenberg. Wenn man nicht mal mehr eine Ausbildung braucht, um im Beruf des Erziehers zu arbeiten, würde auch niemand mehr eine Ausbildung machen. Ein Teufelskreis. „Es ist bitter, wenn die Lösung sein soll, ausgebildete Erzieher durch Personen ohne Qualifikation zu ersetzen“, so die Erzieherin. Sollte der politische Vorschlag so umgesetzt werden, würde der heute geltende Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag der Kindertageseinrichtungen nicht mehr umgesetzt werden können. Die Prognose der Erzieherin: „Die Qualität würden wir bei Weitem nicht halten können, mit allen negativen Konsequenzen für die Kinder und Familien!“
Josefine Pauls Aussage macht Kitas sprachlos
„Ohne Worte“ lautet eine der vielen Reaktionen aus der Mitarbeiterschaft des AWO-Kreisverbands Siegen-Wittgenstein/Olpe auf die Aussage von NRW-Familienministerin Josefine Paul, dass der Personalmangel gelindert werden könnte, wenn mehr geringer qualifizierte Kräfte als ausgebildete Erzieher eingestellt werden würden. „Die Aussage von Ministerin Paul macht mich sprachlos. Ein absolut falsches Signal aus Richtung der Politik!“, bringt Salvatore Amoroso, ein Mitarbeiter der AWO-Kita Rüsterweg, seine Meinung auf den Punkt. „Wir alle sind täglich mit Herzblut und Motivation dabei“, sind sich die Fachkräfte der AWO-Kitas einig. Sie sind entsetzt, dass bei Bildung immer weniger fachliche Qualifikation zählen soll.
AWO: Personalmangel heißt Fachkräftemangel
Auch Annalena Weber von der AWO Siegen-Wittgenstein hält den Ansatz der Familienministerin für nicht richtig. „Natürlich könnte man unqualifizierte Kräfte einsetzen, dann werden wir unserem Ruf als Bildungseinrichtung nicht gerecht“, erklärt sie. Nur pädagogische Fachkräfte dürften zum Beispiel Elterngespräche führen. Auch in Wittgenstein herrsche in Kitas großer Personalmangel und damit sei überwiegend Fachkräftemangel gemeint. Über Ergänzungskräfte würde man natürlich auch dankbar sein, aber die gäbe es auch nicht. Genug ausgebildete Erzieherinnen seien jedoch vom Land NRW gesetzlich vorgeschrieben.