Wittgenstein. Unverantwortlich oder längst überfällig? Neue Cannabisregelung stößt auf gemischte Reaktionen in Siegen-Wittgenstein.

Mal eben einen Joint rauchen? Der Besitz und Konsum von Cannabis soll ab dem 1. April unter bestimmten Bedingungen erlaubt sein. Am 23. Februar hatte der Deutsche Bundestag das Cannabisgesetz verabschiedet. Eine Entscheidung, die auf unterschiedliche Meinungen stößt - auch in der Region Siegen-Wittgenstein. Von einer Entkriminalisierung ist die Rede - aber auch von Gefahren.

Zusammengefasst soll vom 1. April an laut Gesetz der Besitz und Anbau von Cannabis zum Eigenkonsum in Deutschland innerhalb gewisser Vorgaben für Menschen ab 18 Jahren erlaubt sein. Bis zu 25 Gramm Cannabis dürfen sie besitzen. Und auch in der eigenen Wohnung werden bis zu drei Cannabispflanzen gestattet. Konsumiert werden darf zwar im öffentlichen Raum, jedoch nicht in Gebäuden wie Schulen, Kitas und Sportstätten oder auf Spielplätzen, außerdem nicht in einem Umkreis von 100 Metern um solche Orte herum. Bei Verstößen drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 Euro. Die Abgabe an Kinder und Jugendliche bleibt verboten. Erhältlich sein soll das Cannabis über als Vereine organisierte, nicht-kommerzielle Clubs. Nach spätestens 18 Monaten soll eine erste Bewertung stattfinden. Vor allem der Kinder- und Jugendschutz soll dabei Thema sein.

Eine Politikerin, die für den Gesetzesentwurf stimmte, ist die heimische Bundestagsabgeordnete Luiza Licina-Bode (SPD). Und das habe einen Grund: „Ohne Zweifel hat die bisherige Drogenpolitik nicht funktioniert. Statt den Konsum von Cannabis einzugrenzen, steigt der Konsum, Konsumenten werden kriminalisiert und wir beobachten ein besorgniserregendes Erstarken des Schwarzmarkts“, so die Bad Laaspherin.

Aufklärung ist wichtiges Thema

Dennoch aber dürfe man auch die Gefahren nicht außer Acht lassen. „Obwohl ich die Entkriminalisierung grundsätzlich für einen richtigen Schritt halte, birgt Cannabis ein großes gesundheitliches Risiko – gerade für junge heranwachsende Menschen in der Entwicklungsphase. Deswegen ist es mir besonders wichtig, dass mit dem Cannabisgesetz auch weitreichende Maßnahmen zum Kinder- und Jugendschutz einhergehen“, wird sie in einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung zitiert. „Der Eigenanbau und die Arbeit in den Vereinen müssen so erfolgen, dass Kinder und Jugendliche nicht mit Cannabis in Kontakt kommen.“

Obwohl ich die Entkriminalisierung grundsätzlich für einen richtigen Schritt halte, birgt Cannabis ein großes gesundheitliches Risiko – gerade für junge heranwachsende Menschen in der Entwicklungsphase.
Luiza Licina-Bode - heimische SPD-Bundestagsabgeordnete

Zudem betont Licina-Bode: „Cannabis ist eine schädliche Substanz für alle Konsumierenden. Auch gerade deshalb verbinden wir Entkriminalisierung mit konkreten Aufklärungs- und Hilfsangeboten.“ Entsprechende Aufklärungs- und Präventionskampagnen sollen daher unterstützt werden.

Gesundheitliche Folgeschäden befürchtet

Klar gegen die Legalisierung positioniert sich der Siegen-Wittgensteiner CDU-Bundestagsabgeordnete Volkmar Klein. „Die Ampel handelt mit der Cannabis-Legalisierung vollkommen verantwortungslos und nimmt viele gesundheitliche Folgeschäden billigend in Kauf“, so Klein, der betont: „Mit dieser Einschätzung stehen wir übrigens nicht alleine da!“ Auch führende Verbände der Kinder- und Jugendmediziner, der Kinder- und Jugendpsychiater, die Bundesärztekammer sowie der Berufsverband der Lehrkräfte und Pädagogen sind laut Volkmar Klein der gleichen Auffassung. „Dass man diese Stimmen alle ignoriert hat, ist umso schlimmer. Statt einer Cannabis-Legalisierung fordern wir als CDU/CSU-Fraktion eine langfristig angelegte Präventionskampagne zum Schutz von Kindern und Jugendlichen und verstärkte Forschung auf dem Gebiet Medizinalcannabis“, so Klein.

Die Ampel handelt mit der Cannabis-Legalisierung vollkommen verantwortungslos und nimmt viele gesundheitliche Folgeschäden billigend in Kauf.
Volkmar Klein - CDU-Bundestagsabgeordneter aus Siegen-Wittgenstein

Gegenwind bekommt der neue Gesetzesentwurf auch von der Suchthilfe-Organisation „Blaues Kreuz“, die auch in Siegen-Wittgenstein Ortsgruppen hat. Sie bleibt angesichts des neuen Gesetzes skeptisch und erwarte keine positiven Effekte auf die Bekämpfung des Schwarzmarktes, heißt es in einem Bericht des Evangelischen Pressedienstes (epd). Dort hatte das „Blaue Kreuz“ seine Sorgen geäußert, dass der Cannabis-Konsum in Deutschland steige und der Gesundheitsschutz abnehme. Konsumenten zu entkriminalisieren, sei grundsätzlich richtig. Doch Betroffenen benötigten sozialpädagogische und -therapeutische Begleitung. Entscheidend sei ein gemeinsames Handeln auf europäischer Ebene, heißt es.

Und was sagen unsere Facebook-Leser? „Fleisch aus Kantinen verbieten, aber Kiffen erlauben - ganz mein Humor“, schreibt ein User. Ein anderer wiederum findet: „Das hätte schon deutlich früher passieren müssen. Wir hinken wie mit allem weit hinterher, sehr weit.“ Er hoffe, dass so „der gestreckte Müll von den Straßen kommt“.

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