Bad Laasphe/Siegen. Der Wittgensteiner soll eine 12-Jährige missbraucht haben. Das Kind hatte signalisiert, mit den Handlungen nicht einverstanden zu sein.
Schutzwürdige Interessen auf beiden Seiten führten am Dienstag im Prozess um mehrfachen schweren sexuellen Missbrauch an einem Kind zum weitgehenden Ausschluss der Öffentlichkeit. Angeklagt vor der 2. großen Strafkammer als Jugendkammer des Landgerichts Siegen ist ein 21-Jähriger aus Wittgenstein. Er soll Anfang des Jahres 2022 in zwei Fällen in Bad Laasphe sexuelle Handlungen an einer Zwölfjährigen vollzogen haben. Beide Male hatte das Mädchen signalisiert, dass sie mit diesen Handlungen nicht einverstanden sei. Später gab das Kind der Polizei zu Protokoll, wie der Missbrauch erfolgte und wie schlecht ihr psychischer Zustand im Anschluss gewesen wäre.
Kennengelernt hatten sich der damals 19-jährige Mann und das zwölfjährige Kind über eine Chatgruppe im Internet. Wie eine Sprecherin des Landgerichts sagte, sei es später dann zu einer Verabredung gekommen. Der Angeklagte ließ das Mädchen in sein Auto einsteigen. Dort kam es Ende Februar 2022 zu einem ersten sexuellen Übergriff. Drei Wochen später erfolgte die zweite Tat, nach ähnlichem Muster.
Das Mädchen ließ sich als minderjährige Nebenklägerin am Dienstag von einem Mitarbeiter der Jugendhilfe des Kreises Siegen-Wittgenstein vertreten. Der Laaspher Anwalt Thomas Biek übernimmt die Verteidigung des Tatverdächtigen. Auch dessen Interessen seien schutzwürdig, so die Vorsitzende Richterin Sabine Metz-Horst am Beginn der Hauptverhandlung. Man müsse dessen Alter zur Tatzeit berücksichtigen und auch, dass er zum ersten Mal vor Gericht stehe. Am Mittwoch, 22. November, ist ein Fortsetzungstermin angesetzt. Dort seien weitere Zeugen geladen. Voraussichtlich erfolgten dann auch die Plädoyers und die Urteilsverkündung, so die Gerichtssprecherin.
Cybergrooming in Deutschland verboten
Weil die Kontaktaufnahme des Mannes zu dem Mädchen im virtuellen Raum passierte, ist das anfängliche Geschehen dem sogenannten Cybergrooming zuzuordnen. Darunter versteht man laut Bundeskriminalamt (BKA) „die Anbahnung von sexuellen Kontakten mit Kindern und Jugendlichen im Internet“. Cybergrooming ist in Deutschland verboten. Schon die Absicht, Minderjährige über eine solche Kontaktaufnahme zu sexuellen Handlungen zu bringen, ist strafbar.
Das BKA weist Eltern darauf hin, ihre Kinder dahingehend zu sensibilisieren, dass sie sich in der Cyberwelt niemals von Menschen in private Chats locken lassen, die auf Geheimhaltung drängen oder gar auf das Zusenden von Nachrichten mit sexuellem Inhalt, die ein reales Treffen vorschlagen und ein „Nein“ nicht akzeptieren. Wagen es Kinder und Jugendliche nicht, sich in der Familie zu öffnen, sei zum Beispiel die „Nummer gegen Kummer“, das anonyme Kinder- und Jugendtelefon unter Tel. 116 111, eine hilfreiche Adresse, so das BKA, das neben der Bekämpfung von Sexualdelikten auch auf präventive Maßnahmen setzt. /Claudia Irle-Utsch