Bad Berleburg. „Ich fühlte mich in die Ecke gedrängt!“ Bad Berleburger muss sich wegen Bedrohung und Nötigung vor dem Amtsgericht verantworten.

„Ich müsste wegen dieser Streitigkeiten eigentlich nicht hier sitzen!“, machte Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel am Dienstagmorgen vor dem Bad Berleburger Amtsgericht deutlich, als der Angeklagte - ein 70-jähriger Bad Berleburger - seine Sicht der Dinge schilderte. Bedrohung sowie Nötigung wurde dem Mann vorgeworfen, angeklagt von seiner eigenen Familie. Am Ende wurde das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 600 Euro eingestellt, zu zahlen in monatlichen Raten. Dabei hätte es gar nicht erst so weit kommen müssen, sind sich Richter Torsten Hoffmann, Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel und Verteidiger, Rechtsanwalt Thomas Biek, einig.

Dass ein Familienstreit eskalieren kann, ist nicht neu. Doch nur selten landen die Streitigkeiten vor dem Amtsgericht Bad Berleburg. Konkret ging es am Dienstagmorgen dort um zwei Fälle, die zusammen verhandelt wurden. So soll der 70-Jährige am 21. Januar dieses Jahres seine Schwiegertochter gegen 16.26 Uhr mit einem Klositz in der Hand bedroht haben. „Ich haue ihn dir um die Ohren, wenn ihr uns nicht endlich in Ruhe lasst“, soll er dabei gesagt haben. Zudem wird ihm vorgeworfen, im Dezember und im Januar im Zuge von erblichen Streitigkeiten jeweils gedroht zu haben, den Enkel bei seinem Arbeitgeber als Nazi zu bezeichnen. „Das aber hätte ich niemals getan“, so der 70-Jährige. „Ich habe lediglich damit gedroht, weil ich mich in die Ecke gedrängt fühlte. Ich liebe meinen Enkel. Das würde ich ihm niemals antun und ich schäme mich dafür, dass ich es als Druckmittel verwendet habe“, sagte er. Doch: „Eine Straftat aus Verzweiflung zu begehen, ist nicht sinnvoll“, mahnte die Oberamtsanwältin.

Die Hintergründe

Doch wie konnte es so weit kommen? 1998 hatte der heute 70-Jährige das Haus vom Vater seiner Schwiegertochter gleich nebenan gekauft. Der „Opa“ habe Wohnrecht bekommen, während der Angeklagte und seine Frau gemeinsam mit den „jungen Leuten“ nebenan wohnten. 2009 änderten sich die Besitzverhältnisse. 2020 dann soll es zum Streit gekommen sein - aufgrund einer Nebenkostenabrechnung. Wenig später kam es zum Räumungsprozess vor dem Landgericht Siegen. Da der Opa bereits verstorben war, zogen der Angeklagte und seine Frau ins Nachbargebäude. Seitdem soll es immer wieder zu Streitigkeiten gekommen sein. Gegenseitig beschuldigten sie sich, dem anderen das Leben zu erschweren. „Ständig erzählt er Lügen, schikaniert uns, bedroht meine Frau“, so der Geschädigte.

Eine Straftat aus Verzweiflung zu begehen, ist nicht sinnvoll.
Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel

Der Angeklagte hingegen fühle sich ebenfalls schikaniert. „Ich habe immer alles für meine Kinder getan und werde nun mit Füßen getreten.“ Auch am Dienstagmorgen kochten die Emotionen immer wieder hoch, sodass die Oberamtsanwältin die Anwesenden daran erinnerte, dass im Zuschauerraum Gespräche während der Verhandlung nicht gestattet sind.

Da die Parteien beide weiterhin in einem Haus wohnen, wenn auch mittlerweile mit zwei getrennten Hauseingängen, raten Richter Torsten Hoffmann sowie die Oberamtsanwältin und der Verteidiger, für die Zukunft zivilrechtlich eine Lösung zu finden, „damit wir uns hier nicht noch öfter sehen“, so Richter Hoffmann. Am Ende wurde die Verhandlung gegen eine Geldbuße eingestellt. „Ich empfehle Ihnen dringend, Lösungen zu finden, wie das mit dem Gemeinschaftseigentum geregelt wird“, mahnt die Oberamtsanwältin.