Wittgenstein. „Ein Clown muss nicht immer laut und lustig sein!“: Anne Aßmann sorgt als Annelotta bei vielen Menschen in Wittgenstein für emotionale Momente.

Es sind Sekunden, die unter die Haut gehen. Die in Erinnerung bleiben. Winzige Momente, an die sich Anne Aßmann immer wieder gern erinnert, wenn sie an ihre bislang erlebten Stunden als Clown denkt. Schon des Öfteren war die 38-Jährige als Clown Annelotta in Wittgenstein unterwegs, seit Mai dieses Jahres hat sie sich damit selbstständig gemacht. Die Clownerie – für Anne Aßmann ist das ihr Lebensprojekt. „Ohne sie, wäre ich heute nicht der Mensch, der ich bin und ich wäre nicht in der Lage, so auf Menschen zuzugehen.“ Dabei geht es nicht immer nur um lustige Streiche, Witze oder darum, eine Rolle zu spielen, sondern viel mehr um ein authentisches Auftreten und darum, die Menschen zu berühren, wie „Annelotta“ verrät.

„Annelotta – das bin ich“, sagt die 38-Jährige, die bis vor einem Jahr noch in Bad Laasphe lebte. Heute lebt sie im hessischen Weifenbach Den Weg zur Clownerie fand sie aber bereits vor einigen Jahren. „Damals veränderte sich bei mir im leben einiges – sowohl privat als auch beruflich.“ Damals arbeitete sie noch als Personalleiterin in einem Konzern. „Ich jonglierte zwischen Zahlen und Empathie für die Mitarbeiter – das zerriss mich.“ Eine Veränderung musste her. „Die Figur des Clowns – und ich sage bewusst Clown und nicht Clownin, weil dieses Wort für mich viel mehr bedeutet, als eine reine Geschlechterzuschreibung – hat mich schon immer fasziniert.“ Sie besuchte einen Wochenendkurs und schnell war klar: Das ist es! Ein Jahr später startete sie ihre Ausbildung an der Schule für Clowns, Komik und Comedy in Hofheim am Taunus. Zwei Jahre lang dauerte die Ausbildung, in der sie sogar ein Praktikum absolvierte. Eine spannende, aber auch sehr anstrengende Zeit, wie Aßmann berichtet. „Es war eine Reise zu mir selbst.“ Eine Reise, auf der es auch um Grenzerfahrungen ging. „Es ist wichtig, die eigenen Grenzen und die vom Gegenüber zu erkennen.“

Die Ausbildung

In der Ausbildung ging es neben dem handwerklichen Können wie beispielsweise dem Schauspiel, oder der Pantomime auch viel um Körperarbeit. Dazu gehören unter anderem die Atmung, Bewegung, oder auch die Präsenz. „Es ging um verschiedene Spieltechniken der Komik und schließlich darum, das Wesen der eigenen Clownsfigur spielerisch zu erfahren und zu entdecken“, so Aßmann. Denn: „Jeder Clown ist besonders.“ Es ging in der Ausbildung also auch viel um Psychologie. „​Der Zugang zum ur-eigenen, authentischen Ausdruck seines inneren Clowns setzt die innere Arbeit an den eigenen Themen voraus. Die Figur entwickelt sich.“

„Annelotta – das bin ich“, sagt Anne Aßmann, die auf ihrem Weg zur Clownerie viel über sich selbst gelernt hat.
„Annelotta – das bin ich“, sagt Anne Aßmann, die auf ihrem Weg zur Clownerie viel über sich selbst gelernt hat. © WP | Privat

Und wie ist Annelotta? „Die ist offen und neugierig, verrückt und sehr wortgewandt, anpassungsfähig auf der einen Seite, während sie andererseits auch mal Tabus bricht. Aber vor allem ist sie feinfühlig.“ Und das ist wichtig – ist Annelotta in vielen Bereichen unterwegs. Vom Kindergeburtstag übers Stadtfest bis hin zur Sterbebegleitung reicht ihr Angebot. Auch ist sie viel in Kliniken und Altenheimen unterwegs und sorgt dort für kleine Lichtblicke bei den Bewohnern und Patienten.

Lesen Sie auch:Clown-Besuch bringt Senioren zum Lachen

Schon früh war der 38-Jährigen klar, dass sie in diesem Bereich unterwegs sein möchte. Dabei geht es ihr aber nicht darum, die Menschen um jeden Preis zum Lachen zu bringen, sondern viel mehr darum, sie zu berühren. „Ein Clown muss nicht immer laut sein, nicht immer lustig. Es kommt immer darauf an zu schauen, was die Menschen in der jeweiligen Situation gerade brauchen.“ Und das kann alles sein – auch Stille. „In seiner ursprünglichsten Art verkörpert der Clown für mich die Kraft des Herzens. Er will berühren – dafür gibt es verschiedene Wege der Kommunikation.“

Viele emotionale Momente

Dabei erinnert sich Aßmann unter anderem an eine ältere Frau, die im Bett lag und sich nicht mehr bewegen konnte. „Sie hielt mich mit ihren Augen fest.“ Oder eine weitere ältere Dame, die bereits dement war. „Ich wusste nicht, was sie dachte. Aber als ich meine Seifenblasen machte, griff sie plötzlich danach.“ Es sind eben diese kleinen Augenblicke, an die sich Aßmann, besser gesagt Annelotta, immer wieder gerne zurückerinnert. Momente, die den Beruf für sie so wertvoll machen. „Es gibt viele solcher Momente, für die ich dankbar bin.“

Lesen Sie auch: Lustige Fenster-Show für Senioren

Momente, die mal lustig, mal ernst, mal fröhlich, mal traurig sein können. Denn auch Trauer- und Sterbebegleitung gehört zum Portfolio von Annelotta. „Humor ist eine Ressource, die in jedem Menschen angelegt ist und auch noch sehr oft zum Lebensende zur Verfügung steht. Ein humorvoller Umgang nicht nur mit der eigenen Sterblichkeit, sondern auch im Umgang mit den Sterbenden und den Zurückgebliebenen kann sehr heilsam sein.“ Als ausgebildete und ehrenamtliche Trauer- und Sterbebegleiterin ist sie hierauf gut vorbereitet. Die Weiterbildung hatte sie bei einer Online-Akademie und beim Ambulanten Hospizdienst Wittgenstein beim Diakonisches Werk Wittgenstein gemacht, wo sie auch heute noch ehrenamtlich aktiv ist.

Apropos Ambulanter Hospizdienst – der feiert diesen Samstag, 30. September, ab 16 Uhr seinen 20. Geburtstag im Bürgerhaus am Markt in Bad Berleburg.