Bad Berleburg. Nein, das ist kein Fake – in Bad Berleburg wurden freilebende Sumpfschildkröten entdeckt. Die bedrohten Tiere stehen auf der Roten Liste.
Wahrscheinlich muss man zweimal hinschauen und sich die Augen reiben, wenn man die beiden freilebenden Schildkröten in Bad Berleburg entdeckt. Nachdem es bereits einige Sichtungen der Tiere gab, konnte Hartmut Weinhold nun zwei der Tiere fotografieren und damit den Beweis vorlegen, dass die Reptilien tatsächlich in Bad Berleburg leben.
„Kaum zu glauben, aber wahr: Das Foto ist kein Fake! Die beiden Schildkröten leben tatsächlich in einem der Teiche bzw. Gewässer im Bereich des Berleburger Schlossparks und angrenzenden Berlebach-Tal“, gibt Weinhold zu verstehen, der selbst vermutet, Europäische Sumpfschildkröten entdeckt zu haben. Tatsächlich ist diese Art die einzige, die in Deutschland vorkommt, wie der BUND beschreibt: „Es gibt nur eine einzige Schildkrötenart, die in Mitteleuropa natürlicherweise noch vorkommt: die Europäische Sumpfschildkröte. Einst auch in Deutschland weit verbreitet, steht sie heute kurz vor dem Aussterben, nur noch in Brandenburg gibt es ganz wenige wildlebende Exemplare.“ In der Regel werden Europäische Sumpfschildkröten als Reptilien mit gelben Punkten beschrieben, während die Tiere auf den Fotos gelbe Streifen aufweisen, ähnlich der Chinesischen Streifenschildkröte.
Auf der Roten Liste Deutschland
Handelt es sich bei den Bad Berleburger Exemplaren um die Europäische Sumpfschildkröte, dann sind es Tiere, die in Deutschland auf der Roten Liste stehen und vom Aussterben bedroht sind. Laut BUND kommen die Tiere hauptsächlich in Brandenburg, außerhalb Deutschlands schwerpunktmäßig im Mittelmeerraum, Südosteuropa und angrenzenden Ländern vor. Sind es tatsächlich Europäische Sumpfschildkröten, dann ist es eine seltene Entdeckung: „Die Europäische Sumpfschildkröte ist nicht nur sehr scheu,sondern inzwischen auch so selten, dass man sie leider so gut wie nie in freier Natur zu sehen bekommt“, beschreibt der BUND die Sumpfschildkröte.
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„Die Schildkröten lieben es, während ihres Sonnenbades auf künstlich angelegten Inseln zu verweilen“, konnte Weinhold beobachten. Tatsächlich liebt die Sumpfschildkröte laut BUND relativ flache, stehende oder langsam fließende Gewässer, die sich schnell durch die Sonne aufwärmen und reich mit Pflanzen bewachsen sind. „Das tagaktive Tier taucht bei der geringsten Störung blitzschnell unter die Wasseroberfläche. Ist die Lage ruhig, paddelt es an Land und nimmt ausgedehnte Sonnenbäder. Die Sumpfschildkröte frisst überwiegend tierische Nahrung und dies ausschließlich im Wasser, da sie nur dort schlucken kann. Zum Fressen hält sie größere Beute mit den Vorderbeinen fest und reißt zunächst Stücke ab. Im Wasser spült sie diese mithilfe eines durch den Ruck ihres Kopfes verursachten Wasserstroms in den Hals“, wird das Tier beschrieben.
Wanderung für Eiablage
Auch im Winter bleiben die Tiere demnach am bzw. im Gewässer. Dann wird keine Nahrung aufgenommen, der Stoffwechsel und die Atmung reduziert, um die niedrigen Temperaturen zu überstehen. Um sich zu vermehren, könnten die Schildkröten jedoch ihren Platz im Schlosspark verlassen, denn zur Ablage von „durchschnittlich zehn bis 20 Eiern wandern Sumpfschildkröten nicht selten hunderte Meter weit, im Ausnahmefall auch mehr als einen Kilometer, um optimal besonnte Stellen – wie zum Beispiel auf Trockenrasen – zu finden. Nach dem Schlupf im Spätsommer verbleiben die kleinen Schildkröten meist bis zum nächsten Frühjahr in der Nesthöhle und wandern erst dann in Richtung Wasser. Ob sich die Tiere in Bad Berleburg erfolgreich vermehren können, bleibt abzuwarten: „Nach dem Schlupf im Spätsommer verbleiben die kleinen Schildkröten meist bis zum nächsten Frühjahr in der Nesthöhle und wandern erst dann in Richtung Wasser“, so der BUND.
Die Sumpfschildkröte steht jedoch nicht umsonst auf der Roten Liste bedrohter Tierarten: „Seit mindestens 150 Millionen Jahren leben sie auf unserem Planeten. Doch ihr Panzer konnte die Europäische Sumpfschildkröte nicht vor der fast vollständigen Ausrottung durch uns Menschenschützen. Der Fang und Handel sowie die Zerstörung ihrer Lebensräume minderten ihren Bestand dramatisch.“ Der BUND fordert deshalb unter anderem, dass die Entwässerung der Landschaft, vor allem für Landwirtschaft und Siedlungsbau, gestoppt wird.