Bad Laasphe. Durch den Krieg in der Ukraine ist die Zahl der Tafel-Kunden stark gewachsen. Für die Tafel-Mitarbeiter bedeutete das neue Herausforderungen.

Seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine hat sich die Anzahl der Kunden der Tafel Biedenkopf-Bad Laasphe stark erhöht. Während 2005, ein Jahr vor der Gründung des Vereins, in der Region erst noch das Bewusstsein dafür geschaffen werden musste, dass es hier Armut gibt, beliefert die Tafel in ihrem Einzugskreis heute etwa 900 Kunden – 400 davon sind Kriegsvertriebene aus der Ukraine. Doch die Tafel hat nicht nur die Versorgung ihrer Kunden auf dem Schirm – es soll zudem ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht sofort ungenießbar sind.

In Bad Laasphe werden von der Tafel zwischen 220 und 230 Kunden in insgesamt 75 Familien versorgt, erklärte im Ausschuss für Freizeit, Jugend, Soziales und Sport jetzt der erste Vorsitzende der Tafel Biedenkopf, Helmut Kretz. Zehn Personen stünden aktuell auf der Warteliste.

„Es ist ein wirklich schönes Projekt, das über die Landesgrenze hinaus funktioniert“, so Kretz über den 2006 gegründeten Verein, der im Umkreis von etwa 15 Kilometer um Biedenkopf herum sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Hessen bedürftige Menschen mit Nahrung versorgt.

Weniger bleibt für die Tafel übrig

Doch die Tafel hatte zuletzt einige Proben zu überstehen: Zunächst trieb der Krieg in der Ukraine zahllose Menschen in die Region, die versorgt werden müssen. Gleichzeitig sind einige Supermarktketten mit Kampagnen an den Start gegangen, die ein ähnliches Prinzip verfolgen wie die Tafel – so zum Beispiel Aldi mit der Retter-Tüte. Dadurch bleibt automatisch weniger übrig, was der Tafel von den Märkten zum Verteilen an die Kunden überlassen werden kann. Dies, so berichtete Kretz, könnte in Zukunft auch noch weniger werden.

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Ein Bekannter, der bei Lidl beschäftigt sei, habe ihm verraten, dass mithilfe künstlicher Intelligenz bald noch besser auf die Nachfrage in den Märkten eingegangen werden könnte und so nur das geliefert werde, was später auch gekauft werde. Bereits jetzt handelt die Tafel Biedenkopf teilweise gegen ihre eigenen Prinzipien, um die Versorgungssicherheit für ihre Kunden aufrecht zu erhalten.

Lebensmittel von Spende dazu gekauft

„Wir haben vor einer Weile eine Spende in Höhe von 8000 Euro erhalten – mit der Auflage, dass wir das Geld nur annehmen können, wenn wir davon Essen zukaufen“, so Kretz. Er selbst habe dabei Bauchschmerzen gehabt und sei in der Entscheidung überstimmt worden – denn es ist ein Grundsatz der Tafel, im Sinne der Nachhaltigkeit Lebensmittel zu verteilen, die zwar noch genießbar, aber von Märkten schon aussortiert wurden.

Von der Spende wurden Grundnahrungsmittel gekauft – aber die reichten nicht aus, um den Bedarf nachhaltig zu decken. Deshalb werde aktuell weiter so verfahren, dass mit Spendengeldern Nahrungsmittel zugekauft werden. Ziel sei jedoch, dies wieder zu beenden.

Ein anderes Ziel ist es laut Kretz, in der Bevölkerung das Bewusstsein für den Umgang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum zu schärfen. „Viele sehen, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum auf dem Joghurt um ein, zwei Tage verstrichen ist – und werfen das Produkt weg. Dabei ist das Mindesthaltbarkeitsdatum ein Richtwert der Industrie, der anzeigt, wie lange die Konsistenz eines Produkts perfekt ist. Es ist aber oft darüber hinaus noch genießbar“, so Kretz.

>>>Das Mindesthaltbarkeitsdatum

Ein Flyer der Tafel Deutschland erklärt, worauf beim Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und der Verzehrbarkeit von Lebensmitteln zu achten ist. „Die herstellenden Unternehmen legen das MHD fest. Es bedeutet nicht, dass das Lebensmittel nach Überschreiten des MHD verdorben ist.“

Wie kann das Lebensmittel auf seine Haltbarkeit geprüft werden? „Wenn das MHD überschritten ist, können Sie selbst prüfen, ob ein Lebensmittel noch gut ist. Nutzen Sie Ihre Sinne: Anschauen, Riechen, Schmecken! Wenn Sie keine Veränderungen feststellen, können Sie das Produkt bedenkenlos verzehrt werden.“

So können Reis und Nudeln zum Beispiel etwa ein Jahr lang nach Ablauf des MHD verzehrt werden, ebenso Konserven oder Kakao und Kaffee.