Wittgenstein. „Ich habe Herzblut reingesteckt.“ Das Backen hat Karl-Heinz Glöser im Blut. Jetzt spricht er über die persönlichen Hintergründe der Schließung.

„Das Außenschild habe ich noch heute“, sagt Karl-Heinz Glöser, Bäckermeister aus Hatzfeld, während er auf ein Foto aus alten Zeiten zeigt. Ein Bild der alten Backstube, die einst sein Urgroßvater in Hatzfeld gegründet hatte, 1902. Begonnen hat die Geschichte der Bäckerei Glöser allerdings schon im März 1880. „Damals gründete mein Urgroßvater mit seinem Bruder in Dodenau eine Bäckerei, die der Bruder dann ab 1902 allein weiterführte.“ Der Beginn einer langer Bäcker-Tradition. Bis Ende 2022 wurde das Sortiment der Bäckerei immer weiter ausgebaut und verfeinert. Aktionen – wie die Spenden für die Kita „Senfkorn“ und das Projekt „Brot für die Ukraine“ – wurden ins Leben gerufen.

Tag für Tag wurden Brote, Kuchen und viele weitere Waren unter anderem nach Bad Berleburg geliefert. Doch gesundheitliche Probleme und der Personalmangel führten dazu, dass der 55-Jährige seine Backstube und die Filialen schließen musste. Die Filialen wurden bereits übernommen. Doch wie geht es Karl-Heinz Glöser nach der Schließung? Und was hat er künftig vor? Das hat er uns im Gespräch verraten.

Die Schließung

Zwei Wochen ist es fast schon her, dass die Filialen übernommen wurden – die Filiale Biedenkopf von der Bäckerei Müller aus Ernsthausen (Kreis Waldeck-Frankenberg) und zwei der Filialen in Bad Berleburg von Schäfers Backstuben. „Arfeld war von dieser Entscheidung gar nicht betroffen“, so Glöser. „Die Filiale sollte so oder so geschlossen werden. Sie war einfach zu klein. Wir konnten unser Sortiment dort nicht in voller Breite anbieten – und auch dort musste eine Mitarbeiterin täglich vor Ort sein.“

Das alte Schild von 1902 hat Karl-Heinz Glöser heute noch bei sich zuhause.
Das alte Schild von 1902 hat Karl-Heinz Glöser heute noch bei sich zuhause. © Karl-Heinz Glöser

Den Familienbetrieb zu schließen – das fiel dem Hatzfelder nicht leicht. Aber: „Meine Ärzte haben mir empfohlen, dass ich dringend einen Gang runter schalten muss.“ Schlafmangel und Stress bestimmten zum Ende hin Glösers Alltag. Ein normaler Arbeitstag? Nicht unter 16 Stunden. „Freitags waren es zum Teil sogar um die 20 Stunden, zwischendurch legte ich mich vielleicht mal zwei bis drei Stunden schlafen.“ Und das über Jahre hinweg. Das hinterließ Spuren. „Und der Personalmangel hätte sich weiter verstärkt“, so Glöser. Alle Bäckereien sind auf der Suche.

Mit Verkaufswagen von Ort zu Ort

„Zuerst habe ich überlegt, einige Produkte von Schäfers Backstuben hinzuzukaufen“, sagt er. „Aber ich merkte, dass das auch nicht die Lösung auf Dauer ist. Man machte mir das Angebot, die beiden Filialen zu übernehmen – ein Angebot, das wir nach intensiven Gesprächen innerhalb der Familie annahmen. So war die Zukunft der Filialen und der Mitarbeiter gesichert. Das war mir persönlich sehr wichtig.“ Die ersten eigenen Filialen übrigens eröffnete die Familie Glöser erst vor etwa 20 Jahren. „Früher haben wir zahlreiche Lebensmittelmärkte beliefert – die aber gibt es heute gar nicht mehr“, erinnert sich Karl-Heinz Glöser noch an die Anfänge.

Karl-Heinz Glöser (Mitte) stand schon als kleiner Junge gemeinsam mit seinem Großvater (links) und seinem Vater (rechts) in der Backstube.
Karl-Heinz Glöser (Mitte) stand schon als kleiner Junge gemeinsam mit seinem Großvater (links) und seinem Vater (rechts) in der Backstube. © Privat

Direkt nach dem Krieg fuhr sein Großvater, Karl Glöser (geboren 1904), mit dem Verkaufswagen nach Bad Berleburg. „Nach dem Krieg kamen viele Wittgensteiner zu uns nach Hatzfeld“, sagt er. „Der Grund war, dass Hatzfeld zur amerikanischen Zone gehörte und es hier Roggenmehl gab. Das gab es in Wittgenstein, das damals zur englischen Zone gehörte, nicht. Daher kamen viele Wittgensteiner mit dem Zug zu uns, um hier ihr Roggenmischbrot zu kaufen.“ Danach fing die Familie an, ihre Waren auch in Wittgenstein zu verkaufen. „Bis zum Schluss haben wir fast 80 Prozent unserer Waren nach Wittgenstein geliefert“, sagt Glöser, der 2004 die Bäckerei, die sich seit dem Neubau in 1992 am Standort Oberrau 16 befand, von seinem Vater übernommen und die Bäckerei Glöser GmbH Co. KG gegründet.

Traumberuf: Bäcker

Dass er einmal Bäckermeister wird, war ihm selbst schon von klein auf klar. „Schon als kleiner Junge stand ich mit meinem Großvater und Vater gemeinsam in der Backstube und habe mit den Resten, die vom Backen übriggeblieben sind, meine ersten eigenen Kuchenkreationen geschaffen“, sagt er. Backen – das war und ist Karl-Heinz Glösers große Leidenschaft. „Das wird auch immer ein Teil von mir bleiben. Da steckt Herzblut drin.“

So wundert es auch nicht, dass er einen kleinen Teil seiner Backstube in Hatzfeld behalten wird. „Es gibt ein Spiralkneter, einen Ofen – alles, was man fürs Brotbacken braucht.“ Auch weiterhin backt er einmal die Woche einen Ofen voller Brote. Und die werden auch weiterhin mit hauseigenem Sauerteig hergestellt. „Der wurde schon immer bei uns besonders gepflegt, denn der ist für den Geschmack und die Frischhaltung verantwortlich.“

Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg: Besondere Spendenaktion der Bäckerei Glöser

Auch heute noch hat der Bäckermeister einiges zu tun. „Gleich kommt noch ein Gerätehändler, der sich einige unserer Geräte anschaut.“ Immerhin mussten die Filialen zum Jahresende hin leer sein. „Vieles befindet sich aktuell noch in unserer Backstube“, sagt Glöser, der sich künftig mehr Zeit für sich und seine Familie nehmen möchte. „Freizeit – das gab es in den vergangenen Jahren nicht. Zweimal im Jahr Urlaub – das war alles.“ Das soll sich nun ändern. „Arbeit aber werde ich auch weiterhin genug haben.“ Schon seit längerem hat sich die Familie im Immobilienbereich ein zweites Standbein aufgebaut. „Und auch sonst ist viel Arbeit liegen geblieben.“ Und Schlafen? – „Das muss ich erstmal wieder lernen“, sagt Glöser und lacht.