Feudingen. Der Orthopädie-Schumacher gibt jedoch Aufträgen der eigenen Kundschaft den klaren Vorzug – und erklärt, wann es sich für sie tatsächlich lohnt.
Wirklich gute Schuhe – die wirft man nicht einfach weg. Doch wo kann ich gute Schuhe in Wittgenstein reparieren lassen, wenn sie einmal kaputtgehen? Viele Anlaufstellen dafür scheint es jedenfalls nicht mehr zu geben. Rainer Otto (55), gelernter Orthopädie-Schumacher in Feudingen, In der Trift 1, fallen ganz spontan nur zwei Fachgeschäfte in Erndtebrück und Bad Berleburg ein. Und Otto selbst? Repariert auch Schuhe – aber in der Regel nur die seiner eigenen Kundschaft.
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Schließlich koste so eine zuverlässige Reparatur ja auch Zeit, sagt Otto – und lohne sich nur, „wenn der Schuh auch hochwertig ist“. Und „Geld verdient man halt im Handel, nicht mit Reparaturen. Wir machen außerdem Schuh-Zurichtungen und Maß-Einlagen, wenn der Kunde das braucht, weil es so vom Arzt verordnet ist.“
Standard-Preis für neuen Absatz: 20 Euro
Und wie hoch ist der Anteil jener Kundinnen oder Kunden, die Rainer Ottos Service tatsächlich nutzen? „Früher waren es deutlich mehr Reparaturen“, erzählt der Schumacher. Aber die könnten sich eben auch noch heute lohnen. Etwa bei Meindl-Schuhen ab 200 Euro mit montierter Sohle. Wenn die abgelaufen sei, könne man den Schuh bei Hersteller binnen drei Wochen neu besohlen lassen. Die Sohle werde also „runderneuert“, sagt Otto, es entstehe „fast ein neuer Schuh“. Dieser Service funktioniere übrigens auch mit der Marke Lowe.
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Feudingen: Einzelhandel und Dienstleistung leben
Mit seinem Geschäft sieht sich Orthopädie-Schumacher Rainer Otto übrigens in guter Gesellschaft. Während in Bad Laasphe die Innenstadt sterbe, laufe der Einzelhandel in Feudingen mit seinen derzeit rund 2120 Einwohnern gut.
„Es gibt kein Dorf in dieser Größe, das so eine Struktur hat“, sagt Otto. „Wir haben hier alles – und das wissen die Leute.“ So seien etwa alle Nahversorger vor Ort – selbst Bäcker und Metzger. Aber eben auch Sparkasse und Volksbank oder ein Elektro-Fachbetrieb, drei Hotels, zwei Imbisse und ein Bahnhof. Und wenn es bei ihm um Ladenbau gegangen sei, so Otto, dann seien immer Handwerker aus dem Ort im Einsatz gewesen. Vielleicht fehle „noch ein bisschen Textil“, so Otto – ein Waren-Segment, das er in seinem eigenen Laden mit der Zeit zurückgefahren hat. Es wieder zu verstärken, sei aber durchaus denkbar.
Bei so einem breiten Angebot in Handel und Handwerk müssten die Feudinger dann „aber auch im Edeka einkaufen“ oder im Schuhgeschäft vor Ort, damit es so bleibe. Leider „verkaufen wir uns hier weit unter Wert“, bedauert Rainer Otto. Es werde viel zu wenig über dieses breite Angebot geredet.
Rainer Otto hat einmal für Feudingen folgende Geschäfte und Dienstleistungen aufgelistet: Edeka-Frischemarkt, Edeka-Drogeriemarkt mit Post, Schuh- und Textilmoden, Blumen, Tankstelle, Autohaus, Bäckerei, Lotto/Schreibwaren mit DPD-Paketdienst, Fahrrad-Laden, Apotheke, Autoservice/Gebrauchtwagenhändler, Hermes Paket-Shop, Elektriker, Kebap-Haus, Geschenkeladen, Landhandel, zwei Schreinereien, Holzgroßhandel, Land- und Forstbetrieb/Gartengeräte, drei Hotels, Sparkasse und Volksbank, Optiker, Pflegedienst, Metzger, Imbiss, zwei Arzt-Praxen, Zahnarzt, Zahnlabor, zwei Bestatter, Steinmetz, Maler/Trockenbau, Fliesenleger.
20 Euro – das ist bei Rainer Otto der Standard-Preis für einen neuen Absatz. Das entspreche einer Berechnung der Leistung nach investierter Zeit. „Meistens geht es auch tatsächlich um eine Absatz-Reparatur oder mal um Laufecken oder Näh- und Klebe-Arbeiten“, sagt Otto. Aber: „Für eine einfache Naht nehme ich den Leuten kein Geld ab.“ Schließlich wolle die Kundschaft ja auch gepflegt werden.
Laden-Ketten keine Konkurrenz
Und wie groß ist für Otto die Konkurrenz etwa durch Laden-Ketten wie Deichmann oder auch das K+K Schuh-Center in der Bad Laaspher Kernstadt? „Nein, das ist keine Konkurrenz“, schüttelt er den Kopf. „Wir haben aber auch keine Kunden, die hier bei uns billige Schuhe suchen. Der Anspruch meiner Kunden ist größer.“
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Heute liegen Repair-Cafés voll im Trend, also Selbsthilfewerkstätten zur Reparatur defekter Alltags- und Gebrauchsgegenstände. Könnte ich meine Schuhe womöglich auch selbst reparieren? Schumacher Otto glaubt das nicht. Sicher: „Früher gab‘s ja jede Menge Leute, die sich das angeeignet haben. Aber ohne eine geeignete Maschine wird das nichts. Und Reparatur-Sets – das wollen die Leute nicht mehr.“
Immer mehr Geschäftsaufgaben
„Früher gab‘s auch ,Mister Minit‘“, erinnert sich Otto an den Schuh- und Schlüsseldienst mit bundesweiten Filialen, ehe das Unternehmen vor einigen Jahren Insolvenz anmeldete. Und in Bad Laasphe habe allein die Königstraße früher drei Schuhgeschäfte gezählt: Roth, Stremmel und Wehrmann. Aber nur Wehrmann existiere noch.
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„Irgendwann werden auch die Schuhgeschäfte aussterben“, fürchtet der Feudinger. „Man merkt schon, dass die Geschäftsaufgaben mehr werden“ – und das nicht zuletzt wegen der vielen Online-Shops im Internet. Dem gegenüber habe ein Fachgeschäft jedoch klare Vorteile, so Otto, denn: „Wir machen ja auch Beratung. Das habe ich bei Amazon nicht.“
Schwierige Nachfolge
Hat sich Otto schon Gedanken über einen Nachfolger für sein Familien-Unternehmen gemacht? „Ich werden hier noch zwölf Jahre arbeiten, dann bis ich 67. Ich mache es halt gerne. Aber mit der Nachfolge wird es wohl schwierig“, schätzt der Orthopädie-Schumacher. „Den Beruf will ja keiner mehr erlernen.“ Vielleicht wolle ja noch eine seiner Mitarbeiterinnen weitermachen.