Bad Berleburg. Seit 56 Jahren ist „Mecki“ als Nikolaus in Wittgenstein unterwegs. Jahre voller Emotionen und Eindrücke, die wohl nur ein Nikolaus erlebt.

Seit 56 Jahren ist Rüdiger Hartmann als Nikolaus unterwegs und damit das Gesicht der Region. Im Interview mit der Westfalenpost verrät er, was er schon so alles in seinem Berufsleben erlebt hat und, ob selbst er auch einmal an Rente denkt.

Viele Menschen haben bestimmt schon einmal davon geträumt, einen Tag lang der Nikolaus zu sein. Wie ist das eigentlich?

Rüdiger Hartmann: Es ist wirklich aufregend und auch oft emotional, vor allem bei Senioren in sozialen Einrichtungen und natürlich bei den Kindern. Das ist für mich eine Berufung seit 56 Jahren und ich hoffe, dass ich es noch ein paar Jahre machen kann. Wissen Sie, allein wenn ich in die Kinderaugen gucke oder auch ins Altenheim komme. Wenn man da reinkommt und in die Augen schaut, wird man manchmal selber emotional. Ich stecke da wirklich viel Herzblut rein. Das war schon immer so. Wenn, dann mache ich das mit Herzblut und es ist so schade, dass es hier in Wittgenstein so wenig Leute machen.

Das ist ja kein ganz normaler Job. Wie sind Sie überhaupt zu dem Beruf gekommen?

Als ich 15 Jahre alt war, sollte ich einmal den Nikolaus spielen! Meine Schwester klebte auf einen alten Postmantel Wattebällchen drauf und eine alte Pappmaske mit einem langen Hanfbart sorgte dafür, dass man mich nicht erkannte. Es hat mir von Anfang an Spaß gemacht, Nikolaus zu sein. Schon bald bekam ich meinen ersten roten Mantel und nachdem die Maske mit dem Hanfbart bei einer Feier durch eine Kerze Feuer gefangen hatte und ich mir die Pappe aus dem Gesicht gerissen hatte, blieb nur noch die Umrandung und so war die schreckliche Maske auch weg. Meine Frau nähte mir dann Jahre später meinen roten Samtmantel, auf den ich sehr stolz bin und auch der Rauschebart und alles andere ist mit den Jahren etwas schöner geworden.

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Was bedeutet Ihnen der Beruf nach so einer langen Zeit? Ist der Funke immer noch da?

Ja, der ist noch da. Immer wenn die Weihnachtszeit beginnt, bin ich sehr aufgeregt. Wenn ich gesund bin, kann ich das alles noch leisten. Schon im November kommen die Anfragen. Kindergärten, Schulen, Vereine oder Eltern fragen an, ob der Nikolaus am 6. Dezember kommen kann. Mein Nikolausmantel und das viele Zubehör, was man so braucht, hole ich dann vom Dachboden und schaue, ob noch alles passt oder etwas erneuert werden muss. Dann geht es los. Ich brauche Hilfe beim Ankleiden und merke, dass ich schon sehr aufgeregt bin. Aber da ist auch eine Vorfreude und die vielen Erlebnisse berühren mich oft. Ich bin dann froh, wenn ich zuhause alles meiner Nikoline erzählen kann – manchmal wirklich mit Tränen in den Augen. An Heiligabend denke ich oft an die vergangenen Wochen zurück und dann hoffe ich, dass ich im nächsten Jahr und noch viele weitere Jahre dieses mir so wichtige Amt ausführen kann.

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Sie sind mit sehr viel Leidenschaft dabei. Was berührt Sie oft am meisten?

Besonders am Herzen liegt mir, dass ich die Kinder und auch alle Menschen, die mich gerne sehen wollen, erfreuen kann. Die Kinderaugen strahlen und die Senioren und auch viele Leute mit einer Behinderung freuen sich total und sind glücklich über die Abwechslung. Für sie ist der Nikolaus wirklich noch etwas Besonderes. Ein Spruch sagt: Man kann nur Freude empfinden, wenn man auch Freude machen kann. Und das tue ich jedes Jahr in der Weihnachtszeit.

Der junge Nachwuchs wird doch aber sicherlich nachkommen? Was muss ein Nikolaus für die Arbeit mitbringen?

Es ist wirklich schwer, Nachwuchs zu finden und wenn doch, braucht es seitens des Nikolaus ganz viel Verständnis und Mitgefühl für die Menschen. Es muss aber auch mal möglich sein, ernstere Worte zu sagen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Branche wünschen?

Ich würde mir sehr wünschen, dass einige jüngere Leute bereit wären, dieses Amt auszuführen und das mit der Freude und Ernsthaftigkeit, die dieses Amt beinhaltet. Es ist Stress, das ist klar. Rein ins Auto und wieder raus ins warme Wohnzimmer, Gedichte und Reden schreiben und lernen, sie richtig anzubringen. An gemütliche Weihnachtswochenenden ist nicht zu denken. Wer glaubt, das große Geld wäre dabei zu verdienen, der irrt sich. Ganz viel an der Arbeit ist ehrenamtlich. Mein größter Wunsch wäre wirklich, dass ich einen Nachfolger finden würde, der das alles tut.

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Gibt es eine Geschichte, die Sie besonders bewegt hat?

Mein wohl bewegendstes Erlebnis war, als ich zu einem Schalke Fanclub bestellt wurde und dort den Nationalspieler Olaf Thon beschenken durfte. Ich bin ein begeisterter Fußballfan und mit diesem einfachen und liebenswerten Menschen einige Zeit zu verbringen, war schon toll.

Jetzt sollten wir zu den „wirklich wichtigen“ Dingen im Leben kommen: Wie geht der internationale Nikolaus-Verband eigentlich mit der Frauenquote um? Ist es nicht auf Dauer langweilig, nur mit Knecht Ruprecht abzuhängen?

Nun ja... der Nikolaus ist eben der Nikolaus und die Frauen sind die schönen Engel und das Christkind. Was wäre denn, wenn am Arfelder Weihnachtsmarkt aus dem Türchen mit der 24 der Nikolaus winken würde?

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Verraten Sie den Lesern Ihr bestgehütetes Geheimnis: Wie schafft es der Nikolaus eigentlich, immer die vielen kleinen Geschenke pünktlich in einer Nacht zu liefern?

Das schafft der Nikolaus nur durch seine vielen fleißigen Helfer, die alles mitbekommen und umsetzen.

Wie viel leichter hat es eigentlich ein Weihnachtsmann mit seinen Rentieren? Kommt da bei Ihnen ab und zu Rentier-Neid auf?

Leider kann der Nikolaus mangels Schnees hier sowieso nicht mehr mit seinen Rentieren erscheinen.

Ist das nicht auch anstrengend? Denkt ein Nikolaus überhaupt an Rente oder ist das für die Berufsgruppe keine Option?

Ja, es ist schon sehr anstrengend im Dezember immer unterwegs zu sein, aber an Rente denkt ein Nikolaus nie.

Als wahrer Experte müssen Sie es ja aus erster Quelle wissen: Welches Geschenk wird dieses Jahr der absolute Renner bei den Kindern?

Jüngere Kinder freuen sich natürlich über Puppen und Autos aber der Renner in diesem Jahr werden bestimmt elektronische Geräte und Lego-Technik sein. Trotzdem freuen sich die Kinder auch über den Stutenmann, den der Nikolaus ihnen überreicht.