Wingeshausen. Ein Wingeshäuser Wohnhaus soll ein zweites, unnötiges Leerrohr bekommen, obwohl ein erstes schon im Keller liegt. Jetzt kämpft der Bewohner.

Das Tiefbau-Unternehmen drückt aufs Tempo: Möglichst zügig sollen die neuen Leerrohre fürs Turbo-Internet des Internet-Dienstleisters „Greenfiber“ in den beiden Wingeshäuser Straßen „An der Helle“ und „Vor der Helle“ unter die Erde und in die Häuser. Doch Anwohner André Scholz hat eigentlich schon ein Leerrohr fürs Glasfaser-Kabel im Keller, vor einiger Zeit verlegt gemeinsam mit einem neuen Erdgas-Anschluss des Siegener Netzbetreibers „Westnetz“. Und jetzt noch ein zweites Leerrohr? Das sei schlicht überflüssig, findet Scholz. Könnte „Greenfiber“ denn nicht einfach das „Westnetz“-Leerrohr nutzen?

2020 oder 2021 sei es gewesen, als „Westnetz“ einen Erdgas-Anschluss plus Leerrohr bis in sein Haus verlegt habe, berichtet Scholz. Und als jetzt das Unternehmen „Greenfiber“ schnelles Internet anbot, habe er zugegriffen und den Antrag auf Anschluss gestellt. Als jetzt aber der Tiefbauer ein komplett neues Leerrohr in seinen Keller habe verlegen wollen, habe ihn das irritiert, so Scholz, denn: „Eigentlich wollte ich vermeiden, dass noch ein Loch in die Hauswand gebohrt wird.“

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Also hängt sich Scholz, selbst IT-Techniker in einem Lennestädter Unternehmen, ans Telefon. Und erfährt nach eigenen Angaben unter anderem, dass das „Westnetz“-Leerrohr im Grunde technisch problemlos auch für die spätere „Greenfiber“-Glasfaser genutzt werden könnte.

Das sagt der Kreis

Und das sei auch genauso vereinbart, erklärt auf Anfrage unserer Redaktion Martin Schreier, beim Kreis Siegen-Wittgenstein als Breitband-Koordinator für den weiteren Internet-Ausbau in der Region zuständig. „Um einen weiteren, unnötigen Aufbruch zu verhindern, wurde in den Förderrichtlinien und in dem Vertrag zwischen dem Ausbauer ,Greenfiber’ und dem Kreis Siegen-Wittgenstein die Mitberücksichtigung vorhandener, geförderter In­frastruktur vereinbart“, betont er. Und kündigt ein Gespräch des Kreises mit den Planern von „Westnetz“ und „Greenfiber“ an, „um die Angelegenheit zu besprechen“.

In den Straßen „An der Helle“ und „Vor der Helle“ wird derzeit kräftig gebaggert – im Auftrag des Internet-Dienstleisters
In den Straßen „An der Helle“ und „Vor der Helle“ wird derzeit kräftig gebaggert – im Auftrag des Internet-Dienstleisters "Greenfiber". © Eberhard Demtröder

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Tatsächlich befänden sich „noch Leerrohr-Kapazitäten in den Leitungskanälen, die nicht allgemein bekannt sind“, so Schreier weiter. „Diese müssen beim jeweiligen Versorger – hier ,Westnetz’ – von ,Greenfiber’ angefragt werden.“

Das sagt „Greenfiber“

Allerdings seien die vorhandenen Wingeshäuser Anschlüsse in der bei „Westnetz“ angefragten Liste nicht vorgekommen, bedauert „Greenfiber“-Pressesprecher Hinrich Bernzen im Gespräch mit unserer Redaktion. Deshalb sei „Greenfiber“ auch zunächst davon ausgegangen, dass ein komplett neues Leerrohr verlegt werden müsse. „Wir hoffen jetzt, dass wir eine aktuelle Liste kriegen“, sagt Bernzen. Außerdem könne „Greenfiber“ das Leerrohr von „Westnetz“ nicht ohne Weiteres nutzen – schließlich sei es „nicht in unserem Eigentum“, so Bernzen. Hier gelte es jetzt, Gespräche mit „Westnetz“ und den Menschen vor Ort zu führen.

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„Wir haben vereinbart, dass wir den Leuten eine Infrastruktur errichten“, so der „Greenfiber“-Sprecher. Und gerade vor Ort sei sein Unternehmen „sehr, sehr schnell“ unterwegs, um dies zu erreichen. „Wir hoffen nun, eine Lösung zu finden, mit der wir den Wünschen des Kunden nachkommen – und andererseits den Ausbau für viele andere Menschen nicht verzögen.“

Das sagt der Anwohner

Grundsätzlich hat auch Anwohner André Scholz nichts gegen die Arbeit und den Service von „Greenfiber“ einzuwenden. Das laufe prima, sagt er. Nur zwei Glasfaser-Leerrohre in seinem Keller wolle er nicht hinnehmen. Im Übrigen sei sein Haushalt im Altkreis Wittgenstein sicherlich nicht der einzige in solch einer Situation.

Das sagt „Westnetz“

„Gerade um doppelte Arbeiten zu verhindern und die Unannehmlichkeiten, die mit einer solchen Baustelle einhergehen, zu verringern, haben wir die Medienrohre im Zuge der Gashausanschluss-Erstellung mit eingebracht“, so Patrick Plate im Auftrag der Siegener „Westconnect“, wie die „Westnetz“ eine Tochter der „Westenergie“. Medienrohre – so nennt „Westenergie“ die verlegten Leerrohre. Diese Medienrohre hat „Westnetz“ laut Plate etwa ab 2017, 2018 mitverlegt – „je nach Abruf des Gasnetz-Anschlusses durch die Kunden“.

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Grundsätzlich sei auch „Westnetz“ an einer vernünftigen Lösung der geschilderten Situation interessiert, so Plate weiter: „Wir stehen Greenfiber gerne für Gespräche zur Nutzung der Medienrohre zur Verfügung.“ Bisher liege „Westnetz“ allerdings „keine Anfrage Nutzung unserer Medienrohre vor“.

Dass sich die verlegten „Westnetz“-Rohre nicht in Leitungsplänen wiederfinden, die etwa Tiefbau-Unternehmen zur Orientierung dienen, kann „Westnetz“ nicht bestätigen: „Wir haben dies geprüft – die Medienrohre sind in den Leitungsplänen eingezeichnet und ersichtlich“, berichtet Patrick Plate.