Wittgenstein. Bei den ersten Schützenfesten nach Corona stehen deutlich weniger Tambourcorps für Festumzüge zur Verfügung. Wir erklären, warum das so ist.

Ausgerechnet in der ersten Schützenfest-Saison nach der Pandemie: Musikkapellen und Spielmannszüge aus Wittgenstein und der Umgebung fallen aus – und das nicht nur wegen häufiger Corona-Fälle unter den Musikern. Da müssen die Schützenvereine nicht selten improvisieren – und die Musikvereine ihrerseits zusehen, wie sie wieder auf die Beine und ins Geschäft kommen.

Musik-Angebot für Umzüge wird kleiner

Wenn das Tambourcoprs „Deutsche Eiche Aue“ und der Spielmannszug Banfe in diesem Jahr weitgehend ausfielen, so Wolfgang Dickel, Vorsitzender Schieß- und Schützenverein Feudingen, kürzlich im Gespräch mit unserer Redaktion, müssten sich andere heimische Formationen die Auftritte bei den Umzüge der Schützenvereine teilen.

Darunter: die Spielmannszüge des VfL Bad Berleburg und des TV Laasphe/Niederlaasphe, das Tambourcorps des TuS Erndtebrück, die Musiker von Wittgenstein Dotzlar oder des TV 08 Feudingen.

Und die Kapellen, die spielfähig seien, würden dann auch noch teurer, fürchtet Dickel.

Tambourcorps TuS Erndtebrück: Buchungswünsche abgelehnt

Das Tambourcorps des TuS Erndtebrück hat in dieser Saison erst einmal eine ganze Reihe Buchungswünsche abgelehnt. „Dieses Jahr sind sehr viele Anfragen gekommen“, berichtet Stefan Leipelt, beim TuS Abteilungsleiter Tambourcorps – aus dem Sauerland, dem Raum Wenden im Kreis Olpe und dem Bergischen Land. Oft habe es dabei geheißen: „Uns ist eine Musik ausgefallen, könnt ihr nicht spielen?“ Aber „wir haben nichts mehr angenommen“, so Leipelt. Sicher: „Wir haben im Juli und August noch je ein freies Wochenende“ – doch diese beiden auch noch mit Auftritten zu füllen, „das können wir unseren Mitgliedern nicht zumuten“.

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Treu geblieben ist das TuS-Tambourcorps dagegen den heimischen Schützenvereinen. Leipelt: „Wir haben unsere Auftritte – und zwar bei den Schützenfesten, wo wir immer spielen, im Großraum Erndtebrück.“ Birkelbach, Benfe und das neuerdings auf zwei Wochenenden verteilte Fest des Erndtebrücker Schützenvereins 1867 hätten die Musiker schon hinter sich. „Vor uns liegen jetzt Zinse, Birkefehl und dann noch Netphen-Sohlbach am 5. August.“ Und eigentlich wären die Musiker am 20. August auch auf der Leimstruth zu Gast, wo sie sich Jahr um Jahr mit dem Spielmannszug des TV 08 Feudingen abwechseln. Doch für den Termin habe man jetzt schon einen anderen Auftritt in Netphen zugesagt.

Schon seit Jahrzehnten Verbindungen zu den Schützen

Damit komme das Tambourcorps auf die üblichen sieben, acht Auftritte bei Schützenfesten pro Saison, so Leipelt. Schließlich „haben wir ja gerade zu den Wittgensteiner Schützen schon seit Jahrzehnten Verbindungen“.

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Ein Problem allerdings sei, so der Abteilungsleiter weiter, dass drei, vier Mitglieder dem Tambourcorps „im Moment nicht zur Verfügung“ stünden. Weil es ihnen mit Vorerkrankungen oder auch nach Organspenden schlicht „zu heikel wegen Corona“ sei. Und dann seien da ja auch noch konkrete Corona-Fälle innerhalb der Formation. „Jetzt müssen wir sehen, dass wir kommendes Wochenende in Zinse eine auftrittsfähige Mannschaft haben“, ist Leipelts Sorge derzeit.

Corona-Fälle nach den letzten Auftritten

Aktuell zähle das Corps 35 aktive Mitglieder, so der Abteilungsleiter, doch seien von denen in den Sommerferien auch viele in Urlaub. Und dann eben „die Corona-Fälle nach den letzten Auftritten, die wir hatten“, bedauert Leipelt. Er rätselt: Hat es an den Getränke-Gläsern gelegen? Am engen Zusammenstehen, am gemeinsamen Musizieren auf der Bühne? „Und gerade wir Flötisten pusten da ja schon so einiges raus“.

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Immerhin: „Seit März üben wir wieder regelmäßig“, freut sich Leipelt – und seit Mai sogar wieder in den gewohnten Übungsräumen in der Erndtebrücker Pulverwaldhalle. Davor habe es eine monatelange Corona-Pause seit Oktober 2021 gegeben. Und die ganzen zwei Pandemie-Jahre seien „nicht finanziell ein Problem“ gewesen, weil vieles ehrenamtlich laufe, sondern – „es war die Motivation“, sagt der Abteilungsleiter. Die habe den Mitgliedern ohne die regelmäßigen Auftritte einfach gefehlt.

Spielmannszug Banfetal: Spielbetrieb vorläufig eingestellt

Beim Dorffest in Banfe ist der Spielmannszug in den vergangenen Jahren stets mit von der Partie gewesen – so auch in diesem Jahr. Wie es jedoch im kommenden Jahr aussieht, ist noch offen. Derzeit fehlen der Formation jedenfalls eine Reihe Musiker.
Beim Dorffest in Banfe ist der Spielmannszug in den vergangenen Jahren stets mit von der Partie gewesen – so auch in diesem Jahr. Wie es jedoch im kommenden Jahr aussieht, ist noch offen. Derzeit fehlen der Formation jedenfalls eine Reihe Musiker. © Anna-Lina Müller

Beim Spielmannszug Banfetal sieht die Lage etwas anders aus. Klar: „Wir haben ja am Wochenende Dorffest“, so dessen 1. Vorsitzender Marcel Schmidt – „und da spielen wir ja auch. Aber sonst haben wir keine Termine großartig angenommen in dieser Saison“. Denn: „Nach Corona wollten wir erst einmal wieder langsam anfangen, weil wir auch kein großer Spielmannszug sind“, so Schmidt weiter. 20 Aktive habe der Zug nur noch – und suche derzeit händeringend nach neuen Musikern. „Vor allem Querflöte, da hängt es wirklich dran“, sagt Schmidt. Gerade erst seien sechs Flötisten ausgestiegen, müsse der Spielbetrieb nach dem Dorffest zumindest vorläufig eingestellt werden.

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Aber es sei eben nicht einfach heutzutage, junge Menschen für Marschmusik zu begeistern. Der Altersschnitt bei den Banfetalern liegt laut Schmidt bei Mitte bis Ende 30. Die Ältesten in der Runde seien Mitte bis Ende 50, es seien aber auch deutlich Jüngere um die 16 herum dabei. Vor allem aber: „Es waren schon mal mehr.“

Hoffen auf nächste Auftritte für 2023

Normalerweise habe der Spielmannszug drei, vier Auftritte im Jahr, weiß der 1. Vorsitzende – in diesem Jahr jedoch noch nicht. Schmidt geht davon aus, dass es nächste Auftritte der Banfetaler erst wieder 2023 gebe. Mit ersten Anfragen dafür rechnet er für den kommenden Herbst.