Bad Berleburg. Als der Kreis Wittgenstein aufgelöst wurde, stahlen zwei Jugendliche das heute seltene Schild. Nach einer kuriosen Reise kehrt es nun zurück.

Es ist das Jahr 1972. Wittgenstein und Siegen sind zwei eigenständige Kreise — noch. Immer wieder wird thematisiert, dass sich dies in Zukunft ändern soll: Die beiden Kreise sollen zusammengeführt werden. Viele Wittgensteiner können sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden.

Dr. Hans Groth ist einer von ihnen. Im Frühjahr 1972 entscheidet sich der damals 18-jährige Bad Berleburger mit einem Freund dazu, ein Wappenschild mit der Aufschrift „Kreis Wittgenstein“ zu stehlen. Seither hat dieses Schild den heute in der Schweiz lebenden Dr. Groth (69) durch viele Orte begleitet; darunter Heidelberg, Freiburg, Zürich und New York. Heute — 50 Jahre später — trennt sich der gebürtige Bad Berleburger von seinem Wegbegleiter.

Schild geht an Heimatverein Landwirtschaft und Brauchtum Bad Berleburg

Der pensionierte Mediziner übergibt das Originalschild in die Hände des Heimatvereins Landwirtschaft und Brauchtum Bad Berleburg. Für Wittgenstein kehrt damit ein Stück Heimat zurück. Es war die Heimatliebe, die den damals 18-jährigen Dr. Hans Groth und seinen mutigen Begleiter zu dem Diebstahl hat steuern lassen. „Es war eine hohe Spontanität im Spiel. Wir wollten nicht, dass das Schild vernichtet wird“, erinnert sich Dr. Groht an den Frühling in 1972.

Denn die Befürchtung, dass das Schild vernichtet werden könnte, war groß: In seiner Abiturklausur im Fach Deutsch habe der 69-Jährige einen Aufsatz über das Thema „Soll der Kreis Wittgenstein mit dem Siegerland vereint werden?“ schreiben müssen. An seine Note erinnere sich der Schweizer nicht — an seine Position jedoch genauestens.

In diesem Keller in Freiburg hat das Schild in den vergangenen Jahren gehangen. Jetzt kehrt es in seine Heimat zurück. Eberhard Kießler und Dr. Hans Groth (von links) freuen sich.
In diesem Keller in Freiburg hat das Schild in den vergangenen Jahren gehangen. Jetzt kehrt es in seine Heimat zurück. Eberhard Kießler und Dr. Hans Groth (von links) freuen sich. © Privat

Und die lautete: Nein. „Ich habe mich damals klar positioniert und gesagt: Das ist keine gute Idee.“ Die Fusion beider Kreise am 1. Januar 1975 konnte Dr. Groht mit dem Diebstahl zwar nicht verhindern, aber immerhin wertvolles Kulturgut bewahren. „Mir wurde diese Beute zugeteilt. Und sie hat mich mein Leben lang begleitet“, erzählt der 69-Jährige.

Gedankenblitz: Das Schild am Albrechtsplatz stehlen

Das Kreisschild hatte in der Nähe des Albrechtsplatzes gestanden. Dort habe Dr. Groth mit seinem Begleiter am Tattag in einem Bauwagen eine Autozählung durchgeführt, bis ihnen bei Einbruch der Dunkelheit der Gedankenblitz kam, das Schild zu stehlen — und zu retten.

„Wir haben heute noch gerätselt, wie wir es aus der Fassung bekommen haben“, lacht Dr. Hans Groth. Doch was hat die Öffentlichkeit damals eigentlich zu der Nacht- und Nebelaktion gesagt? „Nichts“, sagt Dr. Groth. „Da haben wir uns aber auch keine Gedanken drüber gemacht.“.

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In den vergangenen Jahren hatte das besondere Schild im Keller in einem Haus in Freiburg des 69-Jährigen gehangen. Die Idee, das Schild zurück in seine Heimat zu bringen, entstand vor einem Jahr: Dr. Hans Groth hatte mit seinem Kindheitsfreund Reinhard Skwarr eine Alpentour in der Schweiz gemacht. Als das gestohlene Schild zum Gesprächsthema wurde, stand schnell fest: Das Kulturgut muss zurück nach Wittgenstein — nach Hause.

Schild bekommt Ehrenplatz im Museum

„Ich finde es toll, dass das Schild wieder zurückgegeben wird“, freut sich der in Berlin lebende Reinhard Skwarr. Dass das Schild sicher in Wittgenstein angekommen ist und einen Ehrenplatz im Museum am Rothaarsteig des Heimatvereins erhält, verdankt Skwarr seinem Bad Berleburger Schwager Eberhard Kießler.

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Er stellte die nötigen Kontakte her und organisierte zum Anlass der Übergabe des Schildes eine gemütliche Feier in seinem Garten. „Das ist eine ganz besondere Geschichte“, sagt Kießler, als er die Gäste in seinem Garten begrüßt. Zu den Gästen gehören seine Familie, Heinrich und Andrea Knebel vom Heimatverein Landwirtschaft und Brauchtum Bad Berleburg, der 2. Vorsitzende des Wittgensteienr Heimatvereins Bernd Stremmel und Nachbarn. Heinrich Knebel, 2. Vorsitzende des Heimatvereins Landwirtschaft und Brauchtum Bad Berleburg, zeigt sich dankbar und schätzt das Geschenk sehr: „Das gehört zu uns. Da kommt ein Stück Heimat zurück“. Das Schild wird einen Ehrenplatz im Museum am Rothaarsteig bekommen.

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Das Schild ist von einem Einschussloch gezeichnet. Höchstwahrscheinlich war es ein Jäger, der das Schild versehentlich noch einzigartiger gemacht hatte, als es heute ohnehin schon ist. Laut Dr. Hans Groth hatte die Amerikaner immer nur das Einschussloch interessiert. Sie haben oft gefragt, ob das Schild aus Kriegszeiten stamme