Schwarzenau. „Als erstes sollte man sich dafür einsetzen, dass das Behelfsheim in Schwarzenau unter Denkmalschutz gestellt wird“, fordert Günter Hirschhäuser.

„Das ist gar keine Frage. So etwas muss als Denkmal erhalten werden. Wenn sich da eine Initiative gründet, will ich das gerne unterstützen“, macht der Bad Berleburger Ehrenvorsitzende des Verkehrs- und Heimatvereins, Günter Hirschhäuser, klar. Der 88-Jährige hat große Sympathien für die Idee des Beddelhäusers Thomas Löcker, ein heruntergekommenes Behelfsheim aus den 1940er Jahren wieder aufzubauen. Probleme bereitet aktuell nur die Tatsache, dass die Behelfsheime ohne Baugenehmigungen errichtet worden waren, in vielen Fällen heute als sogenannte „Schwarzbauten“ gelten und abgerissen werden müssten. Ohnehin sind nur noch weniger dieser ärmlichen Holzhäuschen erhalten.

125 Behelfsheime allein in Bad Berleburg

„In Bad Berleburg soll es vor und nach dem Krieg 125 dieser Behelfsheime gegeben haben“, weiß Hirschhäuser und zitiert aus einem Artikel der Wittgensteiner Heimatzeitung. Der damalige Berleburger Stadtdirektor Noack hatte diese Zahl genannt, so Hirschhäuser. Den Bad Berleburger wundert das nicht. „Die Behelfsheime wurden ja auch bei der Firma Stark & Söhne hergestellt. Das war in etwa da, wo heute der Hit-Markt steht“, erinnert sich Hirschhäuser. Für ihn ist klar: So ein Stück Heimatgeschichte muss erhalten werden. „Als erstes sollte man sich dafür einsetzen, dass das bestehende Behelfsheim in Schwarzenau unter Denkmalschutz gestellt wird“, fordert er auch, um dem drohenden Abriss einen Riegel vorzu schieben.

In den 1950er Jahren zieht der Schützenfestumzug über die Landstraße am Behelfsheim neben der Oberförsterei vorbei. Der Schwarzenauer Karl Heinz Bender erforscht die Geschichte der Behelfsheime in seinem Heimatort. In seinem Fundus hat er auch einige alte Fotos von den Holzhäuschen, in denen Flüchtlinge oder Ausgebombte in den 1940 und 1950 Jahren untergebracht waren.
In den 1950er Jahren zieht der Schützenfestumzug über die Landstraße am Behelfsheim neben der Oberförsterei vorbei. Der Schwarzenauer Karl Heinz Bender erforscht die Geschichte der Behelfsheime in seinem Heimatort. In seinem Fundus hat er auch einige alte Fotos von den Holzhäuschen, in denen Flüchtlinge oder Ausgebombte in den 1940 und 1950 Jahren untergebracht waren. © WP | Privat

Einer der sich ebenfalls gut mit den Behelfsheimen auskennt, ist der Schwarzenauer Karl Heinz Bender. Er recherchiert die Hintergründe für sein Heimatdorf. Die Behelfsheime – ob mit Spitz- oder Pultdach – wurden Ende der 1940er Jahre schnell errichtet, um Wohnungsnot zu lindern, Flüchtlingen, Ausgebombten und Vertriebenen ein Dach überm Kopf zu bieten. Bender: „In den meisten wohnten gar keine Fremden, sondern Angehörige von Schwarzenauern, die nach Wittgenstein zurückgekommen sind. Da wurde dann geschaut, wo Platz im Garten ist, um die Heime zu errichten.“

Aktenfund im Stadtarchiv

In einem vereinfachten Verfahren waren für diese Häuser keine Baugenehmigungen nötig. Dass aber durch Behörden dennoch viel geregelt wurde, zeigt ein Dokument des Landkreises Wittgenstein aus dem August 1946, das Bender im Bad Berleburger Stadtarchiv gefunden hat. Das mit Schreibmaschine beschriebene Blatt befasst sich mit der „Bewirtschaftung der Behelfsheime“, wurde vom Kreiswohnungs- und Planungsamt an die Amtsverwaltungen geschickt. Im konkreten Fall ist es ein Durchschlag aus der Amtsverwaltung Arfeld. Die war für Schwarzenau zuständig.

Thomas Löcker (64) aus Bad Berleburg möchte das alte, verfallene Behelfsheim an der Landstraße 553 in Schwarzenau retten. Er kennt das 25-Quadratmeter-Häuschen noch aus seiner Jugend und könnte sich vorstellen daraus ein Ferienhäuschen am Radweg zu machen - mit Denkmalwert. Das haus könnte dann an seine Geschichte als Flüchtlingswohnung aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs erinnern.
Thomas Löcker (64) aus Bad Berleburg möchte das alte, verfallene Behelfsheim an der Landstraße 553 in Schwarzenau retten. Er kennt das 25-Quadratmeter-Häuschen noch aus seiner Jugend und könnte sich vorstellen daraus ein Ferienhäuschen am Radweg zu machen - mit Denkmalwert. Das haus könnte dann an seine Geschichte als Flüchtlingswohnung aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs erinnern. © WP | Lars-Peter Dickel

Der Kreis hatte die Richtlinien am 2. August 1946 erlassen, um die Behelfsheime zu erhalten und den Abbruch solcher Bauten zu verhindern. Familien, die wegzogen, durften „ihre“ Behelfsheime nur dann nach Orten außerhalb des Kreises mitnehmen, wenn ihnen dort keine Wohnung zugewiesen werden konnte. Und Spekulantentum wurde ausgeschlossen. Wer ein Behelfsheim verkaufte, musste nicht nur den Bauzuschuss des Staates in Höhe von 1700 Reichsmark zurückzahlen, sondern auch den Gewinn, den er mit dem Verkauf erzielt hätte. Ohnehin unterlag der Verkauf einer Genehmigung durch den Kreis.

15 Reichsmark Mieter für ein „Sauerland-Haus“

Auch die Miethöhe ist angegeben. Sie lag für einfache Ausführungen bei 10 Reichsmark und Monat und bei 15 Mark für eines vom Typ „Sauerland“. Das ist die Bauart mit dem Spitzdach, die Thomas Löcker gerne wieder im Originalzustand herstellen möchte, um daraus ein als Ferienhaus genutztes Museum zu machen. „An der Idee halte ich auch weiter fest“, sagt der Zimmermann.

Die Landschaftsaufnahme aus dem Winter zeigt Schwarzenau und  links neben dem Geschäft Imhof das Behelfsheim, das der Beddelhäuser Thomas Löcker retten will. Der Schwarzenauer Karl Heinz Bender erforscht die Geschichte der Behelfsheime in seinem Heimatort. In seinem Fundus hat er auch einige alte Fotos von den Holzhäuschen, in denen Flüchtlinge oder Ausgebombte in den 1940 und 1950 Jahren untergebracht waren.
Die Landschaftsaufnahme aus dem Winter zeigt Schwarzenau und  links neben dem Geschäft Imhof das Behelfsheim, das der Beddelhäuser Thomas Löcker retten will. Der Schwarzenauer Karl Heinz Bender erforscht die Geschichte der Behelfsheime in seinem Heimatort. In seinem Fundus hat er auch einige alte Fotos von den Holzhäuschen, in denen Flüchtlinge oder Ausgebombte in den 1940 und 1950 Jahren untergebracht waren. © WP | Privat

Der Schwarzenauer Bernd Julius kann sich auch noch genau an die Familie Olbricht erinnern, die indem Behelfsheim an der Landstraße 553 in Schwarzenau wohnte. „Der Mann kannte sich sehr gut mit Pilzen aus – und viele Schwarzenauer sind mit ihren gesammelten Pilzen dahin gegangen, um sie bestimmen zu lassen“, sagt der pensionierte Verwaltungsbeamte. Und Julius hat auch eine klare Meinung zum Thema fehlende Baugenehmigung und Schwarzbau. „Da sollte sich die Kreisverwaltung ein bisschen bewegen, Spielräume nutzen, um so ein Gebäude zu erhalten.“

Wenn Sie mehr über Behelfsheime in Wittgenstein wissen, dann schreiben Sie uns eine E-Mail an berleburg-westalenpost@funkemedien.de