Bad Berleburg. Aktion „Unser Dorf hat Zukunft“: Die Jury sieht sich in drei Bad Berleburger Ortschaften um. Und die drei Touren sind wirklich spannend.

Hier passiert das Leben: In der Stadt der Dörfer haben die Gemeinschaften in den Ortschaften einen besonderen Stellenwert. Dass die Dörfer dabei nicht nur Wohnort, sondern auch Arbeitsplatz und innovativer Lebensraum mit Zukunft sind, das haben am Mittwoch Arfeld, Hemschlar und Wingeshausen auf ganz vielfältige und unterschiedliche Art unter Beweis gestellt.

Arfeld

Arfeld ist nicht nur die älteste Ortschaft der Stadt Bad Berleburg, sie ist auch eine mit großem Potenzial. Das hat die Bereisung im Rahmen der Aktion „Unser Dorf hat Zukunft“ deutlich gemacht. Seit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 800 hat sich viel getan. Traditionen pflegt das 900-Einwohner-Dorf mit seinen vielen Vereinen und den engagierten Bürgern. Dass die Burschenschaft das älteste Volksfest Wittgensteins mit der in diesem Jahr 390. Ausgabe der Arfelder Kirmes vorweisen kann, ist nur ein Beleg.

Fotostrecke mit Bildern aller drei Touren: Arfeld, Hemschlar und Wingeshausen wollen Gold gewinnen

Arfeld zeigt sich von seiner besten Seite – und dazu zählt auch der neue Kinderspielplatz am Zentrum Via Adrina.
Arfeld zeigt sich von seiner besten Seite – und dazu zählt auch der neue Kinderspielplatz am Zentrum Via Adrina. © Lars-Peter Dickel

Der beliebte Weihnachtsmarkt oder die inzwischen 30. Germanen-Wettkämpfe oder die Grenzgänge sind andere beliebte Volksfeste. Zukunftsfähig macht das Dorf neben den rund 200 Arbeitsplätzen in Industrie, Handwerk und Handel, dass es zwei Bank-Niederlassungen und Lebensmittelgeschäfte vorweisen kann. Und mitten im Ort wird gerade das „Königs-Haus“ renoviert. „Damit haben wir praktisch keinen Leerstand mehr“, erklärt der neue Vorsitzende des Gemeinschaftsvereins, Markus Zode, der gemeinsam mit Ortsvorsteher Kai-Uwe Jochims durch den Ort führt.

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Vom Heimatmuseum Arfelder Schmiede ging es über die Kirche aus dem 13. Jahrhundert zum neuen Kinderspielplatz und dem Zentrum Via Adrina. Hier werden die Tausenden Stunden Eigenleistung deutlich, die die Bevölkerung bei der 18.000 Quadratmeter großen Schuhleistenfabrik Hartmann eingebracht hat. Entstanden ist hier ein neues Dorfgemeinschaftshaus mit Museen, Café, Biergarten, Wohnmobilstellplätzen und dem neuen Feuerwehrgerätehaus.

Hemschlar

Hemschlars Ortsvorsteher Helmut Janner (links) nimmt den Scheck über 2500 Euro von Landrat Müller entgegen.
Hemschlars Ortsvorsteher Helmut Janner (links) nimmt den Scheck über 2500 Euro von Landrat Müller entgegen. © Lisa Klaus

Hemschlar konnte sich beim Rundgang als Dorf präsentieren, das sowohl junge als auch ältere Menschen in das Dorfleben involviert. So lobte Ortsvorsteher Helmut Janner die Rentnergruppe, die bedeutend in die Renovierung des Dorfgemeinschaftshauses involviert war. Aber auch Kinder und Jugendliche beteiligen sich – das zeigte schon das Video zum Beginn des Rundgangs, das von Hemschlarer Kindern an wichtigen Eckpunkten des Dorfes moderiert wurde. Dabei war auch das Jugendhaus ein Thema – eine Hütte am Ortseingang, die die Jugendlichen selbst hergerichtet hatten. Auch der Honig und die Bienen begegneten den Besuchern immer wieder – beheimatet das Dorf doch fünf Imker und hat vor kurzem Automaten mit Samen für bienenfreundliche Blumen aufgehängt, die „Bienenretter“.

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Wingeshausen

Einen guten Eindruck habe er hinterlassen, der „Flächenort“ Wingeshausen, sagte Dr. Waldemar Gruber von der Bewertungskommission nach einer Bus-Tour entlang der wichtigsten Stationen wie dem Hochzeitsweg, der beiden neuen Aussichtsplattformen, dem alten Backhaus am Polizeyweg, dem Skilift am Christseifen, dem SGV-Rastplatz „Bockeshorn“ und natürlich der Wisent-Wildnis samt Naturspielplatz. Und gerade die Wisente hätten dem Ort auch einen deutlichen Schub gegeben, so Gruber.

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Beeindruckt: Gerade hat sich die Kommission das Lehrschwimmbecken neben der Grundschule in Wingeshausen angesehen, das von einem Förderverein betreut wird.
Beeindruckt: Gerade hat sich die Kommission das Lehrschwimmbecken neben der Grundschule in Wingeshausen angesehen, das von einem Förderverein betreut wird. © Eberhard Demtröder

Er lobte außerdem das gepflegte Wanderparadies, in das Wingeshausen eingebettet ist. Und die Aktivitäten der örtlichen Vereine, zum Teil in Kooperation mit Nachbarorten. Und: Gruber riet den Wingeshäusern dringend, demnächst das 9-Euro-Ticket zu nutzen, initiiert von der Bundesregierung. Wer dieses Ticket besitzt, darf damit in den Monaten Juni bis August den Nahverkehr in ganz Deutschland nutzen – egal, ob Bus oder Bahn. Und damit könne man auch Touristen anlocken, machte Gruber deutlich.

Vergangenheit, Probleme und Zukunft

Arfeld und die anderen Dörfer wollten auf jeden Fall mitmachen“, lautet die einfache Erklärung, die Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann bei der Begrüßung abgab. Weil die Mindestanzahl an Teilnehmern für einen Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ – der ursprünglich schon 2021 stattfinden sollte und auf 2022 verschoben wurde – in diesem Jahr nicht zustande gekommen ist, Fuhrmann aber den drei Ortschaften Arfeld, Hemschlar und Wingeshausen die Chance bieten wollte, sich auf Landesebene zu präsentieren, hat eine Kommission unter Vorsitz von Dr. Waldemar Gruber von der Landwirtschaftskammer NRW die drei Stadtteile besucht.

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Gruber ist zuständig für den Dorfwettbewerb, Regionalentwicklung und Klimaschutz. Gruber erläuterte, was die Kommission alles bewertet: „Uns interessiert: Was ist in der Vergangenheit passiert? Wo liegen die Probleme? Und was ist für die Zukunft geplant?“

Begrenzte Zeitfenster

Alle drei Ortschaften hatten ein begrenztes Zeitfenster von 90 bis 120 Minuten, um ihre Entwicklung zu skizzieren und die siebenköpfige Kommission zu beeindrucken. „Wir werden immer im Sinne der Dörfer entscheiden“, formulierte Dr. Gruber seinen Grundsatz.

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Mit von der Partie war auch Landrat Andreas Müller. Der hatte nicht nur Glückwünsche, sondern auch Geld im Gepäck. Jede Ortschaft, die sich für den nicht durchgeführten Kreiswettbewerb beworben hat, erhält nach dem Beschluss des Kreistages 2500 Euro. Die wurden im Rahmen der Bereisung an die Dorfgemeinschaften übergeben. Das Geld stammt aus dem Topf mit 10.000 Euro, der als Preisgeld für die Gewinner vorgesehen war. Aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein hatten sich nur fünf Ortschaften angemeldet.