Wittgenstein. Die Zahl der Schulschwänzer ist in den letzten Jahren kreisweit gestiegen – und das kann ziemlich teuer werden. Die aktuelle Lage im Altkreis.
Mobbing, Angst, wenig Erfolgserlebnisse, familiäre Probleme – es gibt zahlreiche Gründe, warum Kinder und Jugendliche nicht mehr in die Schule gehen wollen. Nicht immer ist das Fernbleiben vom Unterricht darauf zurückzuführen, dass der Schüler oder die Schülerin schlicht keine Lust hat. Es können sich auch ernsthafte psychische Probleme dahinter verbergen. Doch: In Deutschland gibt es eine Schulpflicht – je nach Bundesland dauert diese mindestens bis zur 9. oder 10. Klasse an. Und: Langes Fortbleiben von der Schule kann ziemlich teuer werden. Schulschwänzen ist eine Ordnungswidrigkeit, die unter Umständen mit einem Bußgeld geahndet wird.
Im gesamten Kreis Siegen-Wittgenstein ist die Zahl dieser Ordnungswidrigkeiten von 95 im Schuljahr 2012/13 auf 215 im Schuljahr 2018/19 angestiegen – 59 Bußgelder betrafen dabei die Schüler, 97 die Eltern. Das geht aus einer Tabelle hervor, die dem Kreis Siegen-Wittgenstein bereits im Ausschuss für Schule, Weiterbildung und Sport am 26. November 2019 vorlag. Doch wie ist die Lage in den Wittgensteiner Kommunen heute? Werden dort Schüler vom Ordnungsamt in die Schule gebracht?
In Bad Laasphe
In Bad Laasphe spielt das Thema „Schulschwänzer“ für das Ordnungsamt erfreulicherweise nur eine sehr untergeordnete Rolle und taucht im Tagesgeschäft wirklich nur äußerst selten auf, wie die Stadt auf Nachfrage mitteilt. „In den vergangenen zehn Jahren gab es nur rund eine Handvoll Fälle, bei denen das Ordnungsamt im Rahmen einer sogenannten „zwangsweisen Schulzuführung“ tätig werden musste“, so die Stadt. Dann wurden die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen in der Regel nach einem entsprechenden Hinweis der Schule zu Hause abgeholt und zum Unterricht gebracht.
„Es gab auch mal den Fall, dass an mehreren hintereinander folgenden Tagen schulpflichtige Kinder zur Schulzeit auf dem Rathausspielplatz gesehen wurden. Hier sprachen die Kollegen des Ordnungsamtes die Kinder an und brachten sie nach einer entsprechenden Prüfung des Sachverhaltes ebenfalls in ihre Klassen.“ Es sei richtig, dass das Ordnungsamt das Recht besitzt, in diesen Fällen Bußgelder zu verhängen. „Von dieser Option musste bis dato aber noch nicht Gebrauch gemacht werden. Bislang haben sich die Kinder und Jugendlichen nach dem entsprechenden Gespräch mit den Kollegen immer einsichtig gezeigt“, so die Verwaltung. Wiederholungsfälle seien im Ordnungsamt noch keine aufgetreten.
In Bad Berleburg vereinzelt Fälle
Und wie schaut es in Bad Berleburg aus? „Es kommtdurchaus zu Fällen, in denen Bußgelder festgesetzt werden. Schulzuführungen sind hingegen sehr selten“, heißt es auf Nachfrage unserer Redaktion aus der Abteilung Schulen der Stadt Bad Berleburg. Doch gab es einen Wandel, denn: „Ohnehin hat sich die Unterrichtssituation seit März 2020 coronabedingt gewandelt, phasenweise ist der Präsenzunterricht entfallen und es ist zum sogenannten „Home-Schooling“ oder zu hybriden Unterrichtsformen gekommen.“
In Erndtebrück keine Fälle in den vergangenen zehn Jahren
In Erndtebrück gab es „in den letzten zehn Jahren keine Fälle, bei denen Schulschwänzer durch das Ordnungsamt zurück in die Schule gebracht werden mussten“, so die Gemeinde Erndtebrück.
Bußgelder und rechtliche Konsequenzen
Dass regelmäßiges Fortbleiben vom Unterricht teuer werden kann, zeigt auch der Bußgeldkatalog. Demnach kann ein Verstoß gegen die Schulpflicht in NRW bis zu 1000 Euro kosten. Sind die Schüler noch nicht 14 Jahre alt, betrifft dies ihre Erziehungsberechtigten. (Quelle: bussgeldkatalog.org). Wie die Grafik zeigt, sind die Verfahrensverläufe sehr unterschiedlich. So wurden von den kreisweit 215 Ordnungswidrigkeiten im Schuljahr 2018/19 lediglich 40 durch Bezahlen eines Bußgeldes und 16 durch Umwandlung in Sozialstunden oder Jugendarrest abgeschlossen. 61 wurden eingestellt – unter anderem, weil „anzuerkennende Atteste vorgelegt wurden“, heißt es in der Vorlage.
Unabhängig davon, welche Gründe letztendlich zur Schulverweigerung führen, handelt es sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit, welche entsprechend mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Bis der Schüler das 14. Lebensjahr erreicht hat, können allerdings nur die Eltern mit einer Geldbuße belegt werden. Diese tragen die Verantwortung dafür, dass ihre Kinder die Schule besuchen. Haben die Sprösslinge das 14. Lebensjahr bereits beendet, können auch sie mit einem Bußgeld belegt werden.
Interessant: In einigen Bundesländernkann eine Schulverweigerungauch strafrechtliche Folgen haben. Im Saarland, in Hessen und in Bremen riskieren Schulverweigerer eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen.