Wittgenstein. Ukraine-Krieg: Viele Wittgensteiner zeigen Hilfsbereitschaft und wollen spenden, doch das ist nicht so einfach. Eine Ukrainerin berichtet.

Zahlreiche Demons­trationen, Spendenaktionen und Beiträge in den sozialen Medien – die Anteilnahme an den derzeitigen Ereignissen in und um die Ukraine bei den Menschen ist groß, auch in Wittgenstein. Spenden- und andere Hilfsaktionen – die Menschen hier in der Region möchten ein klares Zeichen setzen gegen den Krieg. Und sie möchten helfen. Denn: Auf beiden Seiten bangen zahlreiche Familien um ihre Angehörigen. Um Menschen, die sie lieben.

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„Es ist aktuell sehr schwer für uns und ich wünsche es niemandem“, sagt eine junge Wittgensteinerin, deren Neffe in der Ukraine lebt. Gemeinsam mit seiner Frau und dem kleinen Kind waren sie zwei Tage lang unterwegs – von Donbass an die ungarische Grenze. Dort kamen sie nun bei Bekannten unter. „Das Kleine wird am 14. März ein Jahr alt“, so die Wittgensteinerin, die sich noch gut an den Donnerstag erinnert. „Ich wollte mir eine Tasse Kaffee machen und kam versehentlich am Handy auf den Kontakt meiner Schwägerin. Sie rief zurück und sagte: Es ist Krieg. Ich war am zittern und hatte Panik.“ Ihre Tante befindet sich immer noch in Donbass – wie es ihr geht, weiß sie nicht.

Gemeinsam gegen einen Krieg

Medizinisches Material – das ist im Moment wohl besonders wichtig für die Bevölkerung in der umkämpften Ukraine.
Medizinisches Material – das ist im Moment wohl besonders wichtig für die Bevölkerung in der umkämpften Ukraine. © Ermila Vodyana

„Wir wollten privat unter anderem Mullbinden sammeln, für die Menschen dort und privat an die ungarische Grenze bringen.“ Doch das sei nicht mehr möglich, so die Wittgensteinerin. Viele nutzten die Situation aus, überfielen Autos und Co. „Wir kommen nicht mehr durch.“ Nun hofft sie, dass sie zumindest finanziell als Privatpersonen helfen können. Und dass sich alle gesund wiedersehen. „Es geht mir dabei ums Menschliche. Auf beiden Seiten leiden derzeit viele Menschen – egal, ob auf ukrainischer oder russischer. Krieg ist schlecht – egal wo.“

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Auch Marius Willert aus dem Raum Bad Berleburg möchte helfen. Auf unserer Facebookseite schreibt er, dass er sich gut vorstellen könnte, Menschen aus der Ukraine bei sich aufzunehmen, die derzeit aus dem Land fliehen. „Für mich war von Anfang an klar, dass ich diese Menschen bei mir aufnehmen möchte. Ich wünsche mir nur, dass dieses einfach und unkompliziert vonstatten gehen würde. Die Zivilisten können am wenigsten dafür. Wir können nur das beste hoffen, dass es nicht eskaliert.“ Jede freie Minute verfolgt er das aktuelle Geschehen.

Jugend der Parteien spricht mit einer Stimme

DRK: Keine Chance für private Sachspenden

Um die Ukraine zu unterstützen, ruft das DRK derzeit bundesweit zu Geldspenden auf. Das berichtet der Sprecher des DRK-Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein. Ferner werde derzeit ein Netzwerk für Sachspenden von Unternehmen aufgebaut.

Sachspenden von privat werden laut Sting derzeit nicht angenommen, „weil wir sie nicht zuverlässig in die Ukraine bringen können“.

Geschlossen präsentiert sich auch der politische Nachwuchs in Siegen-Wittgenstein. Die Jungen Liberalen, die Junge Union, die Jusos und die Grüne Jugend beziehen gemeinsam Stellung: Sie fordern gemeinsam zum Frieden auf und bekunden ihre Solidarität mit der Ukraine. „In Europa ist Krieg ausgebrochen. Das russische Regime hat menschenverachtende Angriffe auf die Ukraine begonnen. Es wird von hunderten militärischen wie auch zivilen Opfern berichtet und es gibt keine Aussicht auf Frieden“, schreiben sie und betonen: „Krieg in Europa war und eigentlich ist es auch immer noch etwas, das wir uns nicht vorstellen können. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Familien, die dieser Wahnsinn schon gekostet hat und noch kosten wird. Ebenso denken wir an die vielen Menschen, die in Angst vor dem Krieg fliehen und ihre Heimat zurücklassen müssen und an die, die in Angst um ihre Eltern, ihre Kinder, ihre Freunde und Verwandte sind. Wir fordern den Kreis und die Kommunen bei uns in Siegen-Wittgenstein auf, alles zu tun, um die Vertriebenen dieses Krieges bei uns aufzunehmen.“

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Unterdessen bereitet sich der DRK-Kreisverband Siegen-Wittgenstein unter anderem darauf vor, sich „um Flüchtlinge zu kümmern, wenn sie zu uns nach Siegen-Wittgenstein kommen sollten“, so DRK-Sprecher Marcus Sting. Dann sei beispielsweise ein Einsatz in einer reaktivierten Flüchtlingsunterkunft am Spielacker in Bad Berleburg durchaus denkbar – sicher sei aber noch nichts, einen konkreten Auftrag gebe es nicht. In der ehemaligen Rothaarklinik hatte sich das DRK bereits engagiert, als sie in den 2010er Jahren für Flüchtlinge und Asylbewerber genutzt wurde.