Bad Berleburg/Bordeaux. Bad Berleburger berichtet in seinem Reisetagebuch von der Idee, auf einem 100 Jahre alten Schoner co²-neutral Kakao zurück nach Europa zu holen.

Meine Reise beginnt bereits am 26. Januar. Ich sitze in meinem alten Zimmer in Bad Berleburg und der Boden ist bedeckt mit all den Sachen, die ich auf der Überfahrt benötigen werde. Und da fängt das Problem schon an. Was benötigt man auf einer Reise, die mich durch alle Jahreszeiten auf einem 100 Jahre alten Gaffelschoner mit vorher nie ausgeführten Tätigkeiten schickt? Erfahrungsberichte und Tipps von Bekannten helfen und dennoch durchdenke ich jedes Kleidungsstück, jedes Werkzeug und jeden Hygieneartikel mehrfach, bevor es letztendlich in den Seesack wandert.

5. Februar - Samstag

Hier hat die  Avontuur im Hafen von Bordeaux an der Pier der Gironde festgemacht.
Hier hat die Avontuur im Hafen von Bordeaux an der Pier der Gironde festgemacht. © Kilian Laurenz Hof | Kilian Laurenz Hof

Zehn Tage später sehe ich das Schiff Avontuur an der Pier der Gironde liegen. Es ist etwas seltsam als ich ankomme, da sich die alte Crew gerade voneinander verabschiedet und von meiner Crew erst ein Shipmate (so nennen wir die Mitsegler*Innen) angereist ist. Die anderen kommen nach und nach. Der Vorteil der früh angereisten: Sie können sich ihre Schlafnische aussuchen. Der Tag ist mit kleineren Aufgaben an Deck ausgefüllt und wir lernen uns alle etwas besser kennen. Ganz wichtig für uns Shipmates ist die Bootsfrau Christian. Sie gibt alle praktischen Kommandos an Board und führt mit uns auf See die Segelmanöver durch. Für heute bleibt es beim Aufräumen des Stauraumes im Bauch des Schiffes, damit übermorgen die Fracht entladen werden kann. Ich beende den Tag mit meiner ersten Wache von 20 Uhr bis 24 Uhr. Im Hafen geht es hauptsächlich darum, die Festmacherleinen des Bootes immer wieder anzupassen.

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6. Februar - Sonntag

Für heute Vormittag steht die Einweisung in das Schiff an und heute Nachmittag werden wir mit zwei wichtigen Szenarien - Feueralarm und Evakuierung - vertraut gemacht. Uns wird erklärt, dass es neun Feuerlöscher auf der Avontuur gibt, die alle Namen haben, damit wir uns besser merken können, wo sie stehen. So steht der Feuerlöscher Polenta in der Küche und Powernap im Schlafraum. Die Evakuierung ist ebenfalls eine notwendige Pflichtübung für Neulinge. Natürlich wird das Schiff nur im äußersten Notfall verlassen. Dennoch ist es wichtig zu wissen, wer welche Aufgaben in einem solchen Notfall zu erledigen hat. Es gibt zwei Rettungsinseln, die im Extremfall ins Wasser geworfen werden und sich dort von alleine aufpusten. In der Rettungsinsel ist Trinkwasser und Nahrung für 16 Personen für eine Woche enthalten. Außerdem gibt es automatisch auslösende Satellitensignale, die ein umfassendes Sicherungsnetzwerk in Gang setzen, sollte das Schiff sinken. Beeindruckend, was alles erfunden und entwickelt wird, damit es uns gut geht.

7. Februar - Montag

Heute wird das Schiff entladen und das heißt mehr oder weniger Pause für die Schiffsbesatzung. In Bordeaux ist es so geregelt, dass die Hafenarbeiter die Entladung vornehmen.
Heute wird das Schiff entladen und das heißt mehr oder weniger Pause für die Schiffsbesatzung. In Bordeaux ist es so geregelt, dass die Hafenarbeiter die Entladung vornehmen. © Kilian Laurenz Hof | Kilian Laurenz Hof

Heute wird das Schiff entladen und das heißt mehr oder weniger Pause für die Schiffsbesatzung. In Bordeaux ist es so geregelt, dass die Hafenarbeiter die Entladung vornehmen. So ganz arbeitslos war ich dann aber doch nicht, da ich jeden einzelnen der 450 Säcke Kakao und Kaffe zählen musste. Außerdem war an der Pier einiges los - einer der Fotografen fiel beim Versuch, ein Foto zu schießen, mitsamt Kamera ins Wasser und konnte nur mit vereinter Anstrengung an Bord gezogen werden. Im Nachhinein ist alles gut ausgegangen und wir haben gleich eine wichtige Lektion gelernt. Es ist gar nicht so leicht, einen nassen Mann in Kleidung an Bord zu hieven. Besser man fällt nicht ins Wasser. Am Ende des Tages konnten wir dann noch den Unterschied zwischen einem traditionellen Flaschenzug und einem modernen Kran am eigenen Leib erfahren. Zwei Fässer mit Rum mussten außerplanmäßig wieder zurück aufs Schiff gebracht werden und die Hafenarbeiter waren schon weg. Mit viel Schweiß, Flaschenzügen und den richtigen Fallen (so heißen die Seile auf einem Segelschiff) gelang es uns auch ohne maschinellen Kran. Auch wenn es wesentlich länger dauerte und auch anstrengender war, macht es Spaß und es ist sehr interessant, die Technik eines traditionellen Krans zu verstehen und anzuwenden. Ich möchte nicht aufhören zu schreiben, ohne dass ich unsere Köchin erwähne. Mats ist eine Gourmetköchin aus der Schweiz und versorgte uns in den ersten drei Tagen mit ausgezeichnetem Essen. Gemüse, Fisch und leckerem Risotto. Morgens köstlicher Obstsalat und saftiges Brot. Die Mahlzeiten sind für alle ein Highlight. Mit diesen ersten Erfahrungen und Eindrücken können wir es kaum erwarten, die Avontuur auf hoher See zu segeln und es wird Zeit, dass es morgen heißt: Leinen los, Kurs Teneriffa.

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WP_Reiseroute_Avontuur_3sp105mm © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Aus Teneriffa wird sich Kilian Hof in ein paar Wochen erneut melden.