Wittgenstein. Diesel oder Benzin an der Tankstelle, aber auch Heizöl für den Winter wird immer teurer – was bedeutet das für die Kundschaft in Wittgenstein?
Die Preise an den Zapfsäulen auch in Wittgenstein bewegen sich inzwischen gefährlich nahe an der Zwei-Euro-Marke. Dazu im Gespräch mit unserer Redaktion: ein Betriebswirt, ein Landwirt, eine Unternehmenssprecherin und ein Tankstellen-Inhaber.
Das sagt der Betriebswirt
Der Benzinpreis: Er wird an den Tankstellen wird schon bald durch die Decke gehen – davon überzeugt ist Michael Ermert, Geschäftsführer der Westmarkt Raiffeisen-Warengenossenschaft eG Bad Laasphe. „Wir werden im Frühjahr sicherlich Gefahr laufen, bei zwei Euro zu liegen“, sagt der Diplom-Betriebswirt (DG) im Gespräch mit unserer Redaktion – „damit muss man fast rechnen“. Die aktuellen Preise trügen die Kundinnen und Kunden der Raiffeisen-Tankstelle ja „noch mit Fassung“, sagt Ermert – aber wohl nur „bis zu einem Punkt X“, vermutet er. Vielleicht die erwähnte Zwei-Euro-Schwelle? Nicht unbedingt, so Ermert – auf jeden Fall aber spätestens dann, wenn sie merkten, dass ihr Haushaltsbudget deutlich eingeschränkt werde.
„Kunden überlegen sich Volltanken zweimal“
Anhand des gestiegenen Spritpreises ,,überlegen die Kunden sich das Volltanken zweimal“, so der Tankstellen-Betreiber York Thorsten Zacharias aus Schwarzenau. Bei den Kunden herrsche ,,Verärgerung“ über die steigenden Preise, zumal vor allem hier in den ländlichen Regionen viele Menschen auf das Autofahren angewiesen seien.
Da der Preis über den Tag variiere, tankten viele erst nachmittags bis abends, was lange Warteschlangen zu dieser Zeit vor den Zapfsäulen zur Folge habe. Somit sei um die Mittagszeit kaum Kundschaft vor Ort, berichtet Zacharias.
Unter den steigenden Preisen und dem Verlust der Kunden litten aber vor allem die Tankstellen und ihre Mitarbeiter, da so der Absatz sinke. Doch Zacharias denkt nicht, ,,dass der Sprit in Zukunft günstiger wird“. Ein Grund dafür sei besonders der Anstieg der CO2-Steuer, der zudem von der zukünftigen Bundesregierung beeinflusst wird.
Die Steuerlast: Ermert kalkuliert zum Jahreswechsel mit einer Erhöhung der CO2-Steuer von 8,04 Cent pro Liter bei Heizöl-Diesel und 7,2 Cent beim Benzin. Ohnehin liege die Steuerlast pro Liter in beiden Fällen mit 61 und knapp 75 Cent deutlich höher, „als es das Produkt wert ist“ – reiner Importpreis pro Liter nämlich: lediglich 55 Cent. Was den Rohstoff-Markt betrifft, sieht Ermert eine ähnliche Entwicklung wie 2009/10 bei der Immobilien-Blase mit Preisen, die aus reiner Spekulation etwa an den Börsen in die Höhe gehen – und vielleicht erst im Herbst kommenden Jahres wieder „nach unten rauschen“. Von solchen Effekten sei derzeit im Grunde der gesamte Energiesektor betroffen, etwa auch die Stromversorgung.
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Der Einkauf: Die aktuell hohen Preise haben bei der Raiffeisen in Bad Laasphe auch Auswirkungen auf den Einkauf. Beispiel Heizöl: „Wir kaufen das sofort nach, was der Kunde nachfragt“, berichtet Michael Ermert – „weil uns bei der Unruhe im Markt sonst die Preise weglaufen.“ Beim Benzin sieht das etwas anders aus: „Da tun sich die Anbieter preislich nichts“, so Ermert. Deshalb: „Wir kaufen zum Monatsdurchschnittspreis ein – das ist das Sicherste.“
Die Pellets: Und wie sieht es bei Pellets als Energieträger aus? „Da haben wir zwar gestiegene Preise, aber nicht so extrem“, so Ermert. Pellets würden im Winter aber auf jeden Fall teurer, weil dann die Nachfrage höher sei.
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Die Lieferung: Oft sei das größte Problem gar nicht der Preis, so der Geschäftsführer – vielmehr fehle es an Personal für den Transport. „Auch wir laufen hier absolut am Limit“, so Ermert. „Da gehen die Lieferzeiten oft in die Monate.“ Sein Tipp an den Verbraucher: „Möglichst früh ordern.“ Denn mit fallenden Preisen sei dieses Jahr ohnehin nicht mehr zu rechnen. Außerdem seien Lieferungen in letzter Minute deutlich teurer.
Die Preis-Entwicklung: Und wie hat sich der Preis im Laufe der letzten Jahre entwickelt? Michael Ermert macht das am Heizöl deutlich. Schon 2019 habe der Preis etwas höher als üblich gelegen. Dann habe er „einen kleinen Dämpfer durch Corona“ bekommen – und sei seit Oktober 2020 um immerhin 114 Prozent gestiegen. Ganz ähnlich beim Benzin: Hier habe die Steigerung zwar nur bei 35 Prozent gelegen, doch auch hier sei der Preis binnen eines Jahres um 30 bis 35 Cent gestiegen.
Das sagt die Industrie
Der Dieselpreis: Beim Bad Berleburger Sportböden- und Dämmstoff-Hersteller Regupol BSW ist vor allem der Werksverkehr zwischen den Produktionsstätten von den Preis-Steigerungen beim Diesel betroffen. „Das ist notwendig und da können wir nichts einsparen“, sagt Sprecherin Elke Sondermann-Becker über die Firmen-Lastwagen, die zwischen Bad Berleburg und Raumland pendeln. „Auf den Dieselpreis haben wir keinen Einfluss“, das sei eine Markt-Gegebenheit. Klar sei nur eines: „Diese Preis-Steigerung werden wir kurzfristig nicht an unsere Kunden weitergeben.“
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Das sagt der Landwirt
Die Belastung: Der gestiegene Sprit-Preis – „das macht uns natürlich sehr stark zu schaffen“, sagt Kreislandwirt Lothar Menn aus Erndtebrück. Vor allem „wenn man bedenkt, dass wir vor einem halben Jahr noch 50 Cent weniger bezahlt haben“. Und je nachdem, wie groß so ein landwirtschaftlicher Betrieb sei, „gehen da schon einige Liter durch“, so Menn – „das tut weh“. Vor allem in diesem Jahr, wo die Ernte gut gewesen sei und man häufig draußen auf dem Feld gewesen sei. Das habe in den eher schlechten Ernten in den letzten drei Jahren anders ausgesehen.
Die Milchpreis-Hoffnung: „Jetzt hoffen wir mal, dass der Milchpreis noch ein bisschen steigt“, so Lothar Menn – das könnte ein guter Beitrag sein, um die Steigerungen beim Sprit-Preis wenigstens etwas zu kompensieren. Und dann setzt der Kreislandwirt darauf, dass die Preise im nächsten Frühjahr endlich wieder sinken. Denn Einsparungen etwa beim Einsatz der Landmaschinen, die mit Diesel fahren, seien „praktisch nicht möglich“.
Die Zwei-Euro-Panik: An einen Spritpreis von zwei Euro im kommenden Jahr mag Lothar Menn nicht glauben. „Da wird auch viel Panik gemacht“, meint er.
Mein Tipp: Apps helfen beim Sparen
Ich war bisher nie einer dieser Sprit-Sparhaie. Wenn man aber plötzlich mit den 30 Euro, mit denen man noch vor kurzem oftmals noch den gesamten Tank voll machen konnte, gerade nur noch die Hälfte füllen kann, dann ist es einem doch zu schade um das Geld. Jedem, der sich jetzt auch Gedanken ums Sparen beim Tanken macht, kann ich Apps, die die aktuellen Preise an den Tankstellen auflisten und Hinweise geben, nur empfehlen.
Dort erfährt man auf einem Blick, um wieviel Uhr der Preis am niedrigsten ist und ob es sich lohnt, noch zu warten, sofort zu tanken oder ein paar Kilometer weiter zur nächsten Tankstelle zu fahren – 1,68 statt 1,78 Euro macht dann schon etwas aus. Mit dem Suchwort „tanken“ im App-Store werden einem gleich sechs Apps mit sehr guten Bewertungen vorgeschlagen – und die sind unter anderem auch in kostenfreien Versionen zu haben.