Girkhausen/Wittgenstein. In Girkhausen und anderen Wittgensteiner Orten geht die Sorge um, dass Windkraft und massive Naturschutzauflagen das Leben negativ beeinflussen.

Windkraftanlagen in direkter Nähe zum Dorf, Naturschutz-Regelungen, die die Land- und Forstwirtschaft und auch die Entwicklung von Gewerbebetrieben einschränken. Die Sorgen vieler Bürger im Bad Berleburger Ortsteil Girkhausen stehen stellvertretend für die anderer Wittgensteiner. Hintergrund ist der Entwurf der Regionalplanung, der vor allem eines offenlegt: Einen Mangel an Informationen, weil abseits der politischen Gremien und der Zeitungsberichterstattung nur wenig zu den Betroffenen durchdringt.

„Mich hat ein Auswärtiger auf die Sache hingewiesen“, gesteht Girkhausen Ortsvorsteher Timo Florin. „Mir war das Ausmaß nicht bewusst“, sagt er und diskutiert am Dienstagabend mit anderen Dorfbewohnern unweit der Fläche, die die meisten der 800 Girkhäuser betrifft. Oben auf dem Homberg unweit der Wegekreuzung auf dem Damberg liegt ein Areal, das laut Regionalplan-Entwurf eine Potenzialfläche für bis zu fünf Windkraftanlagen darstellt. Direkt daneben liegen auch zwei neue geplante Naturschutzbereiche, wie CDU-Ratsmitglied Timo Florin berichtet.

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Diskussion am Ort des Geschehens

Bad Berleburg Windkraft Regionalplan Girkhausen
Bad Berleburg Windkraft Regionalplan Girkhausen © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Zusammen mit der in Girkhausen wohnenden stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Iris Gerstmann und verschiedenen Dorfbewohnern entsteht coronakonform unter freiem Himmel eine rege Diskussion oben auf einer Wegekreuzung. Schnell ist klar, dass viele Girkhäuser den Windkraftanlagen direkt vor der Haustür ablehnend gegenüberstehen.

„Der Ball liegt jetzt bei den Gemeinden“, die Stadt Bad Berleburg schreibe gerade ihre Eingabe, berichtet Iris Gerstmann und macht auch den Dorfbewohnern Mut: „Da kann noch etwas verändert werden.“ Hintergrund sei, dass die Landesentwicklungsplanung mit größerem Maßstab gearbeitet hat. Einige Feinheiten fallen dabei weg. So seien die Kriterien für Windkraftstandorte eben vor allem mit der geringen Bevölkerungsdichte und den Höhenlagen zu begründen, die Windhöffigkeit versprächen. Gründe, die aus Sicht der Kommune und der Anwohner dagegen sprächen, können in Eingaben formulieren.

Helga Klose ist eigentlich für Windkraft, sorgt sich aber davor, das allein in Bad Berleburg zwischen 160 und 170 Anlagen entstehen könnten. Damit wäre Bad Berleburg rechnerisch in der Lage 500.000 Haushalte mit Strom zu versorgen - aber um welchen Preis für die Natur, frag sie.

800 Einwohner betroffen

Mit Blick auf die Potenzialfläche bei Girkhausen und möglichen fünf Anlagen sagt ihr Bruder Ralf Klose: „Die wird jeder der 800 Einwohner sehen können. Die Menschen kommen wegen des sanften Tourismus ins Dorf, kommen die auch noch beim Blick auf diese Industrieanlagen?“

Vier Möglichkeiten für Eingaben

1Wo und wie können sich die Bürger über die Regionalplanung informieren?Der Regionalplan liegt bis einschließlich 30. Juni 2021 öffentlich aus. Eingesehen werden kann er beim Kreis Siegen-Wittgenstein sowie der Bezirksregierung Arnsberg – oder direkt im Internet. Die Stadt Bad Berleburg hat auf ihrer Internetseite eine Themenseite zum Regionalplan-Entwurf erstellt. Unter https://www.bad-berleburg.de/Rathaus/Aktuelles/Regionalplan finden Interessierte alle wichtigen Informationen zum Regionalplan-Entwurf der Bezirksregierung Arnsberg. Dort sind zudem die Auswirkungen des derzeit zur Diskussion stehenden Regionalplan-Entwurfs aufgelistet, außerdem besteht die Möglichkeit den Entwurf und alle relevanten Begleitdokumente zu downloaden. Auf der Seite sind zudem sämtliche Adressen aufgelistet, an die Bürgerinnen und Bürger ihre Einwendungen richten können – Adressat ist stets die Bezirksregierung Arnsberg. Zudem hat die Stadt Bad Berleburg auf ihrem Facebook-Kanal einen entsprechenden Post veröffentlicht, der über den Regionalplan-Entwurf informiert und eine Möglichkeit aufzeigt, um Einwendungen einzureichen. Die Bezirksregierung Arnsberg selbst informiert zudem im Internet unter https://www.bra.nrw.de/kommunalaufsicht-planung-verkehr/regionalrat-und-regionalentwicklung/regionalplan-arnsberg/raeumlicher-teilplan-maerkischer-kreis-kreis-olpe-siegen-wittgenstein-neuaufstellung über die geplante Neuaufstellung des Regionalplans.2Wer darf Einwendungen zum Regionalplan formulieren?Stellungnahmen können während der Auslegungsfrist bis einschließlich 30. Juni 2021 eingereicht werden. Dazu berechtigt sind alle durch die Neuaufstellung des Regionalplans betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Vereine und Institutionen. 3Wie können die Menschen ihre Sorgen übermitteln?Dies ist auf mehreren Wegen möglich:auf dem Postweg an Bezirksregierung Arnsberg, Dezernat 32 – Regionalentwicklung, Seibertzstraße 2, 59821 Arnsberg•per Fax an 02931 82-2520per E-Mail an das Postfach beteiligung-mk-oe-si@bra.nrw.dedurch Einreichen oder mündlich zur Niederschrift. Dies ist zu den Dienstzeiten sowohl bei der Bezirksregierung in Arnsberg als auch beim Kreis Siegen-Wittgenstein möglich.

Gerhard Dickel sieht vor allem die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. „Wir im Rothaargebirge sind mit Eder, Lenne und Ruhr und Lahn das Trinkwasser-Einzugsgebiet für das Ruhrgebiet und Hessen.“ Wenn aber durch die Windkraftanlagen 1000 Hektar Wald verschwänden, habe dies enorme Auswirkungen auf den Wasserhaushalt.

Jörg Homrighausen betreibt auf dem Hof Dambach Landwirtschaft und eine Pension. Er hat doppelt Sorgen. Sein Haus ist ein Einzelgehöft . Deshalb ziehen die Abstandsregeln nicht. „Wir werden die Anlagen immer sehen und hören können“, sagt er und sieht gravierende Auswirkungen auf den Tourismus. Aber auch bei den Naturschutzflächen könnte es Nachteile für eine mögliche Erweiterungen seines Betriebes geben.

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Auswirkungen des Naturschutzes

Timo Florin berichtet davon, dass in Jagdrevieren auf Naturschutzflächen künftig keine neuen Hochsitze mehr errichtet werden sollen und für Grünlandbetriebe der 1. Schnitt im Mai wegfallen könne. Das mache 30 bis 40 Prozent weniger Ernte aus, und dies obwohl Biohöfe maximal 30 bis 40 Prozent Futter zukaufen dürften.

Aber nicht alle sind gegen Windkraft. Andreas Lückel, Waldbesitzer Landwirt und Spediteur frag sich, was den alle dagegen hätten. Aber noch ist weder eine Entscheidung für den Entwurf noch gegen den Entwurf gefallen. Vieles hängt auch von den Eingaben der Betroffenen und der Kommunen ab. Und von bedrohten Arten, wie Schwarzstorch oder Rotmilan.