Bad Laasphe. Das spricht für sich: Viele, die weggezogen sind, kommen auch gern mal wieder vorbei, wenn zum Beispiel in der Straße gefeiert wird.

Es ist Weihnachten. Das ist nicht zu übersehen, wenn man in Moment von der Wasserstraße in der Bad Laaspher Kernstadt auf die Straße „Im Laasphetal“ abbiegt: Von einer Grünfläche grüßen gleich zwei Schneemänner und ein Nikolaus samt Schlitten, beladen mit Geschenken. Und natürlich ist ein Weihnachtsbaum reich geschmückt, beleuchtet sogar – dank Stromleitung aus der Nachbarschaft. Das hat in der Siedlung Laasphetal fast schon Tradition.

Die aktive Gemeinschaft

Ihre solidarische Gemeinschaft – darauf sind die Anwohner schon seit jeher stolz. Seit ihre Siedlung in den 1930er Jahren mit den ersten zehn Häusern entstand. „Wir haben hier eine gute Nachbarschaft“, lobt Elektromeister Günter Hahn (72). „Und viele, die weggezogen sind, kommen auch gerne mal wieder vorbei, wenn zum Beispiel bei uns gefeiert wird.“ Das spricht für sich.

Überhaupt seien die Anwohner der Straße „Im Laasphetal“ sehr aktiv, findet Enrico Scholze (49), Technischer Modellbauer in einer Gießerei. So habe man mehrere Ruhebänke geschaffen, gespendet aus der Siedlung, berichtet Walter Meschede (71), Maler und Lackierer. Und auf städtischen Grünflächen entlang der Straße mähe die Gemeinschaft selbst, damit es die rund 100 Menschen in der Siedlung schön haben, so Meschede und Scholze.

Die Gemeinschaft organisiert aber auch Kaffeetrinken für die Senioren, Ausflüge und Feste – wenn nicht gerade Corona herrscht. „Wir versuchen, die Gemeinschaft beieinanderzuhalten“, so Installateur Daniel Roos (40). Auch die Grünfläche am Anfang der Straße werde übers Jahr gemeinsam dekoriert – mit Dingen, an denen die Kinder aus der Siedlung eifrig mitgebastelt hätten. Dort stehen zum Beispiel pünktlich zu Ostern auch weithin sichtbar Osterhasen aus Holz. Oder der Maibaum.

Blick in die Geschichte

Entstanden ist die Siedlung Laasphetal zwischen 1932 und 1934, blickt Siedler Günter Hahn in deren Geschichte zurück. Mit ursprünglich zehn Gebäuden. Das Haus der Familie Honig stand damals schon, es trägt heute die Hausnummer 5. „Alle Häuser sind gemeinschaftlich gebaut und dann im Rohbau unter den Siedlern verlost worden“, so Hahn weiter. „So hat jeder sein Herzblut in jedes Haus gelegt“, erklärt Enrico Scholze. Damals typisch für jeden Haushalt: die Ziegen-Haltung, um Milch und Käse selbst zu erzeugen.

Von den Ur-Siedlern lebten zwar nur noch wenige, so Scholze, aber: Ein Großteil der Familien sei auch in der nächsten und übernächsten Generation geblieben. Und auf der anderen Seite der Straße „Im Laasphetal“ sind mit der Zeit noch viele andere Häuser hinzugekommen.

Walter Meschede erinnert sich gern an das Jahr 1963, als in der Siedlung eine Kneipe eröffnete. Ihr Name: „Der Tannenrausch“. „Mein Geselle hat mich damals da mit hingenommen“, erzählt Meschede. „Da trafen sich damals die Handwerker der Stadt. Weit weg vom Schuss war sie ja...“

Günter Hahn berichtet von seinen zwölf Geschwistern. Und seinem Vater, der immerhin 101 Jahre alt geworden sei – und noch im hohen Alter mit einem Quad über die Straße gedüst sei. So ein Gefährt muss man ja mal ausprobieren.

Der Bauwagen zum Fest

Die „Siedlung Laasphetal“ hat auch einen eigenen Bauwagen, geparkt gleich neben einer Sitzgarnitur, die Spaziergänger und Wanderer zum Verweilen einlädt. „Den brauchen wir immer für Festveranstaltungen“, erklärt Günter Hahn. Material ist im Inneren gelagert, er dient bei solchen Gelegenheiten aber auch als Toilettenwagen. Die Siedler feiern üblicherweise den 1. Mai oder beim Kartoffelbraten, alle fünf Jahre aber auch ein größeres Straßenfest. Was bislang fehle, so Hahn: eine Gemeinschaftshütte. „Das wäre schon fein.“ Aber wohin damit? „Es fehlt uns der feste Platz dafür.“

In der Straße gemeinsam Weihnachten feiern – das geht wohl kaum in diesen Corona-Zeiten, oder? „Normalerweise hätten wir eine Glühwein-Party gemacht“, schmunzelt Daniel Roos. „Aber diesmal feiert natürlich jede Familie für sich.“ Das nächste denkbare Fest? „Der 1. Mai vielleicht.“ Und dann wird es im kommenden Jahr ja wohl hoffentlich noch ein Brückenfest geben – zur Einweihung der neuen Brücke über die Laasphe.

Die verschwundene Brücke

Stolz waren die Laasphetaler auch auf ihre Fußgängerbrücke über die Laasphe – bis die Stadtverwaltung sie 2019 abreißen ließ. Ersatzlos. Von heute auf morgen. Der hölzerne Steg sei nicht mehr sicher, hieß es. „Das war ein Schock“, sagen die Siedler. Damit habe die Stadt sogar die eigens eingerichtete Brücken-Kommission im Rathaus übergangen.

Neulich erst war Bad Laasphes neuer Bürgermeister Dirk Terlinden zu Gast im Laasphetal – um sich selbst ein Bild von der Sache mit der fehlenden Brücke zu machen, die den Siedlern so am Herzen liegt. Terlinden habe sich zwar auf nichts festgelegt, so die Laasphetaler, aber zugesagt: Das Thema kommt noch einmal auf die politische Agenda – möglichst noch im ersten Quartal 2021.

Vom Auftritt Terlindens sind die Siedler durchaus beeindruckt. Aber „jetzt ist erst einmal die Politik am Zug. Und die steht hinter uns“, sind sie überzeugt. Vorsorglich haben die Laasphetaler aber immer noch ein Bürgerbegehren als Plan B in der Hinterhand, sollte es mit einer neuen Brücke irgendwie nicht funktionieren.

Der angestrebte Neubau

Und auch die Anwohner selbst sind aktiv: Ihnen liegen Angebote von heimischen Unternehmen für einen Brücken-Neubau vor. Die habe man organisiert, um der Stadt entgegenzukommen. Im Rathaus hatte die Bauverwaltung für einen Neubau rund 55.000 Euro errechnet – die Siedler kalkulieren mit weniger als 20.000 Euro, Eigenleistungen inklusive. „Aufgebaut würde die Brücke dann von der Siedlergemeinschaft“, so Elektromeister Günter Hahn als Sprecher der Bürgerinitiative. Am liebsten schon im kommenden Frühjahr. Die vielen Spaziergänger etwa aus der Kernstadt, die hier gerne mit ihrem Hund unterwegs sind, würde es freuen.

Bis dahin halten die Anwohner dort, wo die Brücke fehlt, Gummistiefel in verschiedenen Größen bereit – als kleinen Service für Wanderer und Spaziergänger. Denen dient außerdem weiterhin eine andere Brücke und ein provisorischer Pfad über ein Privatgrundstück als „Umleitung“.

Von drei Geistern besucht

"Die Weihnachtsgeschichte" (im Original: "A Christmas Carol") von Charles Dickens aus dem Jahr 1843 dreht sich um den geizigen und vereinsamten Geldverleiher Ebenezer Scrooge.

Scrooge wird in derWeihnachtsnachtvon drei Geistern – dem Geist aller vergangenen Weihnachtsfeste, dem Geist der gegenwärtigen Weihnacht und dem der zukünftigen Weihnacht – besucht und geläutert. Die Geschichte schrieb Charles Dickens in nur sechs Wochen.

Die Themen von Charles Dickens’ Weihnachtsklassiker aus Wittgensteiner Sicht in unserer Serie

1. Adventssamstag, 28. November: Die Arm-Reich-Schere in Wittgenstein

2. Adventssamstag, 5. Dezember: Die Vereinsamung

3. Adventssamstag, 12. Dezember: Was ist der Unterschied zwischen Geiz und Sparsamkeit?

4. Adventssamstag,19. Dezember: Geist der heutigen Weihnacht – Wie verbringen die Redakteure 2020 das Fest?

Heute, Heiligabend, 24. Dezember: Gutes vor dem Tod tun – Worauf sind Sie stolz?