Bad Berleburg. „Wir haben hier eine Fahrbahn, die wir ohne besonderen Maschinen nicht ohne Vollsperrung sanieren könnten“, erklärt Sonja Koch.

Es ist elf Uhr. „Ihre Nachrichten. Kompakt. Aktuell“, ertönt im Autoradio. Ich befinde mich vor der Ampel am Bad Berleburger Nordknoten. Dann wird es grün. Der Konvoi setzt sich in Gang und ich biege langsam nach rechts ab in die Astenbergstraße. Auf Höhe Herrenwiese bleibe ich stehen. Links auf einem großen Platz stehen sie – schwere, hochmoderne Maschinen. Fräsen, Fertiger – erweitert mit moderner Technik. Und das hat einen Grund. Seit Montag vergangener Woche läuft das Pilotprojekt B480 bereits. Am Freitag wurde der erste Bauabschnitt – gut 300 Meter beendet. Ab heute ist die andere Fahrbahnseite an der Reihe. Am morgigen Dienstag soll mit den Fräsarbeiten begonnen werden. Doch was ist das Besondere an diesem Bauvorhaben? Wo liegen die Schwierigkeiten? Und warum wurde gerade jetzt mit einer weiteren Baumaßnahme begonnen?

Die Gründe

Steffen Scholz, Stefan Kreher, Ann-Katrin Fischer, Henrik Radmann und Sonja Koch sind stolz über den guten Verlauf ihres Pilotprojekts.
Steffen Scholz, Stefan Kreher, Ann-Katrin Fischer, Henrik Radmann und Sonja Koch sind stolz über den guten Verlauf ihres Pilotprojekts. © WP | Ramona Richter

Vor drei Jahren wurde bereits mit den ersten Überlegungen begonnen. Das Ziel im Allgemeinen: „Eine Realisierung der Deckenerneuerung trotz geringer Fahrbahnbreiten in halbseitiger Verkehrsführung unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen durch spezielle Maschinen“, heißt es in der Projektbeschreibung. „Wir haben hier eine relativ enge Fahrbahn, die wir ohne diese besonderen Maschinen nicht ohne Vollsperrung sanieren könnten“, erklärt Sonja Koch von Straßen.NRW. Sie betreut das Projekt.

Das heißt: Ohne das Pilotprojekt müssten die Autofahrer weite Umleitungen in Kauf nehmen. Im Fall der B480 wären dies ungefähr Strecken von bis zu 40 Kilometer länge. Und das bedeutet vor allem Eins: ein hoher Zeitverlust. „Dann ist es doch besser, ein paar Minuten vor der Ampel zu warten. Natürlich wären wir mit der Maßnahme schneller fertig, würden wir unter Vollsperrung arbeiten, aber wir wollten auch den Menschen hier lange Umleitungen ersparen.“ Und warum gerade jetzt? „Wir haben uns bei der Maßnahme am Nordknoten orientiert. Denn so kann am Ende die Deckschicht in einem Schritt gearbeitet werden. Sonst würde es noch mehr Vollsperrungen geben. Und das wollten wir vermeiden.“

Das Besondere

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Keine Vollsperrungen, keine langen Umleitungen – doch die für das Pilotprojekt erweiterten Maschinen bieten auch den Mitarbeitern auf der Baustelle einen erheblichen Vorteil – sie arbeiten nicht mehr als sogenannter Mitgänger auf er Verkehrsseite. „Der Mitgänger ist die gefährdetste Person im Arbeitsfeld“, erklärt Henrik Radmann, Prokurist bei der Unternehmensgruppe Heitkamp, die die Straßenbauarbeiten vor Ort durchführen.

Aus dem Steuerstand des Fertigers zeigt ein Kamerabild den Teil, der sonst von einem Mitgänger kontrolliert werden müsste.
Aus dem Steuerstand des Fertigers zeigt ein Kamerabild den Teil, der sonst von einem Mitgänger kontrolliert werden müsste. © WP | Straßen.NRW

Lange wurde an einer geeigneten Lösung gearbeitet. „Wir hatten verschiedene Lösungsansätze, die Kameralösung aber ist in unseren Augen die Richtige gewesen.“ Doch was bedeutet das eigentlich konkret? Um das zu verstehen muss man sich einmal genauer mit den Maschinen befassen. Nehmen wir zum Beispiel den Fertiger, der für die Asphaltarbeiten eingesetzt wird. Über einen Sensor kann der Mitarbeiter in der Kabine die Arbeiten beobachten. Das bedeutet: Die Kamera übernimmt den Job des Mitgängers. Was das mit einer engen Fahrbahn zu tun hat? Durch den Wegfall des Mitgängers werden gleich mehrere Zentimeter der Arbeitsfläche eingespart. Gleichzeitig befindet sich kein Mitarbeiter mehr auf der Verkehrszugewandten Seite.

Heute kommt in Berleburg ein weiterer Fertiger an, der noch in dieser Woche eingesetzt werden soll. Und damit rollt schon bald eine wahre Besonderheit über die B480. Denn: Eine Maschine wie diese gibt es bundesweit gerade zwei Mal. Das Besondere? Der Fertiger besitzt einen Ultraschallsensor, der sowohl Höhe als auch Breite der Arbeitsfläche misst und er funktioniert voll automatisch.

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Aber nicht nur die Fertiger sind etwas Besonderes – auch die Fräsen – so beispielsweise die Japanfräse. „Die kann ihr Fräsenblatt seitwärts bis zu 40 Zentimeter ausfahren – diese Fräse gibt es europaweit gerade nur fünf Mal“, erklärt Koch.

Die Arbeitsweise

Der Fertuger bringt eine neue Asphaltschicht auf die Fahrbanh auf. Der Abstand zur befahrenen Fahrbahnseite ist so knapp, dass hier niemand stehen kann.
Der Fertuger bringt eine neue Asphaltschicht auf die Fahrbanh auf. Der Abstand zur befahrenen Fahrbahnseite ist so knapp, dass hier niemand stehen kann. © WP | Straßen.NRW

Aber auch für die Mitarbeiter auf dem Bau waren die mit moderner Technik ergänzten Maschinen etwas neues. Im Vorfeld wurden sie gebrieft – gemeinsam ging man Schritt für Schritt die einzelnen Arbeitsschritte durch. „Natürlich waren wir zu Beginn ein wenig nervös. Aber wir sind überrascht, wie gut am Ende alles lief“, sagt Radmann. Die ersten 300 Meter sind vollendet und damit eine von insgesamt acht Bauabschnitten – Vier auf jeder Seite. Damit liegt das Team gut in der Zeit. „Am Ende werden wir schneller sein. Wir mussten uns zu Beginn auch erstmal einarbeiten Das ist völlig normal“, erklärt der Prokurist, der zuversichtlich auf die Wetterlage blickt. „Man muss schon sagen, dass uns das Wetter in die Karten spielt. Und es soll in den kommenden Tagen ja weiterhin so gut bleiben.“

Gearbeitet wird dabei immer in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Und das aus gutem Grund. „Uns ist es wichtig, dass die Mitarbeiter immer auf der Verkehrsabgewandten Seite arbeiten. Alles weg vom Verkehr“, so Steffen Scholz von Straßen.NRW. „Arbeitsschutz ist für uns ein wichtiges Thema.“ Und das wird auch von der Bezirksregierung und der BG Bau kontrolliert.