Erndtebrück. Die Erinnerung an die jüdischen Mitbürger der Gemeinde soll aufrecht erhalten werden. Deshalb putzten die SPD-Politiker jetzt ihre Stolpersteine.

Moritz und Betty Moses, Arthur, Luise, Ruth und Kurt Winter, Friederike Dickhaut, Bella, Heinz und Inge Simon: Das sind die zehn Namen, an die die Stolpersteine in Erndtebrück erinnern sollen. Seit April 2013 sind sie jeweils in der Marburger Straße und der Bergstraße unterhalb der evangelischen Kirche ein Mahnmal gegen das Vergessen.

Weltweit gedachten die Menschen gestern, 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, der Menschen, die durch den Holocaust ihr Leben verloren. Der SPD-Ortsverein Erndtebrück nahm den Gedenktag zum Anlass, um die etwas trüb gewordenen Stolpersteine im Kernort zu putzen und so erneut Aufmerksamkeit auf die Personen aus der Gemeinde zu lenken, die zu Opfern des Nationalsozialismus wurden.

„Heute geht es darum, an die Nazi-Opfer aus Erndtebrück zu erinnern, die wir zu beklagen haben“, machte Karl Ludwig Völkel deutlich. „Heutzutage geht es vor allem in den sozialen Medien wie Facebook schlimm zu und nationalsozialistische Tendenzen werden wieder salonfähig. Deswegen ist ein Tag wie heute sehr wichtig“, mahnte Michael Rothenpieler, 1. Vorsitzender des Ortsvereins.

Stolpersteine nach Privatinitiative

Als letzte der drei Wittgensteiner Kommunen bekam Erntebrück vor sieben Jahren die Stolpersteine. Auf die Initiative des ehemaligen Religionslehrers Bernd Härtel hin fertigte der Künstler Gunter Demnig, der vornehmlich deutschlandweit die Stolpersteine verlegt, die kleinen Mahnmale an. Auch finanziert wurden sie von Härtel: Der hatte sich damals anstatt Geschenken zu seinem 70. Geburtstag Geld für die Stolpersteine gewünscht.

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Es sind die Schicksale des Ehepaars Moses, der Familie Winter, von Friederike Dickhaut sowie Bella Simon und ihrer Kinder Heinz und Inge, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen. So wurde die 70-jährige Friederike Dickhaut, geborene Goldschmidt und verheiratet mit einem Christen, im Jahr 1944 deportiert – ermordet wurde sie schließlich in Auschwitz.

Seit 200 Jahren im Ort

Familie Simon betrieb in Erndtebrück einen Gemischtwarenladen dort, wo heute die Eisdiele ist. Bella Simons Familie, sie war eine geborene Levy, lebte bereits seit 200 Jahren im Ort. Gemeinsam mit ihrem Mann James Simon aus Hannover betrieb sie bis 1938 den Laden, den sie schließlich verkaufen mussten. Die Kinder Heinz und Inge mussten im November 1938 die Volksschule verlassen.

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Nachdem sie zunächst nach Köln gezogen waren, wurde Bella mit den beiden Kindern schließlich 1942 nach Minsk deportiert – dort wurden die drei auch ermordet. James hingegen gelang es, nach England zu entkommen. „Unmittelbar nach dem Krieg kam er noch einmal nach Erndtebrück zurück“, weiß Härtel.

Zwei weitere Stolpersteine gewünscht

Was danach mit ihm geschehen ist, sei ihm jedoch nicht bekannt: „Man weiß nicht, wo er abgeblieben ist.“ Doch müsste seiner Ansicht nach auch James Simon als Opfer des Holocausts einen Stolperstein in Erndtebrück erhalten.

Dies könnte jedoch etwas schwieriger werden, denn für gewöhnlich werden nur Stolpersteine für Menschen verlegt, die im Holocaust ihr Leben verloren haben.

So wünscht sich Bernd Härtel, dass auch Herbert Moses ein solches Mahnmal erhalte. „Er ist geflohen über

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Italien nach Israel und hatte ein abenteuerliches Leben. Zuletzt hat er sich in Biedenkopf niedergelassen und ist dort vor ein paar Jahren verstorben“, weiß Härtel. Betty und Moritz Moses hingegen – letzterer kämpfte im Ersten Weltkrieg für das Deutsche Kaiserreich – wurden im Jahr 1942 deportiert und schließlich im polnischen KZ Sobibor umgebracht.