Bad Laasphe/Erndtebrück. Hintergrund der Investitionsmaßnahmen ist der geplante Stundentakt auf der Strecke Siegen-Marburg. Das wirkt sich auch in Wittgenstein aus.

Die Ortschaft Saßmannshausen – sie könnte in ein paar Jahren wieder eine Haltestelle für Züge der Oberen Lahntalbahn (RB 94) bekommen. Mit zwei Gleisen, damit sich hier für regelmäßige Direktverbindungen auf der ansonsten eingleisigen Strecke – von Marburg über Bad Laasphe und Erndtebrück nach Siegen und weiter nach Betzdorf – im Stundentakt künftig die Züge begegnen können. Bereits ab 21. Dezember sollen die durchgehenden Fahrten ohne Umsteigen in Erndtebrück jeweils samstags getestet werden – mit zwei Zügen der Kurhessenbahn.

Der Test

RB 94: Strecke gesperrt

Zwischen Anfang Juli und Ende Oktober 2020 wird die Strecke der Oberen Lahntalbahn auf hessischer Seite zwischen Friedensdorf und Sarnau gesperrt: Die Kurhessenbahn nutzt dann angesetzte Arbeiten für den Bau der B-62-Ortsumgehung im Lahntal auch über die Gleise hinweg, um die Signaltechnik entlang der Bahnstrecke und mehrere Bahnübergänge zu modernisieren sowie zwei Bahnhöfe umzubauen.

In dieser Zeit werden die Züge zwischen beiden Orten durch Busse ersetzt. Laut Joachim Kuhn, Sprecher der Kurhessenbahn, belaufen sich die Investitionen auf insgesamt rund 16 Millionen Euro. Welche Auswirkungen haben die Bauarbeiten in Hessen auf den Zugverkehr der RB 94 Obere Lahntalbahn in Wittgenstein? Idealerweise gar keine, sagt Kuhn. Er hofft, dass Verspätungen mit den Ersatz-Bussen zwischen Friedensdorf und Bad Laasphe wieder eingeholt werden.

„Mit diesen neuen Direktverbindungen wollen wir den Markt erkunden“, hatte Siegen-Wittgensteins Landrat Andreas Müller in seiner Funktion als Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) bereits im September angekündigt. „Ziel ist es, dass alle Züge der RB 94 an allen Verkehrstagen direkt und ohne Umsteigen von der Sieg durchs Rothaargebirge und das obere Lahntal nach Marburg verkehren.“

Grundsätzlich sind der NWL auf Wittgensteiner und der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) auf hessischer Seite einig: Die Achse zwischen den beiden Universitätsstädten Siegen und Marburg muss gestärkt werden. Und die Fahrgast-Zahlen auf der Strecke gäben diesen Bedarf wohl auch her, heißt es. Nicht zuletzt spiele dabei der Tourismus eine wichtige Rolle.

Die Studie

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Eine eisenbahnwissenschaftliche Studie, die der NWL 2020 in Auftrag geben möchte, soll zeigen, was neben dem Kreuzungsbahnhof noch baulich für den täglichen Stundentakt notwendig ist. Hier spricht Hans-Martin König, bei der Kurhessenbahn Leiter Infrastruktur, von der Sicherung weiterer Bahnübergänge im Streckenverlauf – um unter anderem das Zug-Tempo zwischen Bad Laasphe und Saßmannshausen anheben zu können.

Die Anwohner

Thomas Schlangen erfüllt sich mit dem Kauf des alten Bahnhofs von Saßmannshausen den Traum von einer außergewöhnlichen Immobilie.
Thomas Schlangen erfüllt sich mit dem Kauf des alten Bahnhofs von Saßmannshausen den Traum von einer außergewöhnlichen Immobilie. © Lars-Peter Dickel

Für Thomas Schlange, der seit einigen Jahren mit Familie im denkmalgeschützten Saßmannshäuser Bahnhof wohnt und ihn nach und nach von innen heraus sanieren möchte, kommt das Vorhaben durchaus überraschend. Im Gespräch mit unserer Redaktion erfährt er, dass quasi vor seiner Haustür mittelfristig ein sogenannter Kreuzungsbahnhof für den Begegnungsverkehr der Züge entstehen soll – plus Bahnsteige für ein- und aussteigende Fahrgäste.

Die Idee findet Schlange im Grundsatz gut – solange ihm auf seinem Grundstück die notwendige Privatsphäre erhalten bleibe. „Es kommt ganz darauf an, wie es gebaut wird“, sagt er. Von der Bahn erwartet der Familienvater zu gegebener Zeit Gespräche, um nicht zuletzt die Zuwegung von der Landstraße L 719 zur geplanten Haltestelle abzustimmen.

Die Planungen

Allerdings: Es gebe noch keinerlei Planung, betont Hans-Martin König, bei der Kurhessenbahn Leiter Infrastruktur. Derzeit sei das Projekt in der Abstimmung mit dem Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) auf Wittgensteiner Seite. Und Anfang Dezember werde es „ein Länder-Gespräch“ unter hessischer Beteiligung in Düsseldorf geben, um die Bahn-Projekte in den nächsten zehn Jahren abzustecken, ebenso die Finanzierung aus Landes- und Bundesmitteln.

Fast zugewachsen: Parallel zum Gleis der Oberen Lahntalbahn liegen in Höhe des Bahnhofs immer noch alte Schienen eines früheren Gleisanschlusses der Firma Osterrath. Hier wäre genug Platz für das zweite Gleis des geplanten Kreuzungsbahnhofs Saßmannshausen. Andreaskreuz an der Straße
Fast zugewachsen: Parallel zum Gleis der Oberen Lahntalbahn liegen in Höhe des Bahnhofs immer noch alte Schienen eines früheren Gleisanschlusses der Firma Osterrath. Hier wäre genug Platz für das zweite Gleis des geplanten Kreuzungsbahnhofs Saßmannshausen. Andreaskreuz an der Straße "Wahlbachsmühle": Von hier aus geht der Blick über das langgestreckte Grundstück, das zum Bahnhof Saßmannshausen im Hintergrund gehört. © Eberhard Demtröder

König schätzt Baukosten rund um einen neuen Kreuzungsbahnhof in Saßmannshausen auf rund viereinhalb Millionen Euro. Und „wir haben da auch eigene Grundstücke zur Verfügung“, sagt er. Tatsächlich schlummern parallel zum Hauptgleis der Oberen Lahntalbahn, 2014 gerade erst saniert, noch alte Schienen im Erdboden. Sie gehören zum ehemaligen Gleisanschluss eines nahen Unternehmens. Grünes Licht vom Eisenbahnbundesamt fürs Baurecht werde es wohl ohnehin nicht vor 2022 geben, eine Umsetzung nicht vor 2023, 2024 realistisch sein. König: „Wir hoffen, dass das klappt.“

Günter Padt, Geschäftsführer Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) in Siegen, hält dagegen eine Realisierung sogar erst 2026, 2027 für denkbar. Die Haltestelle in Saßmannshausen gehöre aber auf jeden Fall dazu.

Der Arbeitskreis

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Bereits beim Fest zum 30-jährigen Bestehen des Arbeitskreises Schienenverkehr Südwestfalen, der sich in der Region für den öffentlichen Bus- und Bahnverkehr einsetzt, hatte dessen Vorsitzender Otto Wunderlich aus Bad Laasphe die Entwicklung auf der Oberen Lahntalbahn ausdrücklich begrüßt. Ziel der Gespräche zwischen den beiden Verkehrsverbünden NWL und RMV müssten dann aber beispielsweise auch „einheitliche Tarife“ für die Fahrkarten sein.