Bad Berleburg. Die Konzerne Ejot und BSW werden darauf hin untersucht, wie sie Stadtentwicklung beeinflussen. Oft spielt die eigene Betroffenheit eine Rolle.

Die Unternehmen in Bad Berleburg bestimmen nicht nur die wirtschaftlichen Faktoren wie Kaufkraft und Schaffen von Arbeitsplätzen, sondern sind auch maßgeblich in der Mitgestaltung der Stadtattraktivität involviert. Das ist eines der zentralen Ergebnisse, die aus der aktuellen Studie „Hidden Champions – Stabilisierungs- und Entwicklungsfaktoren von Kleinstädten in peripheren Lagen“ hervorgehen. Ziel der Studie, die vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Auftrag gegeben wurde, war es, die wirtschaftliche Rolle der Unternehmen für die Kleinstädte zu analysieren und daran anknüpfend das freiwillige Engagement eben jener Unternehmen an Prozessen der Stadtentwicklung in den Blick zu nehmen. Im Fall von Bad Berleburg wurden die Konzerne Ejot und das Berleburger Schaumstoffwerk (BSW) und ihre Beteiligung an städtischen Gestaltungsprozessen analysiert.

Die Verwurzelung

Ausgangspunkt für weitere Analysen

In der Studie werden Hidden Champions als kleine und mittelständische Unternehmen definiert, „die äußerst erfolgreich auf dem Weltmarkt agieren.“ Dabei sollen drei Kriterien erfüllt sein:

1. Es muss ein Top-3-Unternehmen auf dem Weltmarkt oder Nummer 1 auf einem Kontinent sein.

2. Der jährliche Umsatz muss unter 5 Milliarden Euro liegen.

3. Das Unternehmen sollte in der großen Öffentlichkeit nur gering bekannt sein.

Neben den Hidden Champions in Bad Berleburg untersuchte das Forscherteam noch Unternehmen in Finsterwalde (Brandenburg) und Schierling (Bayern).

Für Dr. Robert Kaltenbrunner, stellvertretender Leiter des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, kann die Studie „als Ausgangspunkt für eine umfassendere Analyse von unternehmerischen Engagement in Kommunen und Regionen dienen“.

Sowohl Ejot als auch BSW sind mit dem Standort Bad Berleburg und der Region Wittgenstein verbunden. Dabei ist Bad Berleburg nicht nur Stammsitz der beiden Unternehmen, sondern auch Wohnort der geschäftsführenden Gründerfamilien – und das immerhin in dritter Generation. Diese Identifikation mit dem Wirtschaftsstandort hat auch Auswirkungen auf die private Betroffenheit und persönliche Beteiligung: So sind die Gründerfamilien auch im örtlichen Vereins- und Gemeinwesen aktiv. BSW-Prokurist Dirk Pöppel ist beispielsweise seit Jahrzehnten Mitglied im Berleburger Schützenverein – fast 20 Jahre davon war er im Vorstand –, Christian F. Kocherscheidt als geschäftsführender Gesellschafter der Ejot-Holding setzt sich als Vorsitzender des Vereins Route57 dafür ein, dass es in Zukunft eine bessere Verkehrsanbindung zwischen Siegerland und Wittgenstein gibt.

Dass die Identifikation mit der Heimat durchaus auch ein Unternehmenserfolg ist, macht Rainer Pöppel deutlich: „Hier haben wir Fachkräfte, die sich selbst und mit dem Unternehmen fortgebildet haben. Diese Human Resources sind ein großes Potenzial und Kapital und halten uns sicherlich ein Stück weit hier am Standort.“

Die Kommunikationsstrukturen

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Laut der Studie stehen die Unternehmen in engem und regelmäßigem Austausch mit der Stadtverwaltung, aber auch mit den Bürgern. Dazu zählen in erster Instanz formelle Kommunikationsformate – wie die Beteiligungsrunden im Zuge kommunaler Leitbildentwicklungsprozesse, worunter zum Beispiel die finanzielle Beteiligung sowohl von Ejot als auch von BSW in Höhe von 200.000 Euro an der Umsetzung des Jugendforums am Markt fällt. Aber auch dem informellen Austausch kommt eine große Bedeutung im Hinblick auf den Informationsfluss zu. Das Engagement in Vereinen befördert dabei die kurzen Informationswege. Zentrum und Kommunikationsknoten des eng miteinander verwobenen Vereinswesens: der Jugendförderverein, der die Aktivitäten in diesem Netz koordiniert.

Die Bedeutung

Abgesehen vom lokalen Steueraufkommen und den damit einhergehenden Kaufkrafteffekten stellt die Studie noch zwei weitere Aspekte heraus, die den Standort Bad Berleburg im Vergleich zu anderen Kleinstädten in peripheren Lagen besonders machen: „Zum einen haben beide Unternehmen am Standort [...] enorm expandiert und damit nicht nur freie Gewerbe- und Industrieflächen belegt, sondern ebenso ein langfristiges Bekenntnis zum Standort geliefert – aller verkehrsbezogener Nachteile der Region zum Trotz.“ Damit seien die Firmensitze mit ihrer zentralen Lage vor allem auch ortsbildprägend.

Der Einfluss

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„Wir helfen mit, um Ort und Region für unsere Mitarbeiter attraktiv zu halten“, so Christian F. Kocherscheidt. Damit wird deutlich, dass Ejot nicht nur wirtschaftspolitische Interessen hat, sondern auch in den Bereichen Kultur, Soziales, Bildung, Umwelt und Sport mitwirkt. Und auch BSW betont, wie in den Studienergebnissen angegeben, dass das unternehmerische Engagement auf das engere lokale Umfeld gelenkt wird. Finanzielle und immaterielle Unterstützung von Ejot und BSW erhält zum Beispiel die Kulturgemeinde Bad Berleburg, die für Formate wie die Internationale Musikfestwoche auf Schloss Berleburg, die WeihnachtsZeitreise oder das Literaturpflaster (mit)verantwortlich ist und damit einen entscheiden Beitrag in der Freizeitgestaltung leistet.

Neben den Sponsoring-Aktivitäten engagieren sich aber auch beide Unternehmen mittels Personalfreistellungen, beispielsweise für die Freiwillige Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz oder das Technische Hilfswerk.

Eine zentrale Erkenntnis der Studie: Oft gehe eine unternehmerische in eine private Beteiligung über, weil die persönlich-emotionale Verbundenheit mit dem Standort maßgeblich für die Hidden Champions in Bad Berleburg sei.