Bad Laasphe/Siegen. Der Betriebsrat der Aldi-Regionalgesellschaft Bad Laasphe fühlte sich in seiner Arbeit behindert. Das Gericht sieht keine Beweise dafür.
Der seit Jahren beim Discounter Aldi-Nord schwellende Konflikt zwischen der Geschäftsführung der Aldi-Regionalgesellschaft Bad Laasphe und dem Betriebsrat führt jetzt bis vor das Arbeitsgericht Siegen. Der langjährige Betriebsratsvorsitzende Uli Kring wollte mit Unterstützung der Gewerkschaft Verdi eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung einer Unterschriftensammlung erwirken – zunächst erfolglos.
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Das Gericht wies am Mittwoch den Antrag als unbegründet zurück. Die 1. Kammer unter Vorsitz von Arbeitsgerichtsdirektor Sebastian Schulte sah keinen Anhaltspunkt darin, dass die Arbeit des Betriebsrates derart gestört sei, dass dieser bis zu einer Erledigung in einem etwaigen Hauptverfahren nicht mehr ordentlich arbeiten könne. „Wir sind zufrieden, dass das Gericht unsere Rechtsauffassung in der Sache geteilt und für juristische Klarheit gesorgt hat“, teilte ein Sprecher des Unternehmens Aldi-Nord mit. Damit ist ein weiteres Verfahren vor dem Arbeitsgericht allerdings längst nicht vom Tisch. „Wir haben heute die Unterlagen für ein Hauptsache-Verfahren eingereicht“, lässt sich der Betriebsratsvorsitzende Kring nicht beirren. Es geht dabei auch um Vorwürfe gegen die Geschäftsführung der Regionaldirektion, die laut Kring die Betriebsratsarbeit behindere.
Der Auslöser
Anlass des Verfahrens ist ein im September aufgetauchtes anonymes Schreiben „Von Aldianern Aldi Bad Laasphe“, das die Arbeit des Betriebsrats falsch darstelle und namentlich den Vorsitzenden diffamiere. Unter anderem wird diesem dort unterstellt, er würde „neue Betriebsvereinbarungen zum Thema Neuerungen grundsätzlich niemals unterschreiben“. Weiter werde dort etwa behauptet, der Betriebsrat habe bewusst nach Fehlern bei Filialleitern gesucht, was zur mehrfachen Abmahnung der Betroffenen geführt habe. Und: Der Betriebsratsvorsitzende wolle „mit aller Gewalt und aus persönlichem Interessen dem Unternehmen und der Gesellschaft Schaden zufügen“.
Das sagt der Betriebsrat
Schwelender Konflikt seit 2014
Hintergrund des Verfahrens ist ein seit 2014 schwelender Streit zwischen Geschäftsführungen und Mitarbeiter-Vertretungen von 32 Aldi-Nord-Regionalgesellschaften.
Er hat seinen Ursprung in einer Auseinandersetzung um Arbeitszeiten und Überstunden, die in neuen Betriebsvereinbarungen geregelt werden sollen.
Die Beschäftigten sollen sich bereiterklären, bis zur gesetzlichen Höchstarbeitszeit Mehrarbeit und Überstunden zu leisten. Die Betriebsräte der Aldi-Regionalgesellschaften Horst (Schleswig-Holstein) und Bad Laasphe waren als letzte der insgesamt 32 Aldi-Regionalgesellschaften bislang nicht bereit, über die Betriebsvereinbarung zur Einführung eines neuen Arbeitszeitmodells im Verkauf und im Lager zu verhandeln.
Diese und andere Vorgänge, mit denen in den verschiedenen Filialen Unterschriften gesammelt worden seien, führten nach Ansicht des Betriebsrates zu einer bedeutsamen Einschränkung von dessen Arbeit, trug Anwalt Reimar Mewes aus Gießen vor und machte die Geschäftsleitung für eben diese Beeinträchtigungen verantwortlich. Er legte ein Strategiepapier aus dem Jahr 2005 vor, mit dem seinerzeit von einer Anwaltspraxis für den gleichen Konzern ganz ähnlich vorgegangen worden sei, mit Kampagnen durch treue Mitarbeiter, um einen unliebsamen Betriebsrat loszuwerden und einen neuen wählen zu lassen. Er wisse natürlich nicht, ob im aktuellen Fall ähnliches gelaufen sei. Aber dass ihm ein solches Papier nun zugespielt werde, bedeute ja, dass es noch eine gewisse Bedeutung haben müsse, schloss der Anwalt.
Das sagt das Unternehmen
Für Aldi-Nord weigerte sich deren juristischer Vertreter Dr. Christian Mehrens zu solchen Dingen überhaupt Stellung zu nehmen. Die Geschäftsleitung sei neutral und habe dies auch in der betrieblichen Öffentlichkeit durch einen schriftlichen Aushang erklärt. Zu mehr sah sich der Anwalt nicht bereit, während sein Gegenüber für die Annahme eines Vergleiches eine deutlichere Distanzierung von den „Aldianern“ und ihrem Schreiben verlangte. Vergeblich.
Die Forderungen
Auch weitere Bedingungen von Mewes wurden von Dr. Mehrens sowie Annette Hartmann als Vertreterin für Aldi-Nord zurückgewiesen. Der Gießener Anwalt forderte eine Verpflichtung, dass Vertragsentwürfe nicht vor einem Abschluss öffentlich gemacht werden dürften. Hartmann erinnerte daran, dass es um Vereinbarungen von 2014 ginge, die überwiegend bereits verabschiedet seien und „in 2000 Filialen“ öffentlich aushingen. Der Vorsitzende hielt ein völliges Verbot jedoch für problematisch. Zudem hatte Mewes zwei Namen als aus seiner Sicht Verantwortliche für das „Aldianer“-Schreiben genannt und von der Geschäftsleitung gefordert, einem der beiden eine weitere Betätigung auf diesem Gebiet ausdrücklich zu untersagen. Jener Mitarbeiter sei als besonders fleißig beim Sammeln von Unterschriften aufgefallen. Das lasse den Schluss zu, dass er auch mit dem Schreiben an sich mehr zu tun haben müsse, argumentierte Mewes.
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Naheliegend sei das tatsächlich, aber trotzdem kein Beweis, so Arbeitsgerichtsdirektor Sebastian Schulte. Er unterband auch einen Versuch des Betriebsratsvorsitzenden Kring, weitergehende Einzelheiten aus der Auseinandersetzung mit den anonymen „Aldianern“ vorzutragen. Das ginge ihm doch etwas zu weit, entschied Gerichtsdirektor Schulte und riet Anwalt Mewes, die Anträge zurückzunehmen. Was nach Rücksprache mit den Mandanten nicht erfolgte: „Wir müssen entscheiden“.
Die Aussichten
Einzig im Vorwurf, der Betriebsvorsitzende wolle dem Unternehmen aus persönlichen Gründen schaden, könne eine ernsthafte Beeinträchtigung der Arbeit liegen, sagte Schulte, sah aber aufgrund der konkreten Formulierung auch hier noch eine vertretbare Meinungsäußerung. Mewes kündigte an, die Ergebnisse mit dem Betriebsrat genau besprechen zu wollen. Davon hänge ab, ob es tatsächlich ein reguläres Verfahren geben werde.