Bad Laasphe. Eigentlich plante Christel Rother schon ihren Rückzug aus der Politik – warum sie jetzt den Vorsitz in der Laaspher SPD-Fraktion übernommen hat.

Mit dem Umzug und der Abgabe des Ratsmandats von Nils Wacker wurde Ende Juli der Stuhl des SPD-Fraktionsvorsitzes in Bad Laasphe frei – kurz vor der Kommunalwahl. Ein SPD-Politiker mit Erfahrung musste also her, der die Partei bis zur Wahl tragen und für die Mehrheit im Laaspher Rat kämpfen kann. Oder eben eine Politikerin. An Christel Rother führte also kaum ein Weg vorbei.

Eigentlich hatte die Bad Laaspherin, die in zwei Monaten 65 Jahre alt wird, schon über ihren langsamen Rückzug nachgedacht. Warum sie dann aber doch zusagte und nun an der Spitze der Bad Laaspher SPD-Fraktion steht, erzählte sie unserer Redaktion im Interview.

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Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich für den SPD-Vorsitz in Bad Laasphe zur Wahl gestellt haben?

Christel Rother: Wir mussten einen neuen Fraktionsvorsitzenden wählen. Die Wahl ist dann auf mich gefallen, das hat sich in einem Gespräch herauskristallisiert. Wir stehen ein Jahr vor der Wahl, hier muss jemand ran, der etwas Erfahrung und auch die Unterstützung der Fraktion und des Stadtverbandes hat. Deshalb habe ich dann hab ich gesagt, dass ich mich die 13 Monate dieser Aufgabe stellen werde.

Was sind die Aufgaben, die jetzt auf Sie zukommen werden?

Zum einen ist da die Regionalplan-Neuaufstellung und einige Einladungen des Kreises Siegen-Wittgenstein. Es ist eine Aufgabe, die ein Berufstätiger nur schwer ausüben kann. Zusätzlich muss ich Fraktionssitzungen und Ausschüsse und alles andere, was anfällt, vorbereiten. Die repräsentativen Aufgaben sind auch zu bewältigen.

Was hat ihre Familie, die man fast schon als SPD-Familie bezeichnen könnte, dazu gesagt?

Mein Schwiegersohn (Samir Schneider, Anm. d. Red.) hat es natürlich auch gefördert und für gut befunden. Im Urlaub haben wir darüber gesprochen und er meinte, ich wäre die Richtige und sollte es doch bitte machen. Mit dieser Einstellung bin ich auch in den Ortsvereinen empfangen worden und wurde einstimmig nominiert. So ist dann auch die Wahl ausgegangen – einstimmig. Mit diesem Votum kann ich gestärkt in das Jahr gehen.

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Wie steht die Bad Laaspher SPD derzeit da?

Das muss man gliedern in Fraktion, Ortsverein und Stadtverband. Im Stadtverband ist mein Schwiegersohn sehr aktiv. Der Ortsverein und die Fraktion sind auch aktiv, aber durch die Sommerpause lässt es noch ein bisschen zu wünschen übrig. Ich möchte gerne „SPD vor Ort“ wieder aufnehmen. Das ist so ein bisschen in den Hintergrund geraten. Am 24. September haben wir die erste Fraktionssitzung, dann wird darüber gesprochen, was uns unter den Nägeln brennt. Wir müssen planen und ausrichten, wo wir hin wollen.

Und was brennt Ihnen unter den Nägeln?

Im Wahljahr ist mein klares Ziel, die Mehrheit im Rat der Stadt Bad Laasphe zu erhalten. Es wird aber kein leichter Weg sein, er wird sehr steinig werden. Trotzdem bin ich der Auffassung, dass das zu schaffen ist.

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Wie stehen Sie zur Bundes-SPD?

Das ist ein großes Sorgenkind, wenn man sieht, wo wir herkommen und wo wir inzwischen gelandet sind. Ich habe bei der ersten Großen Koalition, als die Mitglieder befragt wurden, noch dagegen gestimmt. Als die zweite Abstimmung folgte, war ich der Meinung, dass wir so oder so Prügel bekommen werden. Hätten wir nicht gesagt, dass wir uns einer stabilen Regierung stellen werden, wären wir auch unten durch gewesen. Deswegen habe ich dafür gestimmt. Die Arbeit, die die Bundes-SPD leistet, finde ich gut – auch die Themen, wie zum Beispiel die Grundrente oder auch die Abmilderung von Hartz IV. Aber es muss seitens der Bundes-SPD mehr an die Öffentlichkeit. Mein Wunsch wäre es, ganz klar zu sagen, dass wir die Grundrente durchbringen müssen. Das ist eines unserer größten Ziele in der Bundes-SPD und wenn das nicht funktioniert, müssen wir eben sagen: Wenn das mit euch so nicht machbar ist, müssen wir raus. Wir müssen unser Gesicht, das wir verloren haben, wiederfinden. Die Glaubwürdigkeit ist uns abhanden gekommen. Das ist nicht zielführend.

Färbt das auch auf die SPD vor Ort ab?

Ich denke schon, dass die Bürger vor Ort das anders sehen. Die Kommunalwahl ist überwiegend eine Personenwahl. Ich bin hier seit 1999 im Wahlkreis angetreten, habe immer über 50 und 60 Prozent geholt. Wir haben immer einen fairen Wahlkampf geführt – ich bin nicht für diese schmutzigen Wahlkämpfe. Auch für unehrliche Wahlkämpfe oder unehrliche Politik bin ich nicht zu haben.

Die

Frage zum SPD-Vorsitz auf Bundesebene kann ich Ihnen natürlich nicht ersparen.

Tja. Es gibt eigentlich zwei, die ich derzeit bevorzuge. Das sind Boris Pistorius und auch Norbert Walter-Borjans. Olaf Scholz ist mit Sicherheit ein fähiger Mann, aber man kann keinen Neuanfang mit Leuten präsentieren, die schon in der Regierung sitzen. Das ist in meinen Augen nicht ehrlich. Es wird immer so weitergehen, und die Frage, ob wir nun in der Großen Koalition bleiben oder nicht, fällt schwerer, wenn man in der Regierung sitzt. Wenn man nicht in der Regierung sitzt, sieht man das viel objektiver. Wer es nun wird? Wir werden nach Troisdorf fahren, werden uns die Herren und Damen alle angucken – und danach werde ich meine endgültige Entscheidung fällen.

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Was halten Sie von der aktuellen Entwicklung in Sachen KAG?

Das, was man von Landesregierungsseite präsentiert bekommt, ist in meinen Augen beschämend. Alles das, was sie fordern, gibt es schon in den Kommunen. Wenn ich jetzt bei unserer Kommune bleibe: Die Ratenzahlung war schon da, die Anlieger-Versammlungen waren schon da – das findet alles schon statt, ich weiß nicht, in welcher Welt die Landesregierung lebt. Das ist in Berleburg nicht anders. Das müsste unsere Landtagsabgeordnete eigentlich wissen, dass das, was da gefordert wird, weitab von Gut und Böse ist. Ich hoffe, dass unsere Leute in Düsseldorf hartnäckig bleiben und am Ball bleiben.

Kann man von kommunaler Seite noch etwas steuern oder ist das nur in der Hand der Landespolitiker?

Das ist die Sache der Landespolitiker, aber der Druck sollte auch weiterhin noch aus den Kommunen kommen.

Welche Themen liegen Ihnen persönlich hier vor Ort am Herzen?

Da geht es zum einen um Altersarmut und Kinderarmut – wobei ich der Auffassung bin, und ich habe mich mit dem zuständigen Fachbereichsleiter in Laasphe lange darüber unterhalten, dass die Kinderarmut hier in Laasphe nicht so gravierend ist. Aber trotzdem muss man das im Auge behalten. Die Jugendarbeit und die Jugend zu motivieren liegt mir auch am Herzen, ebenso wie die Sportvereine und auch die Gesundheitsvorsorge hier in Laasphe. Man hätte schon gern noch den einen oder anderen Arzt zusätzlich hier. Wir haben in der Vergangenheit schon öfter versucht, etwas daran zu ändern. Aber die Ärztekammern sagen, pro Kopf gibt es eine bestimmte Anzahl an Ärzten – und dann sei man ausreichend versorgt.

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Mit fast 65 Jahren sind sie schon fast im rentenwürdigen Alter, aber so richtig vom Gas gehen Sie noch nicht, oder?

Ich hatte eigentlich zu einigen guten Bekannten gesagt: Nächstes Jahr höre ich auf. Und dann kam das mit dem Fraktionsvorsitz. Deshalb habe ich gesagt: Gut, ich mache das jetzt nochmal. Und dann traf ich eine gute Bekannte beim Einkaufen und sie fragte: „Wie war das nochmal mit dem Aufhören und Kürzertreten?“. Ich habe zwar nach wie vor vor, irgendwann kürzer zu treten. Ich werde aber mit Sicherheit keinen harten Schnitt machen und sagen, dass ich morgen von der Bildfläche verschwunden bin. Das kann ich auch gar nicht, glaube ich. Jetzt habe ich aber erstmal das Ziel vor Augen, mit meiner Mannschaft die Mehrheit im Rat zu behalten.