Bad Berleburg. Beim Konzert in der Berleburger Stadtkirche geben „Die Prinzen“ Vollgas. Intelligenter Wortwitz und Selbstironie funktionieren für Alt und Jung.

Küssen verboten, eskalieren erlaubt, Ekstase erreicht. Gedimmtes Licht, Aufblende, Nebel. Das Publikum jubelt, als sie die Empore betreten. Elf Jahre ist es her, als sie das letzte Mal in Bad Berleburg waren, damals zur 750-Jahr-Feier. Sie sind älter geworden; aber kein bisschen ruhiger. „Ihr seht genauso geil aus wie früher!“ findet Frontsänger Sebastian Krumbiegel und erntet dafür natürlich kreischenden Applaus. Pop-Rock-Konzert statt stiller Andacht. Die Bänke in der Berleburger Stadtkirche vibrieren. Und schuld sind „Die Prinzen“.

Ausverkauftes Konzert an zwei Abenden

Im Rahmen ihrer Kirchentour statten „Die Prinzen“ auch Bad Berleburg einen Besuch ab. Ausverkauftes Haus an zwei Abenden. Gut 450 Menschen strömen alleine am Montag in die Kirche und lassen sich von dem jungenhaften Charme und intelligenten Wortwitz der Band um den Finger wickeln. Ein Erfolgsrezept, das generationsübergreifend funktioniert. Selbst wer 1993 noch nicht geboren wurde, kennt den Refrain von „Alles nur geklaut“ auswendig. Und die Eltern sowieso.

„Ihr werdet euch bestimmt fragen: ‚Wie kann es sein, dass die nach all den Jahren noch so gut aussehen?‘“ – Krumbiegel begeistert nicht nur mit seiner klassisch-ausgebildeten Stimme, sondern auch mit seinen Entertainer-Qualitäten. Er und Tobias Künzel sind die Gesichter der Band, ohne sich dabei jedoch unangenehm in den Vordergrund zu drängen. Jeder bekommt seinen Auftritt, jeder steht während des Konzertabends mal im Mittelpunkt und zeigt, was er drauf hat. Sei es Jens Sembdner, der bei „Locker bleiben“ swingend mit dem Publikum flirtet, Wolfgang Lenk, der verträumt vom „Backstagepass ins Himmelreich“ singt oder Henri Schmidt, der als Mode-Vorbild der Band eine gute Figur macht. Die Selbstironie schwingt immer mit. Beruhigend, wenn Männer jenseits der 50 noch so liebenswert albern sind.

Natürlich kommen mit dem Alter auch die ein oder anderen Wehwehchen. Aufopferungsvoll springt Krumbiegel für seine älteren Bandkollegen ein – immerhin trennen sie Monate –, und gönnt ihnen damit nach anderthalb Stunden Konzert eine kleine Verschnaufpause. „Die bekommen jetzt erst mal ihre Tabletten.“ Währenddessen setzt sich Krumbiegel ans Klavier und singt vom Sündenfall. „Ich will zurück ins Paradies, zu dir“ – und zwinkert kokett einer anderen Dame im Publikum zu. Der Schlawiner.

„Die Prinzen“ und ihre pragmatischen Weisheiten


Worauf soll man sich denn dann noch verlassen, wenn man selbst dem Liebsten nicht mehr vertrauen kann? Auch darauf haben „Die Prinzen“ eine Antwort, die sie in drei pragmatische Weisheiten verpacken: „Liebe tut weh, Essen macht dick, Leben strengt an.“ Wenn die Welt Kopf steht und alles ungewiss scheint, sind das die drei „Prinz‘schen Naturgesetze“, an denen sich Ratlose entlanghangeln können. Die Jungs verstehen, wie man komplexe Sachverhalte entzerrt und sie plötzlich belächeln muss. Mehr noch: dass man sie für ihren trockenen Humor in alltäglichen Situationen einfach feiern muss.

Und Berleburg feiert sie. Egal ob Klatschen, Schnipsen, Schunkeln oder Singen, es ist unmöglich still auf der Kirchenbank sitzen zu bleiben. Jeder reißt die Hände nach oben; natürlich muss es noch eine Zugabe geben. Nach gut zwei Stunden non-stop Konzert ist dann aber auch mal Schluss. Die Männer müssen schließlich ins Bett, um fit für den nächsten Tag zu sein.