Wittgenstein. Anlieger in Wittgenstein fürchten nach wie vor hohe Kosten. Die Minister-Vorschläge aus Düsseldorf sind derzeit Gesprächsthema in den Rathäusern.
Anwohnerin Christa Guardia aus der Talstraße in Erndtebrück bringt es auf den Punkt: „Da ist ja jetzt erst einmal alles auf Eis gelegt, bis das Gesetz aus Düsseldorf kommt.“ Eines ohne Anlieger-Beiträge nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG), so hofft auch sie, wenn die derzeit geflickte Wohnstraße vor ihrer Haustür demnächst doch komplett ausgebaut werden sollte. Aber auch in der Bad Berleburger Moltkestraße, die zum Ausbau ansteht, rollen die Bagger noch nicht. Und wie das mit den Kosten etwa für den laufenden Straßen-Ausbau am Sasselberg in Feudingen ausgeht, steht im Moment ebenfalls in den Sternen. In den drei Wittgensteiner Rathäusern schauen sich die Verantwortlichen unterdessen die Vorschläge der NRW-Innenministerin Ina Scharrenbach für eine Gesetzesnovelle an.
Bürgerinitiativen gründen AG: „Schluss mit Strabs!“
Die Bürgerinitiativen gegen die KAG-Beiträge in NRW haben sich inzwischen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengetan: „Schluss mit Strabs! Arbeitsgemeinschaft der Bürgerinitiativen gegen Straßenausbaubeiträge in NRW“. Die Abkürzung „Strabs“, auch in anderen Bundesländern verwendet, steht übrigens für „Straßenausbaubeitragssatzung“.
Sprecherin der AG für NRW ist Lydia Schumacher aus Schleiden. Zum Kernteam gehört auch Christa Guardia aus Erndtebrück für die Region Wittgenstein. Das Team will sich nun regelmäßig treffen, um weitere Aktionen zu planen und abzustimmen.
Reaktionen in den Rathäusern
Erndtebrück: Bürgermeister Henning Gronau zum Beispiel nennt auch die darin angeregten reduzierten Beitragssätze „existenzbedrohend“, gerade für wenig vermögende Anlieger. Er hat der Ministerin jetzt einen Katalog mit mehreren kritischen Fragen zugesendet – vor allem zu Unklarheiten bei der angedachten Auszahlung künftiger Fördergelder aus Düsseldorf an die Kommunen.
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Außerdem betont der Bürgermeister im Namen der Gemeinde einmal mehr, „dass wir eine Abschaffung der Straßenbaubeiträge für die nachhaltigere Lösung halten“.
Bad Laasphe: Und wie geht man im Rathaus an der Mühlenstraße mit den Vorschlägen um? Sie sollen nun „den zuständigen politischen Gremien zur Kenntnis gegeben“ werden, so die Stadtverwaltung. Und „erst nach einer tatsächlichen Gesetzesänderung“ könne auch „die weitere Vorgehensweise erörtert werden“, könnten „entlastende Faktoren“ festgestellt werden. Leider schwebten sowohl Städte und Gemeinden als auch die Bürger „hier momentan im luftleeren Raum“.
Bad Berleburg: Wir warten die gesetzlichen Rahmenbedingungen zunächst ab und werden anschließend unsere Satzungen entsprechend überarbeiten“, teilt die Bad Berleburger Stadtverwaltung auf Anfrage unserer Redaktion mit.
KAG-Ausbau aktuell
Beispiel Moltkestraße: Ihr Ausbau sei „dieses Jahr nicht mehr realistisch“, so Christoph Koch, Dezernent Planen, Bauen, Wohnen im Bad Berleburger Rathaus. Das gelte im Übrigen auch für die parallel geplante Kanal-Sanierung, ergänzt Achim Vorbau, Betriebsleiter der Stadtwerke: Sie soll wegen der momentan unklaren KAG-Regelung auf 2020 verschoben werden, zumal sich „aus dem jetzigen Zustand der Leitungen keine akuten Gefahren für die Anwohner, Verkehrsteilnehmer oder die Umwelt ableiten lassen“, so die Verwaltung.
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Die Anwohner würden informiert, so Dezernent Koch weiter, sobald es neue und belastbare Erkenntnisse vor allem bei den KAG-Regelungen gebe. Überhaupt sei in Bad Berleburg der „Ausbau nach KAG zunächst ausgesetzt“. Die Politik sei spätestens dann wieder gefragt, so Koch, wenn städtische Satzungen an das neue KAG-Gesetz angepasst werden müssten.
Beispiel Sasselberg: Auch in Bad Laasphe wird derzeit nicht nach KAG ausgebaut, gilt laut Stadtverwaltung „ein Moratorium“. Deshalb „stehen aktuell – abgesehen vom Sasselberg – keine konkreten Maßnahmen an“.
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Es gebe aber ein politisch beschlossenes Straßenausbau-Programm, an dem man sich jederzeit wieder orientieren könne. Sollte das demnächst wieder der Fall sein, würde es im Vorfeld konkret beschlossener Projekte auch wieder Anlieger-Versammlungen geben, die Anwohner schriftlich informiert. Politisch werde das Thema „bestimmt bei den nächsten Haushaltsberatungen wieder diskutiert, da die Maßnahmen dann eingeplant werden müssen“, heißt es aus Bad Laasphe.
Das sagen die Anlieger
Bernd Schneider, Moltkestraße, Bad Berleburg: „Wir rechnen damit, dass wir später neue Bescheide der Stadt kriegen.“ Solche, die nicht mehr von den aktuell noch geltenden Beitragshöhen ausgehen, bislang immerhin mit vierstelligen Beträgen – aber womöglich von einem Beitragssatz, der nur „um die Hälfte ermäßigt“ sei.
Doch auch Schneider hofft, „dass noch weitergehende Verbesserungen möglich sein werden“. Idealerweise die komplette Abschaffung des Anlieger-Beitrags. Ohnehin ist es nach wie vor Schneiders Wunsch, dass in der Moltkestraße zwar die Kanalisation erneuert wird, aber nicht unbedingt die Oberfläche. Denn die werde wohl noch einige Jahre halten, meint er. „Am Kapplerstein“ in Aue sei es im Übrigen gerade umgekehrt, so Schneider.
Christa Guardia, Talstraße, Erndtebrück: „Wir werden auf jeden Fall weitermachen“, sagt sie, denn: „Das ist keine sozial gerechte Sache, die da läuft.“ Die KAG-Novelle aus Düsseldorf bringe „niemandem Erleichterung, weder den Anwohnern noch der Gemeinde“. Gerade die Städte und Gemeinden hätten am Ende eher noch mehr Bürokratie. „Es war ja schon ein kleiner Erfolg, dass damals unsere Petition durchgekommen ist, das Land jetzt schon einmal 65 Millionen Euro locker macht“, freut sich Guardia. „Aber damit geben wir uns nicht zufrieden.“
Susanne Linde, Am Sasselberg, Feudingen: Es seien zwar mittlerweile einige Straßenzüge fertig ausgebaut, berichtet die Anwohnerin und Sprecherin der Bürgerinitiative vor Ort – aber zum Teil auch schon wieder „kaputtgefahren“. Denn nach wie vor rauschten oft mehrmals täglich 40-Tonner über die Fahrbahnen – Langholz-Transporter aus dem Hochsauerland. Im Bereich „Köpfchen“ zum Beispiel seien kürzlich erst gesetzte Randsteine buchstäblich schon wieder aus den Fugen.
Ferner habe man beim Straßenbau Stützmauern zu hoch gesetzt worden, sie hätten „komplett neu gemacht werden“ müssen. Was Linde nun befürchtet: Dass diese Mehrkosten auch auf die Anlieger umgelegt werden. Dazu ein klares „Nein“ aus der Laaspher Stadtverwaltung.