Wittgenstein. Einige Schützenvereine in Wittgenstein bestehen auf der Tradition, dass nur Männer auf den Vogel schießen. Es gibt aber auch Vorreiter-Vereine.

Jeder kennt sie, die guten, alten Traditionen eines Schützenvereins. Wer den Vogel schießt, wird König und wählt seine Königin. Doch das ist nicht überall so. Und der Schützenverein in Fischelbach ist definitiv ein Vorreiter der Veränderung in Wittgenstein gewesen. Denn hier schießen auch Frauen schon lange auf den Vogel. 1966 gibt es mit Christel Otto die erste Schützenkönigin. Frauen dürfen in dem kleinen Verein schon immer mitschießen und auch Vorstandsämter übernehmen. Dies wirkt sich insbesondere auf die Mitgliederanzahl aus und der Verein beklagt sich selten über Mitgliedermangel, bericht der 1. Vorsitzende Jörg Wick im Gespräch mit der Redaktion.

Schützenverein Schwarzenau

Irmtraud Treude im Jahr 2003 als weiblicher Schützenkönig.
Irmtraud Treude im Jahr 2003 als weiblicher Schützenkönig. © Schützenverein 1922 Schwarzenau

In Schwarzenau sah das früher anders aus. Hier schossen bis in die 1970er Jahre nur die Männer. Dabei ist nirgends vorgeschrieben, dass Frauen nicht auf den Vogel schießen dürfen. Das änderte eine Gruppe von Schwarzenauer Schützinnen. Sie reichte beim Vorstand den Vorschlag ein, dass auch Frauen den Vogel schießen dürfen. 1973 gibt es die Zustimmung. Erst fünf Jahre später klappt es: 1978 wird Ulrike Schanze die erste Jungschützenkönigin. Sieben Jahre später folgt mit Ulrike Belz der erste weibliche Schützenkönig – in Schwarzenau heißt es in diesem Fall nicht Schützenkönigin. „Frauen sind grundsätzlich gleichberechtigt und dürfen auch Ämter im Verein übernehmen. Daraufhin gibt es bei uns im Verein die ersten weiblichen Schießwarte schon in den 70er Jahren“, berichtet Irmtraud Treude. Sie ist seit 30 Jahren Vorstandsmitglied im Schützenverein Schwarzenau und war 2003 selbst weiblicher Schützenkönig.

„Es war ein tolles Jahr, wir hatten den Hofstaat schon im Vorhinein geplant und als im Kampf mit sieben weiteren Bewerbern der letze Spahn fiel, war ich überwältigt. Ich muss sagen, es ist wirklich einer der schönsten Momente gewesen.“ Stolz erinnert sie sich: „Viele unterschätzen auch die Aufregung am Schießstand. Da kann die Treffsicherheit schnell wegfallen, aber ein bisschen Glück gehört auch immer mit dazu.“

Schützenverein Feudingen

Ähnlich lief es in Feudingen. Dort bestand der Verein bis vor 30 Jahren ausschließlich aus Männern. Auch dort gibt es keine Regelung, die besagt, dass Frauen nicht auf den Vogel schießen dürfen. Somit kürt der Verein 1993 die erste Schützenkönigin: Hiltrud Schröder. Wolfgang Dickel, 1. Vorsitzender, sagt: „Die Damen haben schon lange Einfluss im Verein und im Vorstand. Das kommt dem Verein natürlich zu Gute.“

Schützenverein Girkhausen

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Im Schützenverein Girkhausen dürfen Frauen nicht auf den Vogel schießen. „Dies ist bei uns in der Satzung so vorgeschrieben“, erklärt Wilhelm Dickel, 1. Vorsitzender des Schützenvereins Girkhausen. Vor etwa 15 Jahren gab es die Idee, diese Regel zu ändern. Doch das Abstimmungsergebnis war eindeutig: nein.

Schützenverein Berghausen

Ähnlich ist es im Schützenverein Berghausen. Dort dürfen die Frauen auch nicht auf den Vogel schießen. Der Verein beruft sich dabei auf alte Traditionen. In der Satzung wird Frauen dies allerdings nicht ausdrücklich verboten. Der Vorsitzende Thomas Knebel erläutert, es sei in der Geschäftsordnung so festgelegt.

Schießverein Birkefehl

Aus der Reihe tanzt besonders Birkefehl. „Der Verein ist lediglich ein Schießverein, daher gibt es hier keinen Hofstaat und daran hat sich auch nie etwas geändert. Auch wenn der Verein früher eher von Männern dominiert wurde, dürfen Frauen mitschießen und können gleichberechtigt Ämter übernehmen“, erklärt der 1. Vorsitzende Magnus Treude. Birkefehl krönte im Jahr 1984 die erste Schützenkönigin: Annegrete Neumann.

Schießverein Erndtebrück

Martina Haschke genoss das grandiose Gefühl als Schützenkönigin von Erndtebrück auf den Schultern ihrer Schützenkameraden.
Martina Haschke genoss das grandiose Gefühl als Schützenkönigin von Erndtebrück auf den Schultern ihrer Schützenkameraden. © WP | WP

Der Schießverein in Erndtebrück setzt ebenfalls auf weibliche Unterstützung. Hier schießen die Frauen schon seit den 1970er Jahren auf den Vogel. 2013 holte sich dort Martina Schmidt den Vogel. „Es ist ein unglaubliches Glücksgefühl. Ich habe zehn Jahre versucht den Vogel zu schießen. Es hat mir so viel Spaß gemacht den Verein zu unterstützen und zu repräsentieren“, erzählt Schmidt. Da sie im Verein groß geworden ist, war es schon immer ihr Traum, eines Tages die Königsehre zu tragen. „Ich würde es sofort wieder tun“, schwärmt sie. Doch es gibt einen Haken: Aufgrund der hohen Bewerberzahl hat der Verein festgelegt, dass jedes Mitglied nur zweimal in seinem Leben den Vogel schießen darf. Das zweite Mal hebt sich Schmidt lieber für später auf.

Schützenverein Berleburg

Der älteste und größte Schützenverein in Wittgenstein ist der Schützenverein 1838 Berleburg. In der Vereinsgeschichte hat sich noch keine Schützenkönigin unter der Vogelstange selbst gekrönt. Die „Acta Generalia“ besagt in Paragraf 6: „Dasjenige Schützenmitglied, welches das letzte Stück des Vogels von der Stange hinunterschießt, wird Schützenkönig.“ Damit schließt dieser Paragraf Frauen nicht explizit aus. Jedoch verweist der Verein in einer schriftlichen Stellungnahme auf den Paragraf 26 in der Vereinssatzung. Dieser führt die Regelung wie folgt fort: „(...) Am Vogelschießen kann nur jedes ordentliche männliche Mitglied teilnehmen, dass das 24. Lebensjahr vollendet und den vollen Jahresbeitrag gezahlt hat, sowie fünf Jahre Mitglied es Vereins ist.“ Eine Änderung dieser Regelung ist nicht geplant.

Schützenverein Bad Laasphe

Der im Jahr 1849 gegründete Verein aus Bad Laasphe hat dieses Jahr dafür volle Frauen-Power: Sowohl in der Jugend als auch bei den Erwachsenen hielten die Vögel der Treffsicherheit zweier Frauen nicht stand. Kira Wamich (Jugend) und Sabine Huber (Erwachsen) setzten sich gegen ihrer männliche Konkurrenz durch. Huber erzählt: „Es war total überraschend für mich, als der Vogel fiel. Aber ich habe mich riesig gefreut.“ Sie legt jedem ans Herz, diese Erfahrung zu machen. „Man lernt das Schützenfest von einer ganz anderen Seite kennen und bekommt viele neue Eindrücke.“ Auch die vielen Vorurteile über Stress und hohe Kosten kann sie nur zurückweisen. „Ich stecke zwar noch mitten in den Planungen, aber wenn man sich alles über ein Jahr aufteilt, ist es gar nicht mehr so viel“, sagt Huber.

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Irmtraud Treude aus Schwarzenau und Sabine Huber aus Bad Laasphe wünschen sich mehr Mut bei ihren Schützenschwestern. Sie sollen die Diskussion um Frauen beim Vogelschießen in den Vereinsvorständen anzusprechen. „Des Weiteren sollen auch die Männer mehr Zugeständnis machen“, fordert Treude. Insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der Mitgliedschaften vieler Vereine glauben die Königinnen an positive Auswirkungen für die Vereine, die ihre Traditionen dem 21. Jahrhundert anpassen sollten.