Wittgenstein. Fast alle Hygiene-Produkte verursachen Plastikmüll. Der Selbstversuch zeigt: Auch in Wittgensteiner Geschäften gibt es nachhaltige Alternativen.

. Haben Sie sich schon mal genauer in Ihrem Badezimmer umgesehen? Duschgel, Make-up, Zahnpasta – kaum ein Produkt, das ohne Plastik-Verpackung auskommt. Der Aufschrei deswegen bleibt jedoch (noch) aus.

Ich stelle mich der Herausforderung: Mein Badezimmer soll plastikfrei werden. Ich schreibe eine Einkaufsliste und – ja, wohin eigentlich? Unverpackt-Läden haben es noch nicht bis nach Wittgenstein geschafft, die nächsten sind entweder in Marburg oder Siegen. Also muss ich wohl oder übel mehrere Läden ansteuern und nach plastikfreien Produkten Ausschau halten. Entspannt ist das nicht. Und kommt durch die Hin- und Herfahrerei wahrscheinlich auch nicht auf eine top CO²-Bilanz. Aber vielleicht kann ich am Ende die Welt doch ein bisschen besser machen.


Die Einkaufsliste

Abschmink-Pads: Wer auf Wattepads verzichten möchte, die hinterher weggeschmissen und in den üblichen Drogerien sowieso immer in Plastik-Säckchen verpackt sind, kann auf waschbare Abschmink-Pads aus Baumwolle zurückgreifen. Die gibt’s zum Beispiel im Bio-Laden „Naturale“ in Bad Berleburg. Die Verpackung besteht aus kompostierbarer Cellulose. Vier Pads kosten knapp 6 Euro, Einweg-Wattepads im 140er-Pack in der Drogerie knapp 1,50 Euro.

Deo: Cremen statt sprühen: Die Dosen gibt’s zum Beispiel auch im Bio-Laden. Drogerien haben den Trend jedoch erkannt und bieten vereinzelt auch schon Deo-Creme-Döschen statt Sprühflaschen an. Anblick und Konsistenz erinnern an Melkfett und sind deswegen erstmal ungewohnt. Riecht aber besser als Omas Allheilmittel. Deo-Cremes gibt es zum Beispiel in der Duftvariante Lavendel, Minze, Orange oder Rosenöl. Für knapp 50 Gramm zahle ich im Bio-Markt 9,95 Euro, herkömmliche Sprühdeos fangen bei 80 Cent an. Freundinnen, die schon auf Creme-Deos umgestiegen sind, berichten aber, dass sie deutlich länger mit einer Dose auskommen – etwa zwei Dosen pro Jahr – und die Anti-Transpirant-Wirkung länger hält. Mal sehen.

In unserer neuen lokalen „Weltretter“-Folge macht Kollegin Britta Prasse mal ihr Badezimmer „plastikfrei“.
In unserer neuen lokalen „Weltretter“-Folge macht Kollegin Britta Prasse mal ihr Badezimmer „plastikfrei“. © Eberhard Demtröder | Eberhard Demtröder


Make-up: Enttäuschend. Wirkliche Alternativen zur Plastikverpackung gibt es weder in der Drogerie noch im Bio-Laden. Eine schnelle Recherche im Internet zeigt aber: Es geht. Es gibt Marken, die sich nicht nur bei den Inhaltsstoffen, sondern auch bei der Verpackung auf natürliche, nachwachsende Rohstoffe konzentrieren. Es gibt zum Beispiel Kompakt-Foundation, Puder, Rouge und Lidschatten, die in Bambus-Dosen verpackt sind. Die Preise rangieren zwischen 14 und 25 Euro – etwas teurer als Werbe-Produkte, aber deutlich günstiger als Luxus-Kosmetik. Bei Wimperntusche, flüssiger Foundation und Lippenstift kommen die Hersteller noch nicht um Plastik herum. Ich bin mir aber sicher, dass das nur eine Frage der Zeit ist, bis auch diese Produkte komplett plastikfrei sind – und auch den Weg in den lokalen Handel finden.

Menstruationstasse: Die Alternative zu Tampons und Binden. Sie besteht aus medizinischem Silikon und kann – bei guter Pflege – bis zu zehn Jahre benutzt werden. Gibt es sowohl in Drogerien als auch im Bio-Laden oder in Apotheken und rangiert preislich zwischen 18 und 30 Euro. Wenn das mal langfristig kein Schnäppchen ist! Die Handhabung ist anfangs ein wenig gewöhnungsbedürftig und offensichtlich gibt es auch verschiedene Falttechniken, um die Tasse einzuführen. Soll wohl einen guten Tragekomfort über mehrere Stunden haben. Entfernen funktioniert wie beim Tampon. Und dann hat man – eine Tasse voll Blut in der Hand. Freundinnen raten mir, davon die Finger zu lassen, wenn ich kein Blut sehen kann. Danke, nächstes Produkt, bitte!

Partikel in der Luft, im Boden und im Wasser

Plastik wird aus Erdöl hergestellt. Bei dem Prozess gelangen kleinste Plastikpartikel in die Luft, in den Boden oder ins Trinkwasser. Laut einer Studie der Umweltorganisation WWF nimmt jeder Mensch bis zu fünf Gramm Mikroplastik pro Woche auf – so viel, wie eine Kreditkarte wiegt.

Eine Auswahl von plastikfreien Produkten gibt es in den Apotheken, im Bio-Laden „Naturale“ in Bad Berleburg(Graf-Casimir-Straße 7a), bei „Natura-Vita“ in Bad Laasphe (Gartenstraße 9) – allerdings nur auf Bestellung – und im Weltladen in Bad Laasphe (Bahnhofstraße 15).

Shampoo: Es erinnert an die gute alte Kernseife. Haarseife gibt’s im Bio-Laden, genauso wie in der Drogerie. 65 Gramm kosten im Bio-Laden knapp 5 Euro, die Seife besteht aus Oliven- und Lorbeeröl, Weizenproteinen, Brennnessel oder Schafsmilch. Wenn ich ehrlich bin: So möchte ich nicht riechen. In der Drogerie gibt’s Seifen, die mehr meiner Duft-Gewohnheit entsprechen, zum Beispiel eine Variante mit Sheabutter und Olivenöl, die nach Kokos riecht. Am besten ein kleines Stück von der Seife abschneiden, in den Händen verteilen und dann ins Haar geben. Wer die Seife direkt auf dem Haar verteilt, muss damit rechnen, dass es an der ein oder anderen Stelle ziept. Insgesamt aber eine super Alternative mit einem genauso gutem Ergebnis wie bei handelsüblichen Shampoos.

Zahnbürste und Zahnputz-Tabletten: Statt Zahnpasta aus der Tube gibt’s Tabletten aus der Papiertüte. Die Zahnputz-Tablette mit natürlichem Minz-Aroma wird zerkaut und sorgt sofort für ein Frischegefühl im Mund. Etwas ungewohnt, weil es nicht schäumt. Tatsächlich fühlen sich meine Zähne anschließend aber glatt und sauber an. Die Bambus-Zahnbürste liegt gut in der Hand, eine tolle Alternative zur Plastikvariante. Mit einem Preis von 3,90 Euro – sowohl im Bio-Laden als auch in der Drogerie – liegt sie allerdings im oberen Preis-Segment. Die Zahnputz-Tabletten kosten knapp 7 Euro und sollen dem Inhalt zweier Zahnpasta-Tuben entsprechen.


Das Fazit

Ich bin überrascht, dass man auch lokal so viele plastikfreie Produkte angeboten bekommt. Nur an der Sichtbarkeit müsste noch gearbeitet werden, vor allem in den Drogerien. Auf dem ersten Blick scheinen die plastikfreien Kosmetika viel teurer, dafür sollen sie deutlich ergiebiger sein. Oft ist es nur die eigene Gewohnheit oder Bequemlichkeit, die uns von der umweltfreundlichen Alternative abhält.

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