Dotzlar. . Der gebürtige Dotzlarer Historiker Dr. Tobias Kaiser schaltet sich in die Diskussion ein und bezieht klar Stellung zu dem geplanten Wanderweg.
Die einen wollen einen spirituell ausgelegten Wanderweg mit Zugkraft gestalten, der Emotionen anspricht und Touristen anzieht. Die anderen stören sich an der Begrifflichkeit „Via Celtica“, da dies irreführend sei und für falsche Vorstellungen von der Kulturhistorie der Wittgensteiner Region sorge.
„Man redet auf jeden Fall aneinander vorbei, es gibt zwei verschiedene Denkweisen“, schaltet sich jetzt Dr. Tobias Kaiser, geborener Dotzlarer und promovierter Historiker, in die Diskussion ein – und plädiert für den Wanderweg namens „Via Celtica“.
„Schon lange geplant, steht jetzt der Wanderweg ‘Via Celtica – ticken wie die Kelten’ kurz vor der Einweihung. Der Weg will als Wanderweg überzeugen und stellt sich so dem Wettbewerb des Deutschen Wanderinstituts.
Der Weg ist kein archäologischer Lehrpfad, kein historischer Themenweg und beansprucht auch nicht, den Forschungsstand zur Eisenzeit in Wittgenstein widerzuspiegeln“, betont Kaiser, der sich an der Argumentation der Kritiker des geplanten Wanderweges anstößt.
Keine ausreichenden Erkenntnisse
„Ich bin erstaunt, dass die Quellenlage mit den bisher wenigen Ausgrabungen ausreichend ist, um komplett auszuschließen, dass es hier Kelten gab“, nimmt Kaiser Bezug auf die Aussage von Dr. Manuel Zeiler von der Außenstelle des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Olpe, wonach auszuschließen sei, dass Kelten in Wittgenstein gelebt haben.
„Wir wissen nicht, wer die Wallburgen warum errichtet hat. Dies betont Zeiler stets – aber mit dem Nachsatz, dass es auf keinen Fall die Kelten gewesen seien. Das ist nicht seriös. Eine solche Nicht-Aussage ist erkenntnistheoretisch nicht möglich“, gibt Kaiser zu bedenken.
Von Kelten unabhängige Kultur
Zeiler argumentiert in seiner Abhandlung „Wege in die Eisenzeit des Wittgensteiner Raumes“, dass in Wittgenstein eine Kultur entstand, die zwar von der keltischen Kultur beeinflusst gewesen sei, jedoch „eigene Akzente setzte.“
In der Gestaltung des Weges steckt viel Arbeit
Der Wanderweg „Via Celtica“ soll am 2. Juni eröffnet werden.
„Sehr viel ehrenamtliches Engagement steckt darin. Einen Wanderweg zu planen, ist keine Kleinigkeit: die Auswahl einer guten Strecke, das Begehbarmachen, eigentumsrechtliche und Versicherungsfragen und vieles andere“, betont Kaiser.
Die „Via Celtica“ ist als Premiumweg geplant.
Zudem habe die Zivilisation der Kelten erst am Ausgang der Eisenzeit auf das Gebiet ausgestrahlt, weswegen der Großteil der Eisenzeit Wittgensteins „rein gar nichts mit der sich herausbildenden keltischen Zivilisation zu tun hat.“ Eine Vereinnahmung des Wittgensteiner Raums der Eisenzeit als keltisch sei daher laut Zeiler derzeit sachlich nicht zu begründen.
Dabei stellt sich der Archäologe jedoch nicht per se gegen einen Wanderweg, der sich auf die „Reduzierung der Vergangenheit auf Klischees oder esoterische Anschauungen“ fokussiert – eine kulturhistorische Nutzung der Vergangenheit könne gar ökonomische Vorteile für die Region haben.
Vielmehr kritisiert Zeiler, dass die Erfinder der „Via Celtica“ vorgeben, die Gestaltung des Weges basiere auf wissenschaftlich fundierten Fakten. Zugunsten nichtwissenschaftlicher und mythisch verklärter Ansätze würden zudem „reich vorhandene archäologische Quellen“ missachtet.
Allein mit Archäologie nicht herauszufinden
„Es ist klar, was er meint: Die bisherigen Erkenntnisse und Funde entsprechen nicht dem, was die derzeitige ur- und frühgeschichtliche Forschung als eindeutig keltisch einstufen würde“, sagt Kaiser. Allein mit den Mitteln der Archäologie sei dies womöglich auch nicht herauszufinden.
„Ansätze außerhalb der Grenzen der Archäologie, die Grundlage eines alle Sinne ansprechenden Wanderwegs sind, werden einfach nicht akzeptiert und als unwissenschaftlich dargestellt“, stellt sich Kaiser auf die Seite der Wanderwegs-Erfinder und beschwichtigt: „Durch den Wanderweg ‘Via Celtica’ wird eine weitere Forschung nicht behindert.“
Ablehnung statt Zusammenarbeit
„Interessierte Wanderer sollten auf jeden Fall darauf aufmerksam gemacht werden, dass in der archäologischen Forschung andere Positionen entwickelt worden sind. Es wäre großartig, wenn die Wanderer auf den bestehenden oder einen neu konzipierten archäologischen Lehrpfad hingewiesen werden.“
Dies hätte möglich sein können, wenn die LWL-Archäologie, statt „mit destruktiver Ablehnung zu reagieren“, genau dies vorbereitet hätte, kritisiert Kaiser. Es wäre für beide Seiten besser, wenn sie sich „gegenseitig beflügeln.“
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