Erndtebrück. . Gegenüber dem Insolvenzverwalter kündigt ein „Investor aus Südwestfalen“ umfassende Gebäude-Sanierungen an. Vertragsunterzeichnung steht bevor.

„Wir werden heute beginnen, die eigentlich unlösbare Geschichte aufzulösen.“ Dieses Versprechen hat am 27. Juni 2016 Kay Pollner, Geschäftsführer der früheren Hamburger Immobilienhandelsgesellschaft „immofori AG“ abgegeben. Am Randes eines Zwangsversteigerungsverfahren am Berleburger Amtsgericht meinte er damit die Geschichte der Kuhlmann-Siedlung. Pollner scheint sein Versprechen einzuhalten.

„Wir haben eine Lösung erarbeitet und brauchen nicht mehr lange, um einen Kaufvertrag vorzulegen“, beschreibt Dipl. Kaufmann Bernhard Görg als maßgeblicher Mitarbeiter im Büro des Insolvenzverwalters Christoph Niering in Köln. Und er überrascht mit der Aussage: „Uns liegen derzeit mehrere Angebote von Investoren vor, von denen wir uns derzeit auf einen Investor aus Südwestfalen festgelegt haben, der die Kuhlmann-Häuser umfassend sanieren möchte.“ Und auch Hamburg, dem Sitz der Loancos-Gruppe, in der die „immofori“ als Vermarkter der Grundstückseigentums in der Kuhlmann-Siedlung: „Wir sind auf der Zielgeraden.“

Der Experte klärt auf

Die WP-Lokalredaktion in Wittgenstein hat Bernhard Görg gebeten zu erläutern, wie es gelungen ist, ein juristisch belastbares Konstrukt zu schaffen, damit es zu der nun offensichtlich greifbaren Lösung gekommen ist.

Der Insolvenzverwalter geht dafür zurück ins Jahr 2008. Da richteten nämlich zwei Gesellschaften aus dem Vivacon Konzern auf deren Grundstücksvermögen in Erndtebrück Erbbaurechte ein, die für einen Zeitraum von 198 Jahren bestellt wurden. Görg: „Der Vorteil von Erbbaurechten ist, dass man die Erbbaurechte weiterverkaufen kann. Der Käufer muss dann nicht den Preis für das Grundstück, sondern nur für das Erbbaurecht, eigentlich das Gebäude, zahlen und leistet im Gegenzug an den Grundstückseigentümer Erbbauzinsen für die Nutzung des Erbbaurechts.“

Diese Finanzierung, so der Fachmann, sei in Zeiten von hohen Zinsen sehr attraktiv, da der Käufer den Erwerb des Grundstücks nicht über eine Bank oder aus seinem Eigenkapital finanzieren muss.

Die Geschäftsführer wechselten häufig

Görg fährt fort: „Die Immomerkurfinanz GmbH hat von den beiden Vivacon-Gesellschaften die Erbbaurechte erworben, um die Häuser zu sanieren und zu vermieten. Jedoch war die Immomerkurfinanz nach unseren Erkenntnissen zu keinem Zeitpunkt in der Lage, die zur Sanierung der Häuser benötigten Bankdarlehen aufzubringen, weshalb eine Sanierung schließlich nicht durchgeführt werden konnte und die Häuser unsaniert dem Verfall preisgegeben waren.“

Der zugewachsene Eingang am Haus 35 dürfte demnächst wieder begehbar sein. Zumindest verspricht ein Investor die umfassende Instandsetzung der Häuser.
Der zugewachsene Eingang am Haus 35 dürfte demnächst wieder begehbar sein. Zumindest verspricht ein Investor die umfassende Instandsetzung der Häuser. © Christoph Vetter

Die Immomerkurfinanz wechselte dann mehrfach den Geschäftsführer, zahlte weder Grundbesitzabgaben an die Gemeinde noch Erbbauzinsen an die Vivacon. „Dadurch sind zwischenzeitlich Erbbauzinsen von über einer Million Euro rückständig geworden“, rechnet Görg vor und erläutert, dass nach den erfolgten Zwangsversteigerungsverfahren diese Erbbauzinsen beim Verteilungstermin erstrangig zu bedienen sind. Dadurch erhalten neben der Gemeinde Erndtebrück nur die beiden Gesellschaften aus dem Vivacon-Konzern Geld.

Zuschläge hat bislang – wie berichtet – die Grüneburg Invest Nr. 2 (Frankfurt) erhalten. Sie muss zunächst die Zahlung der Erbbauzinsen an die Vivacon wieder aufnehmen, denn nicht die Grundstücke, sondern die Erbbaurechte sind ja versteigert worden. Genau deshalb hat bislang kein Investor Interesse an einer Ersteigerung gehabt.

„Ein Verkauf“, so erläutert Bernhard Görg abschließend, „ macht ohnehin nur dann Sinn, wenn der Käufer beides erwirbt, das Grundstück und das dazu bestellte Erbbaurecht. Nur dann kann er frei über die komplette Immobilie verfügen, ohne dauerhaft Erbbauzinsen zahlen zu müssen. Die bisherigen Ansteigerungen erfolgten alle in enger Abstimmung mit der Insolvenzverwaltung. Ziel bleibt es, unbelastete Erbbaurechte und unbelastete Grundstücke an einen einzigen Erwerber zu veräußern.“