Bad Berleburg. . Die an einem Lipödem erkrankte Anika Lindner veranstaltete in Berleburg eine Musical Night. Die Einnahmen sollen eine Fettabsaugung finanzieren.
Es war eine Premiere für Bad Berleburg – und auch für Anika Lindner. Die erste Musical Night in der evangelischen Stadtkirche war eine bunte und unterhaltsame Zeitreise durch die Musicalgeschichte.
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Von Disneys „König der Löwen“ bis „Les Misérables“ hin zu ABBA, für jeden Musical-Fan war etwas dabei. Natürlich stand der Spaß an der Musik im Vordergrund; allerdings hatte die Veranstaltung auch einen ernsteren Hintergrund.
Der Grund
„Ich leide an einer Krankheit, die nennt sich Lipödem“, machte Anika zu Beginn deutlich. Eine Fettverteilungsstörung an Armen und Beinen, deren einzige wirksame und langanhaltende Behandlungsmethode eine Liposuktion (Fettabsaugung) sei. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für so eine Operation nicht.
In Anikas Fall wurden vier Operationen empfohlen: eine an den Oberarmen, drei an den Beinen. Kosten: rund 24.000 Euro. Das Geld für drei Operationen hat sie bereits aus ihrem Ersparten und mit der Hilfe ihrer Familie zusammenkratzen können. Eine OP fehlt noch. So entstand die Idee, eine Art Benefiz-Konzert zu geben, bei dem die Einnahmen zu 100 Prozent in die OP-Kasse von Anika fließen sollen. Ihre Freunde Mark Richter und Pia-Sophie Remmel, die sie bei dem regionalen Gesangswettbewerb „Die beste Stimme zählt“ kennengelernt hatte, unterstützten sie bei diesem Vorhaben. „Die beiden treten heute Abend ohne Gage auf“, verriet Anika. Freunde halten eben zusammen; egal, was passiert.
Der Auftritt
Das Licht wird gedimmt, die Empore zum Altar wird zur Bühne in Blau-Violett. „Don’t Rain on my Parade“ – Als Barbra Streisand in „Funny Girl“ dieses Lied anstimmt, möchte sie sich losreißen von den Menschen, die sie einengen, die ihr sagen, was sie zu tun und zu lassen hat.
Es ist ein kraftvoller, energiegeladener Song, voller Stolz und Selbstbestimmtheit. Und genau das vermittelt Anika: Sie breitet die Arme aus, sie hält die Töne über mehrere Sekunden, ihre kräftige Stimme berührt im Innern. Es ist ganz so wie eine Kampfansage – eine Kampfansage an ihre Krankheit.
Genauso stark, aber im gleichen Maße verletzlich zeigt sie sich bei der Ballade „On my Own“ aus dem Musical „Les Misérables“. Ein Lied über unerwiderte Liebe und der Schmerz, der damit verbunden ist. Anika sorgt damit für den ersten großen Gänsehaut-Moment an diesem Abend und vielleicht auch für die ein oder andere Träne vor Rührung. Erstaunlich, wozu eine Stimme fähig ist.
Der Zusammenhalt
Einnahmen aus Eintritt und Getränkeverkauf
Rund 120 Besucher sind am Freitagabend zur Musical Night gekommen. Neben dem Eintritt von 10 Euro kamen noch Einnahmen aus dem Getränkeverkauf dazu. Hier konnte jeder Gast zahlen, was er wollte.
Mit dem Abzug von Steuern und GEMA rechnet Anika mit Netto-Einnahmen in Höhe von etwa 1200 Euro.
Eine OP kostet ungefähr 6000 Euro.
Anika Linder, Mark Richter und Pia-Sophie Remmel harmonieren auf der Bühne. Ohne große Worte oder Erklärungen fühlt das Publikum die Verbundenheit der Freunde. Ein Zusammenhalt, obwohl sie stimmlich und auch in ihrer Selbstdarstellung sehr verschieden sind.
Mark variiert seine Stimmfarbe von rauchig bis samt, driftet hin und wieder in seine eigene Gefühlswelt ab, indem er im Instrumentalteil die Augen schließt und sich einfach nur von der Musik treiben lässt. Pia singt an diesem Abend vor allem Stücke aus Disney-Musicals wie „Pocahontas“ oder „Ariel“ und verzaubert mit ihrem mädchenhaften Charme – wobei ihre Stimme kraftvoll wie die einer gestandenen Gesangs-Diva herüberkommt. Insgesamt sind die drei sehr zurückhaltend in ihrer Performance. Es gibt keine große Bühnenshow – hier zählt wirklich nur die Stimme. Und gerade deshalb ist es so berührend.
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