Wittgenstein/Grossenbach. Nach Forderungen aus Großenbach: Kreis als Baubehörde sieht kaum Chancen mit neuer Landesplanung, setzt aber auf mehr Planungsfreiheit im Rathaus.
Können sich die Bewohner der Bad Laaspher Siedlung Großenbach Hoffnungen auf zusätzliches Bauland machen, wenn nun politisch über Änderungen des NRW-Landesentwicklungsplans (LEP) auch zugunsten kleinerer Ortsteile diskutiert wird?
Aus Sicht von Arno Wied, beim Kreis Siegen-Wittgenstein Dezernent für Bauen, Umwelt und Wirtschaft, werde es hier wohl „zunächst keine andere baurechtliche Beurteilungsgrundlage“ geben als bisher. Allerdings könnten mit dem neuen LEP „die Möglichkeiten für die Städte und Gemeinden“ auch in Wittgenstein, „für diese Siedlungen bauplanungsrechtlich eine andere Grundlage zu schaffen“, grundsätzlich „verbessert werden“. Hier müsse jedoch „die weitere Entwicklung abgewartet werden“, so Arno Wied auf Anfrage unserer Zeitung.
Ortsvorsteher befürchtet das „Ausbluten“
Politische Beratungen laufen
Über den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP) beraten wird derzeit in den politischen Gremien des Kreises Siegen-Wittgenstein – das nächste Mal am Mittwoch, 20. Juni, im Ausschuss für Wirtschaft und Regionalentwicklung. Er tagt ab 17 Uhr öffentlich im Siegener Kreishaus, Sitzungsraum 1317.
Das letzte Wort hat dann am Freitag, 29. Juni, ab 16 Uhr im Geisweider Rathaus der Kreistag.
Wie berichtet fürchtet Großenbachs Ortsvorsteher Markus Dreisbach, dass sein Heimatdorf mit derzeit noch 36 Einwohnern wohl irgendwann ausblute, wenn man es für Neubürger nicht attraktiver mache – und eben neues Bauland vorhalte. Stichwort: Siedlungsentwicklung. Und auch in vielen anderen Ortschaften Wittgensteins machen sich die Bewohner ähnliche Gedanken.
Hier wolle die CDU/FDP-Landesregierung in Düsseldorf den Städten und Gemeinden im Rahmen ihrer Planungshoheit ganz offensichtlich „mehr Gestaltungsspielräume“ eröffnen, was man beim Kreis „grundsätzlich begrüßt und unterstützt“, so Wied. Allerdings könnten „die Auswirkungen für die Ortsteile der drei Wittgensteiner Kommunen Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück momentan noch nicht abschließend bewertet werden, weil einige Formulierungen noch Fragen aufwerfen und noch näher interpretiert werden müssen“, so der Dezernent weiter.
Flächensparend und bedarfsgerecht
So sehe man auf NRW-Landesebene eine „angemessene“ Weiterentwicklung nur im Rahmen der „vorhandenen, tragfähigen Infrastruktur“. Vor diesem Hintergrund werde es „wohl auch so sein, dass die neuen Regelungen für Splitter- und Streusiedlungen, die gerade im ländlich geprägten Raum häufig anzutreffen sind, keine Erleichterung mit sich bringen“, schätzt Arno Wied.
Aktueller Stand kaum hilfreich
Was „die Ausweitung von Siedlungsflächen kleinerer Ortsteile in den Freiraum hinein“ angehe: Hier werde vom Land NRW „mehrfach ein gesamtgemeindliches Konzept eingefordert“, so Bau-Dezernent Arno Wied. Im Klartext: Hier sei wohl vor allem der Flächennutzungsplan der jeweiligen Stadt oder Gemeinde so zu aktualisieren, dass „die beabsichtigte mittelfristige Siedlungsentwicklung dargestellt wird“, schätzt er.
Für Großenbachs Ortsvorsteher Markus Dreisbach dürften die Erläuterungen aus dem Kreishaus zum jetzigen Zeitpunkt kaum hilfreich sein: Die politische Diskussion über den LEP als rechtlicher Rahmen ist noch im Fluss – und am Ende liegen konkrete Entscheidungen über mögliche neue baurechtliche Grundlagen für die einzelnen Dörfer oder Siedlungen bei Politik und Verwaltung in den jeweiligen Rathäusern.
Zwar sei der bisherige Grundsatz der „flächensparenden Siedlungsentwicklung“ ersatzlos gestrichen, werde so die im Baubesetzbuch (BauGB) verankerte Verpflichtung zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden aufgeweicht, doch: Grenzen gebe es durch den Grundsatz einer „bedarfsgerechten Siedlungsentwicklung“ oder den Vorrang für die sogenannten Innen-Entwicklung auf bereits ausreichend erschlossenen Flächen auch weiterhin.
Auswirkungen noch nicht erkennbar
Konkrete Auswirkungen auf die Praxis bei Baugenehmigungen im Bereich Wohnen, aber auch für das Gewerbe oder die Industrie sieht man beim Kreis angesichts des aktuellen Stands der Diskussion noch nicht. Schließlich müssten die derzeit diskutierten Änderungen des LEP zunächst auf Ebene der Städte und Gemeinden in Planungsrecht umgesetzt werden, erläutert Wied, etwa „durch die Neuaufstellung oder Veränderung sogenannter Innenbereichsatzungen nach Paragraf 34 Baugesetzbuch (BauGB) oder mit Bebauungsplänen“. Erst dann seien in „konkreten baurechtlichen Genehmigungsverfahren eine andere Beurteilung von Vorhaben im Einzelfall möglich“.