Arfeld. . Die altehrwürdige Kirche in Arfeld hat in Südwestfalen ein Alleinstellungsmerkmal: Das evangelische Gotteshaus gilt als Radwegekirche.
„Der Ederradweg kommt ja oben bei Achenbachs am Bienenhäuschen runter, da hat es sich angeboten, unsere Kirche in dieses Netzwerk einzubinden“, erklärt Pfarrer Horst Spillmann und erinnert sich an den 3. Juli 2011 – „da war der erste Gottesdienst für die offene Kirche als Radwegekirche“.
Helga Miss macht Küsteraufgaben
Verlässliche Öffnungszeiten sind zwingende Voraussetzung für eine Aufnahme in das bundesweite Netzwerk der Kirchen. Bis Ostern war das Arfelder Gotteshaus während der Wintermonate geschlossen; seit dem 1. April unternimmt Helga Miss wieder morgens vor 10 und abends um 17 Uhr einen Gang zur Kirche. „Sie ist Presbyterin und übernimmt Küsteraufgaben in unserer Gemeinde“, erläutert Pfarrer Spillmann. „Außerdem wohnt Frau Miss schräg gegenüber und übernimmt diesen Dienst gern.“
Darüber sind etliche Wanderer und Radfahrer, die über die „Via Adrina“ oder den Ederradweg nach Arfeld kommen sehr erfreut. Das ist zumindest den zahlreichen Einträgen im Gästebuch zu entnehmen. Diese dicke Kladde liegt rechts vor dem Altar in der so genannten „Kerzenecke.“ Sie ist in die Seitenapsis integriert worden, die vermutlich nach dem Brand im Jahre 1733 komplett mit Steinen verfüllt worden ist. Jedenfalls haben Presbyter im Jahr 2012 ihren Plan, die Apsis komplett zu öffnen, schnell auf die Schaffung einer Nische reduziert.
Darin steht nun die Arbeit des Oberkirchener Kunstschmieds Willi Schütte. Er hat mit dem Bronze-Werk den Dornbusch nachgebildet, entsprechend dem Symbol im Siegel der Evangelischen Kirchengemeinde Arfeld. Die Anschaffung des Kunstwerkes hat Gemeindeglied Albert Jüngst vor drei Jahren mit einer Spende ermöglicht und damit wesentlich zur Gestaltung dieses Fleckchens der Stille in der Kirche beigetragen. Denn Pfarrer Spillmann weiß: „Es gibt viele Menschen, die brauchen einen Rückzugsort, sie wollen ein paar Minuten in Ruhe verbringen. Das nehmen sie in der Radwegekirche gern und oft in Anspruch“.
Sie zünden auch häufig im Dornbusch das ein oder andere Teelicht an. Einen Obolus für die kleine Flamme werfen die Besucher übrigens durch den Schlitz eines uralten Abendmahltisches, der anstelle des heutigen Altars im Chorraum stand.
Internationale Gäste
Auf dem Tisch liegt auch das Gästebuch, bei dem sich das Durchblättern lohnt. Natürlich sind es Wanderer und Radler, die sich hier verewigt haben, aber auch Menschen mit Interesse an der Historie der Kirche. Zwei Dutzend Winterberger sind mit dem Heimat- und Geschichtsverein dort gewesen, Gäste aus Südafrika, USA, aus den Niederlanden, der Schweiz, aus Wuppertal oder Siegen – aber auch Konfirmanden aus der eigenen Gemeinde haben ihren Namen in das Buch geschrieben. Nicht wenige der Eintragungen zeugen von einer tiefen Dankbarkeit gegenüber Gott, der den Menschen bei einer Krankheit beigestanden hat, der durch schwere Zeiten geholfen hat und dem auch ein Dankeschön anlässlich der eigenen Diamanthochzeit gesagt wird.
Die Gelegenheit zur Besinnung wird also angenommen. Das freut Pfarrer Spillmann.
Er und das Presbyterium haben sich über Bedenken und Risiken, die eine offene Radwegekirche mit sich bringen könnte, hinweggesetzt. Einerseits ist die Verlässlichkeit der Öffnungszeiten eine Personalfrage, andererseits könnte es zu Vandalismus oder Diebstählen kommen. Immerhin lagern in der Kirche Milliarden! Wie bitte? Milliarden?
Milliarden unter dem alten Pultbrett
Als Horst Spillmann vor einigen Jahren das alte Pultbrett auf der Kanzel erneuern wollte, fand er darunter einen Briefumschlag, versteckt in einem Spalt der alten Holzbalken. Spillmann staunte nicht schlecht, als ein Bündel Geldscheine zum Vorschein kam.
Es stammte aus der Inflationszeit um 1923, als ein Liter Milch in Berlin 360 Milliarden Reichsmark kostete. Der damalige Pfarrer Wilhelm Heyden (in Arfeld aktiv von 1923 bis 1929) hatte das Geld verpackt, war aber auch clever genug gewesen, einen erklärenden Brief dazu zu schreiben: Denn sinngemäß rief der Geistliche seine Schäfchen dazu auf, den vergänglichen Wert irdischer Güter zu beachten und sich nicht den schnöden Mammon, sondern auf christliche Werte zu besinnen.